Diesel-Fahrzeug? Möglicherweise können Sie ➠ Schadensersatzansprüche geltend machen!Die Anmeldung zum Musterfeststellungsverfahren hemmt die Verjährung bei der Geltendmachung von
Schadensersatzansprüchen im Dieselabgasskandal und zwar auch dann, wenn der Kläger seine Anmeldung wieder zurücknimmt.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger erwarb im Jahre 2012 einen Audi Q 5 mit einem Dieselmotor EA 189 EU5 als Neuwagen von einem Händler. Der Wagen hatte die Typengenehmigung nach Messung der entsprechenden Abgasgrenzwerte auf dem Prüfstand erhalten. Diese Testung war durch eine Software so manipuliert, dass der Motor auf dem Prüfstand weniger Abgas ausstieß als im normalen Betrieb im Straßenverkehr. Das Kraftfahrtbundesamt machte 2015 nach intensiver Medienberichterstattung über den sog. VW-Abgasskandal u.a. der beklagten Herstellerin zur Auflage, die manipulative Software aus den betroffenen Kfz mit den Motoren der EA 189-Baureihe zu entfernen und die Fahrzeuge wieder für den Straßenverkehr tauglich zu machen. Die Fahrzeuge wurden nicht stillgelegt. Der Kläger fürchtete v.a., dass er nicht abschließend beurteilen kann, welche Schäden durch die Manipulation bereits entstanden und in Zukunft zu erwarten seien, auch wenn das Kraftfahrt Bundesamt die Software Updates genehmigt hat. Der Kläger begehrte daher die Feststellung der grundsätzlichen Schadensersatzpflicht der beklagten Herstellerin. Die Beklagte war der Ansicht, es liege schon gar kein Mangel vor, weil die Fahrzeuge unstreitig fahrbereit und uneingeschränkt nutzbar waren. Auch habe sie den Kläger im Zusammenhang mit dem
Kaufvertrag nicht getäuscht oder sonst geschädigt. Schließlich sei der Anspruch verjährt. Der Kläger habe spätestens im Jahr 2015 Kenntnis von der verbotenen Umschaltsoftware gehabt.
Das LG Köln hat festgestellt, dass die Herstellerin verpflichtet ist, Schadensersatz zu leisten.
Nach Auffassung des Landgerichts hat die Herstellerin den Kläger durch den Einbau der Umschaltsoftware sittenwidrig und vorsätzlich geschädigt, da die Pkws gerade für den Verkauf hergestellt worden seien. Die Herstellerin habe sich auch nicht genügend von dem Vorwurf entlasten können, dass ihrem Vorstand nicht alle Umstände bekannt gewesen seien. Es sei bereits durch den Erwerb des Fahrzeugs ein Schaden entstanden, weil der Pkw mit der Manipulationssoftware hinter den Vorstellungen eines ordnungsgemäß funktionierenden Pkw zurückgeblieben sei. Der Kläger habe seine Klage im Juli 2019 auch rechtzeitig erhoben. Die regelmäßige Verjährungsfrist laufe drei Jahre und beginne mit Schluss des Jahres, in dem der Kläger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Tatsachen erhalten hat. Ob der Kläger bereits am Schluss des Jahres 2015 durch die Medienberichterstattung diese Kenntnis erhalten habe, ließ das LG Köln offen. Der Ablauf der Verjährungsfrist sei nämlich auf jeden Fall dadurch gehemmt gewesen, dass sich der Kläger für das Musterfeststellungsverfahren kurz vor Ende Dezember 2018 beim Bundesamt der Justiz hat registrieren lassen. Zwar habe der Kläger seine Anmeldung im Mai 2019 wieder zurückgenommen. Die Hemmung ende jedoch erst sechs Monate nach Rücknahme. Daher sei die Klageerhebung im Juli 2019 rechtzeitig erfolgt.
Dem Kläger sei es auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Hemmung der Verjährung zu berufen. Es sei nämlich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger sich unmittelbar vor Ende der Verjährung beim Klageregister an- und kurz darauf wieder abgemeldet hat. Es sei grundsätzlich legitim, dass der Kläger auch nur zur Verjährungshemmung von allen Möglichkeiten, insbesondere von der Anmeldung zum Klageregister, Gebrauch mache. Die Autoherstellerin werde dadurch auch nicht unbillig belastet, da sie das Ende der Verjährung sicher feststellen könne.
Nicht nur am LG Köln wird die Verjährungshemmung durch Anmeldung beim Klageregister und viele andere Fragen rund um den VW-Abgasskandal unterschiedlich beurteilt (vgl. insoweit nur LG Köln, 20.12.2019 - Az: 4 O 171/19).
Mehr Einheitlichkeit in dieser und anderen Fragen schaffen nach und nach die Urteile der Berufungsinstanzen und zuletzt der BGH, der voraussichtlich im Mai 2020 das erste Mal über einen Fall des Diesel-Abgasskandals verhandeln wird.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.