Ohne Suche zum Ziel. Wir lösen Ihr Rechtsproblem!Bewertung: - bereits 393.244 Anfragen

Trikes sind steuerlich ein Pkw

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 10 Minuten

Trikes sind nach Ansicht des BFH in Bezug auf die Kraftfahrzeugsteuer als Personenkraftwagen und nicht als Kraftrad zu behandeln.

Das Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) definiert diesen Begriff freilich ebenso wenig wie das Straßenverkehrsrecht. In beiden Rechtsgebieten steht der Begriff des (Kraft-)Rades allerdings dem des (Kraft-)Wagens gegenüber (vgl. nur § 9 Nr. 1 und 2 KraftStG). Das knüpft ersichtlich an die Umgangssprache an, die unter einem Rad ein --vom Anfang seiner Entwicklung beim sog. Hoch- und Niederrad bzw. dem Draisine an in Wahrheit fast stets mit zwei Rädern ausgestattetes-- Gefährt zu verstehen pflegt, das --wie das typische Fahr- oder Motorrad-- auf zwei "in Reihe" angeordneten Rädern rollt (mag es auch mitunter um einen daneben angeordneten Beiwagen oder einen zweispurigen, auf einer Achse rollenden (Gepäck-)Anhänger ergänzt werden oder wie oftmals bei Rädern für kleine Kinder durch zwei seitlich neben dem hinteren Rad angeordnete kleine Stützräder stabilisiert sein), während ein Wagen ein Gefährt ist, das auf mindestens zwei, in einem gewissen Abstand nebeneinander angeordneten Rädern rollt, so dass es im Ruhezustand aufrecht stehen kann, wobei es neben Wagen mit vier Rädern wie dem typischen zeitgenössischen PKW und Wagen mit mehr als zwei (Quer-) Achsen und entsprechend vielen Rädern solche mit nur zwei Rädern gibt (z.B. von einem oder mehreren Pferden gezogene wie die antiken Kampfwagen), aber insbesondere auch solche mit drei Rädern, eine Bauart, die früher namentlich bei Kleinstlieferwagen üblich war und auch heute noch von der Firma Piaggo (teils mit Lenker, teils mit Lenkrad ausgestattet) verwendet wird und z.B. in Italien überaus verbreitet ist. Immer ist die "Mehrspurigkeit" dem Wagen eigen. Das Rad ist im Gegensatz dazu grundsätzlich einspurig. Dies gilt allerdings nicht ausnahmslos, wie die Bezeichnung eines Tretfahrzeuges für Kinder mit einem vorderen und zwei nebeneinander angeordneten hinteren Rädern als Dreirad bezeugt. Dementsprechend spricht die Richtlinie 92/61/EWG über die Betriebserlaubnis für zweirädrige und dreirädrige Kraftfahrzeuge (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 225, 72) außer von (zweirädrigen) "Krafträdern" bei Kleinstfahrzeugen sowohl die mit zwei als auch die mit drei Rädern mit dem Begriff "Kleinkrafträder" an (ebenso --unter Bezugnahme auf vorgenannte Richtlinie-- § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Altfahrzeug-Verordnung i.d.F. des Altfahrzeug-Gesetzes vom 21. Juni 2002, BGBl I 2002, 2199 "dreirädrige Krafträder").

Es ist also durch die Rechts- ebenso wenig wie durch die Umgangssprache ohne weiteres zu rechtfertigen, wenn das FA sinngemäß "Mehrspurigkeit" eines Fahrzeuges als für die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung hinreichendes Kriterium eines Fahrzeuges als Kraftwagen ansieht.

