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Wucherähnliches „Sale-and-Rent-Back“-Modell beim Fahrzeugverkauf ist sittenwidrig

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Ein Rechtsgeschäft, das im Rahmen eines sogenannten „Sale-and-Rent-Back“-Modells abgeschlossen wird, kann als wucherähnlich im Sinne des § 138 Absatz 1 BGB sittenwidrig sein, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und weitere Umstände hinzutreten, die eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten nahelegen. Maßgeblich ist dabei der objektive Wert der Leistung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Liegt der Wert der Leistung annähernd doppelt so hoch wie der der Gegenleistung, besteht eine tatsächliche Vermutung für eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten (vgl. BGH, 16.11.2022 - Az: VIII ZR 436/21).

Wird bei einem solchen Modell – also beim gewerbsmäßigen Ankauf eines Kraftfahrzeugs mit anschließender Vermietung an den Verkäufer – ein besonders grobes Missverhältnis festgestellt, führt dies regelmäßig zur Nichtigkeit des Kaufvertrags gemäß § 138 Absatz 1 BGB. Diese Nichtigkeit erstreckt sich auf alle mit dem Kaufvertrag rechtlich verbundenen Verträge, insbesondere auf einen im Anschluss geschlossenen Mietvertrag sowie auf etwaige ergänzende Vereinbarungen. Nach § 139 BGB bilden diese miteinander verbundenen Verträge ein einheitliches Rechtsgeschäft, das als Ganzes nichtig ist.

Für die Feststellung des Missverhältnisses kommt es auf den objektiven Markt- oder Händlereinkaufswert an. Ein mehr als doppelt so hoher Fahrzeugwert gegenüber dem vereinbarten Kaufpreis rechtfertigt den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung. Die persönliche oder geschäftliche Erfahrung der Vertragsparteien ändert daran nichts, sofern keine Kaufmannseigenschaft im Sinne des Handelsgesetzbuches (§§ 1 ff. HGB) vorliegt.

Die Nichtigkeit des Kaufvertrags zieht gemäß § 139 BGB auch die Nichtigkeit der dinglichen Verfügung nach sich, wenn sich die Unsittlichkeit gerade im Vollzug des Vertrags manifestiert. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch die Übereignung des Fahrzeugs die Grundlage für weitere unzulässige Vorteile geschaffen wird, etwa durch anschließende Vermietung oder Verwertung im Rahmen des Geschäftsmodells.

Im Ergebnis bleibt der ursprüngliche Eigentümer Eigentümer des Fahrzeugs, da die Übereignung mangels wirksamen Rechtsgrundes nichtig ist. Daraus folgen Herausgabeansprüche gemäß § 985 BGB sowie bereicherungsrechtliche Rückzahlungsansprüche aus § 812 Absatz 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hinsichtlich der geleisteten Mietzahlungen.

Ein Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises nach § 812 Absatz 1 BGB ist hingegen nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn der Leistende selbst gegen die guten Sitten verstoßen hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Leistende mit verwerflicher Gesinnung handelte oder sich der Sittenwidrigkeit seines Handelns leichtfertig verschloss.

Das bei der Käuferseite angewandte Geschäftsmodell, das auf eine wirtschaftlich einseitige Benachteiligung des Verkäufers ausgerichtet war, begründet eine solche Sittenwidrigkeit. Das Verhalten der Käuferin ist daher dem Kondiktionsausschluss des § 817 Satz 2 BGB zu unterstellen.

Der Ausschluss der Rückforderung entfällt auch nicht dadurch, dass der gezahlte Kaufpreis nur vorübergehend zur Verfügung gestellt wurde. Entscheidend ist, dass die Leistung endgültig in das Vermögen des Empfängers übergehen sollte.


OLG Karlsruhe, 07.10.2025 - Az: 19 U 121/24

ECLI:DE:OLGKARL:2025:1007.19U121.24.00

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