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Urlaub: Muss der Arbeitnehmer trotzdem immer erreichbar sein?

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 9 Minuten

Für viele Arbeitnehmer ist es mittlerweile selbstverständlich, dass auch während des Urlaubs eine Erreichbarkeit über das Mobiltelefon gegeben ist - und zwar nicht nur für Freunde und Bekannte sondern auch für die Arbeit. Dies kann unter Umständen ganz erheblich stören, schließlich will der Arbeitnehmer sich erholen. Da stellt sich so manch einer die Frage, ob er sein Diensthandy nicht einfach zu Hause lassen oder ausschalten kann.

Doch so einfach ist die Lage gar nicht. So kann zum Beispiel arbeitsvertraglich geregelt sein, in welcher Weise der Arbeitnehmer im Urlaub erreichbar sein muss. Es lohnt sich jedoch, in diesem Fall genau hinzusehen. Nicht jede Regelung ist zulässig, denn der Urlaub dient immer noch der Erholung des Arbeitnehmers und die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes sind auch zu beachten.

Welcher Grundsatz gilt für die Erreichbarkeit im Urlaub?

Grundsätzlich gilt daher, dass der gesetzliche Mindesturlaub (vier Wochen) arbeitsfrei sein muss. Eine Verpflichtung, das Diensthandy mitzunehmen und anzulassen würde diesem zuwiderlaufen, wenn sich der Arbeitnehmer dadurch gestört fühlt. Daher kann der Arbeitnehmer das Diensthandy ausschalten und muss auch nicht auf E-Mails oder Nachrichten reagieren. Auch Anrufe oder Nachrichten auf die private Nummer oder E-Mail müssen nicht beantwortet werden.

Eine ständige Erreichbarkeit würde neben einem Verstoß gegen § 1 BurlG auch einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz darstellen.

Ein anderes gilt nur für den Fall, dass Rufbereitschaft besteht, wobei zu beachten ist, dass Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst und Urlaub sich ausschließen.

Im Notfall gibt es Ausnahmen!

Eine Ausnahme wäre dann anzunehmen, wenn ein Notfall vorliegt, etwa weil ein Zugangscode benötigt wird, den nur der betroffene Arbeitnehmer kennt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer auch im Urlaub kontaktiert werden, die hierfür erforderliche Zeit kann der Arbeitnehmer dann als Arbeitszeit abrechnen.

Kann der Arbeitgeber eine ständige Erreichbarkeit vertraglich vereinbaren?

Vertragsklauseln die eine permanente Erreichbarkeit vorschreiben sind ebenso ungültig wie solche, die einige Stunden Erreichbarkeit je Urlaubstag vorschreiben - der gesetzliche Urlaub muss schließlich arbeitsfrei bleiben.

Nur für über den Mindesturlaub hinausgehende Urlaubstage sind von den genannten Grundsätzen abweichende Sonderregeln zulässig. Für solche Tage kann also auch eine Erreichbarkeit vereinbart werden, die sich an die gesetzlichen Vorgaben des Arbeitszeitgesetztes hält.

Eine ständige Erreichbarkeit kann daher auch hier nicht vereinbart werden, da es sich hierbei um Arbeitszeit handelt. Arbeitnehmer dürfen nämlich maximal acht Stunden an allen Tagen außer am Sonntag - höchstens 48 Stunden in der Woche - arbeiten. Die Tagesarbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden erhöht werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder von 24 Wochen durchschnittlich nicht mehr als acht Stunden werktäglich gearbeitet wird.

Wenn der Vertrag keine entsprechenden Vereinbarungen enthält, ist keine Erreichbarkeit im Urlaub - egal auf welchem Weg - geschuldet.

Übrigens hat der Arbeitgeber auch kein Recht dazu, den Arbeitnehmer aus dem gesetzlichen Mindesturlaub zurückzurufen - auch nicht aufgrund einer Vereinbarung. Eine solche Abrede verstößt gegen zwingendes Urlaubsrecht und ist rechtsunwirksam (BAG, 20.06.2000 - Az: 9 AZR 405/99). Lediglich für den äußersten Notfall kann ggf. ein anderes gelten. In diesem Fall müsste der Arbeitgeber alle dem Arbeitnehmer entstehenden Kosten übernehmen. Für über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehende Tage kann aber auch hier durchaus etwas anderes vereinbart werden.

Was gilt für Führungskräfte?

Diese Grundsätze gelten zunächst auch für Führungskräfte, haben aber mit der Realität nicht viel zu tun, da die Mehrheit freiwillig erreichbar ist - auch im eigenen Interesse. Eine Verpflichtung besteht aber auch hier nicht. Nimmt der Aufwand unerwartet große Ausmaße an, so können diese Tage nachträglich als Arbeitszeit deklariert werden. Hierzu sollte aber ein Arbeitszeitprotokoll geführt werden.

Droht die Kündigung, wenn man nicht erreichbar ist?

Manchem Arbeitnehmer wurde bereits mit der Kündigung gedroht, wenn er im Urlaub nicht erreichbar sei. Zulässig wäre eine solche verhaltensbedingte Kündigung aber nicht, da diese nicht nur eine vorherige Abmahnung erfordert, sondern auch ein tatsächliches Fehlverhalten.

Ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten liegt aber bei fehlender Erreichbarkeit während des gesetzlichen Urlaubs i.d.R. gerade nicht vor. Im Streitfall müsste ein Arbeitsgericht dies klären.

Eine Kündigung könnte allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Arbeitnehmer gegen eine in zulässiger Weise arbeitsvertraglich vereinbarte Pflicht zur Erreichbarkeit verstoßen hat.

Ohne vorherige einschlägige Abmahnung dürfte eine solche Kündigung jedoch unwirksam sein, da Arbeitnehmer zunächst ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, verbunden mit dem Hinweis, dass im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen ist, vorgeworfen werden müsste.

Diensthandy im Urlaub – Vorsicht bei privater Nutzung!

Nimmt ein Arbeitnehmer sein Diensthandy mit in den Urlaub, um erreichbar zu sein, so sollte nicht vergessen werden, dass dieses auch nur dienstlich benutzt werden sollte. Ausgiebige private Telefonate - die bekanntermaßen schnell teuer werden können - können ernsthafte Folgen haben.

So wurde bereits einem langjährigen Arbeitnehmer fristlos gekündigt, weil er für über 500 € private Gespräche im Urlaub über das Diensthandy geführt hatte. Eine vorherige Abmahnung war hier nicht erforderlich (LAG Hessen, 25.07.2011 - Az: 17 Sa 153/11).

Auch in weniger extremen Fällen sollte sich der Arbeitnehmer nicht darauf verlassen, dass keine Konsequenzen drohen. Der Arbeitgeber kann bei unerlaubter privater Nutzung eine Abmahnung aussprechen und darüber hinaus Schadensersatz vom Arbeitnehmer verlangen.
Stand: 01.08.2023 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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