Sinn und Zweck der kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Unterscheidung zwischen Krafträdern und PKW legen es nicht nahe, ein mehrspuriges Fahrzeug, auch wenn es nur eine Querachse wie das hier strittige Fahrzeug hat, als Kraftrad einzustufen. Denn soweit das KraftStG sinngemäß an die durch die Zulassung zum öffentlichen Straßenverkehr vermittelte Möglichkeit zur Nutzung des mit öffentlichen Mitteln hergestellten und unterhaltenen Straßenraums als Besteuerungsgrundlage anknüpft, liegt es nahe, zweispurige Fahrzeuge nicht als Krafträder einzustufen, weil sie den Straßenraum in einer PKW vergleichbaren Weise in Anspruch nehmen, auch wenn sie nur drei Räder statt deren vier oder mehr haben. Die durch die Bauart eines Fahrzeuges seinen Fahrgästen vermittelte Sicherheit, auf die das FG statt dessen wesentlich abgestellt hat, ist für das Kraftfahrzeugsteuerrecht unter diesem entscheidenden Gesichtspunkt ohne Belang, ebenso die Art der vom FG für bedeutsam gehaltenen Steuerung (hier: Lenker statt Lenkrad), ganz abgesehen davon, dass es zumindest in der Vergangenheit auch ihrem gesamten Erscheinungsbild nach als PKW oder LKW anzusehende Fahrzeuge mit Lenker gab. Erst recht nicht kann es kraftfahrzeugsteuerrechtlich erheblich sein, ob ein Fahrzeug Sicherheitsgurte und Kopfstützen hat, die das FG bei dem strittigen Trike vermisst und derenthalben es dieses als Kraftrad besteuert wissen will. Dass die einem Trike fehlende Kabine nicht zur Einstufung als Kraftrad führen kann, ergibt sich überdies bereits aus dem zu sog. Quads (zweiachsige offene Fahrzeuge mit vier Rädern) ergangenen Urteil des Senats vom 3. April 2001 VII R 7/00 (BFHE 194, 477, BStBl II 2001, 451), in dem der erkennende Senat in Übereinstimmung mit den Beteiligten hierin nicht einmal ein erwähnenswertes Kriterium für die Unterscheidung zwischen PKW und anderen in § 9 KraftStG erfassten Fahrzeugen gesehen hat: denn es gibt auch sonst Fahrzeuge ohne Kabine, die gemeinhin eindeutig nicht als (Kraft-) Räder angesehen werden und als solche bei straßenverkehrsrechtlicher Zulassung auch kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht zu behandeln wären, z.B. solche mit Sitzschalen auf einem seitlich offenen Chassis wie bei einem Go-Kart.

Für die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Unterscheidung zwischen Kraftwagen und Krafträdern ist deshalb von den die Bauart und Einrichtung bestimmenden Merkmalen des Fahrzeuges, auf die das FG allerdings an sich zu Recht abgestellt hat und die entgegen der Ansicht des FA nicht nur bei umgebauten Fahrzeugen von (kraftfahrzeugsteuerrechtlich) entscheidender Bedeutung sind, die Ein- oder Mehrspurigkeit als das ausschlaggebende Kriterium anzusehen. Der erkennende Senat folgt insofern der Auffassung des FA, und zwar insbesondere deshalb, weil nur dieses Unterscheidungskriterium, zumindest in aller Regel, eine klare und einfache Zuordnung von Kraftfahrzeugen im Übrigen unterschiedlichster Bauart und Einrichtung ermöglicht und seine Anwendung damit der Rechtssicherheit, insbesondere dem einfachen Verwaltungsvollzug des KraftStG und der Vorhersehbarkeit der Steuerlast für den Kraftfahrzeughalter dient, die bei einer zusammenfassenden Gesamtbetrachtung der Merkmale des jeweiligen Fahrzeuges, wie sie dem FG vorschwebt und in der Tat mitunter bei Anwendung des KraftStG unvermeidlich sein kann, nicht gewährleistet wären. Statt dessen grundsätzlich ausschlaggebend auf die Mehrspurigkeit eines Fahrzeuges abzustellen und deshalb ein Trike der hier strittigen Art als PKW zu besteuern, führt auch nicht zu den Zielen der kraftfahrzeugsteuergesetzlichen Unterscheidung von Kraftwagen und -rädern unangemessenen Ergebnissen, zumal Mehrspurigkeit zwar, wie ausgeführt, die Zuordnung zum Typ des Rades nicht zwingend ausschließt, aber doch im Allgemeinen dazu führt, dass von einem Wagen zu sprechen ist, und nur bei Kleinstfahrzeugen - wie Kinderrädern oder den in der Richtlinie 92/61/EWG als Kleinrädern bezeichneten Fahrzeugen, zu denen das des Klägers schon wegen der von ihm erreichten Höchstgeschwindigkeit nicht gehört - das Vorhandensein zweier nebeneinander angeordneter Räder mit dem Begriff des "Rades" als vereinbar empfunden wird.


BFH, 22.06.2004 - Az: VII R 53/03

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen vom WDR2 Mittagsmagazin

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.239 Bewertungen) - Bereits 393.244 Beratungsanfragen

Meine Fragen wurden hinreichend beantwortet und haben uns in unserem weiteren Vorgehen geholfen eine Entscheidung zu treffen!
Die Antwort kam ...

R.Münch, Langenfeld

Kurz nach Überweisung des Honorars erfolgte die Antwort, die sehr ausführlich und konkret war. Dadurch fühlte ich mich sehr gut beraten. - Ein ...

Verifizierter Mandant