Ist Ihr Bußgeldbescheid anfechtbar? ➠ Jetzt überprüfen!Wenn gegen einen
Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt wurde und die Behörde das Verfahren nicht eingestellt hat, so kommt es zum gerichtlichen Verfahren.
Was passiert in der Hauptverhandlung?
Das bislang rein von der Verwaltung geführte Verfahren wird zu einem gerichtlichen Verfahren. Das Interesse der Behörde wird dabei von der Staatsanwaltschaft bzw. von einem Amtsanwalt wahrgenommen. Das Amtsgericht bestimmt einen Termin zur Hauptverhandlung.
Zuständig für das Verfahren ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die
Ordnungswidrigkeit begangen wurde. Daher kann das zuständige Gericht durchaus weit entfernt vom Wohnort des Betroffenen liegen.
Hauptverhandlungen wegen Ordnungswidrigkeiten sind öffentlich. Es besteht hier grundsätzlich Anwesenheitspflicht des Beschuldigten, die vom Gericht lediglich auf Antrag und unter sehr engen Voraussetzungen aufgehoben werden kann.
In der Hauptverhandlung versucht das Gericht, den einschlägigen Sachverhalt vollständig aufzuklären. Hierbei werden Beweismittel - wie beispielsweise ein Frontfoto - eingesehen und Zeugen vernommen.
Im ersten Schritt wird überprüft werden, ob alle geladenen Personen anwesend sind und die Zeugen werden über ihre Pflichten belehrt.
Danach wird das Gericht zunächst mit dem Betroffenen – im Beisein eines ggf. beauftragten Verteidigers – verhandeln und hierzu erst einmal die Personalien, Beruf sowie soweit erforderlich die wirtschaftlichen Verhältnisse erörtern. Dann wird unter Bezugnahme auf den Bußgeldbescheid der vorgeworfene Verstoß sowie die Rechtzeitigkeit des Einspruchs festgestellt.
Danach kann der Betroffene sich zur Sache äußern. Sofern der Betroffene sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft, wird sofort zur Beweisaufnahme übergegangen. Andernfalls kann sich der Betroffene äußern und gegen den erhobenen Vorwurf verteidigen. In diesem Zusammenhang werden in der Regel auch die in den Akten befindlichen Unterlagen einbezogen.
Nach der Vernehmung werden die Zeugen angehört. Im Anschluss an die Befragung eines Zeugen können der Betroffene bzw. sein Verteidiger diesem ebenfalls Fragen stellen.
Nachdem alle Beweismittel erschöpft sind, wird die Beweisaufnahme geschlossen und es findet in der Regel eine Erörterung dahingehend statt, welche Meinung sich das Gericht zum Verstoß und dessen Schwere gebildet hat.
Sofern das Gericht zu dem Schluss gekommen ist, dass ein Verstoß vorliegt, der nicht zwingend mit eine Geldbuße zu ahnden ist, kann das gesamte Verfahren an dieser Stelle durch das Gericht eingestellt werden. Es kann aber auch vorkommen, dass das Gericht zu der Auffassung gekommen ist, dass die Beweisaufnahme eher zu einer Verschärfung gegenüber dem Bußgeldbescheid Anlass gibt. Aufgrund des Fairnessgebots kann in diesem Fall ein entsprechender Hinweis durch das Gericht erfolgen. An dieser Stelle kann der Einspruch dann noch zurückgenommen werden.
Steht dagegen der Übergang in ein Strafverfahren im Raum, so muss das Gericht den Betroffenen darauf hinzuweisen, sodass auch in diesem Fall die Möglichkeit bestehen bleibt, eine Verurteilung wegen einer Straftat durch die Rücknahme des Einspruches zu verhindern.
Nur dann, wenn zusätzlich ein
Fahrverbot erwogen wird, muss der Betroffene über die Möglichkeit ausdrücklich belehrt werden.
Sofern es weder zur Rücknahme des Einspruchs noch zur Einstellung des Verfahrens gekommen ist, kann ein Abschlussplädoyer gehalten werden.Danach zieht sich das Gericht zur abschließenden Beurteilung zurück und verkündet im Anschluss seine Entscheidung mit kurzer mündlicher Begründung.
Im Ergebnis kann es zu einem Freispruch oder eine Verurteilung kommen. Die Verurteilung kann im Verhältnis zum Bußgeldbescheid niedriger, gleich oder höher ausfallen.
Zum Ende wird der Betroffene soweit erforderlich noch eine Rechtsmittelbelehrung erteilt.
Das vom Gericht gesprochene Urteil ist nur unter sehr engen Voraussetzungen im Rahmen einer Rechtsbeschwerde auf Verfahrensfehler oder Gesetzesverstöße überprüfbar.
Kann der Einspruch zurückgenommen werden?
Grundsätzlich kann der Einspruch auch noch in der Hauptverhandlung zurückgenommen werden – und zwar bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung. Dies ist dann sinnvoll, wenn sich im Verlauf ergibt, dass sich das Ergebnis für den Betroffenen im Verhältnis zum angefochtenen Bußgeldbescheid verschlechtern wird. Für die erste Instanz besteht nämlich in Bußgeldsachen kein Verschlechterungsverbot.
Nimmt die Staatsanwaltschaft an der Verhandlung teil, so ist die Zustimmung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft für die Rücknahme des Einspruchs erforderlich.
Durch die Rücknahme des Einspruchs wird der Bußgeldbescheid in seiner ursprünglichen Form rechtskräftig.
Braucht man einen Anwalt?
Im Hauptverfahren vor dem Amtsgericht ist der Beschuldigte nicht dazu verpflichtet, einen Rechtsanwalt als Verteidiger zu beauftragen. Der Beschuldigte kann also durchaus allein verhandeln.
Es ist jedoch in fast allen Fällen dringend anzuraten, sich anwaltlich vertreten zu lassen. Ein Anwalt kann üblicherweise den möglichen Verfahrensgang erheblich besser einschätzen und aufgrund seiner Expertise bei Zeugenbefragung, Schlussplädoyer und der Erörterung die Interessen des Betroffenen besser wahrnehmen, als es diesem selbst möglich wäre.
Wenn jedoch keine schwerwiegenden Nachteile (Fahrverbot, Verlust der
Fahrerlaubnis) drohen, ist es durchaus möglich ohne großes Risiko selbst zu versuchen, im Bußgeldverfahren eine Verbesserung zu bewirken. Läuft das Verfahren nicht wie erhofft oder ist das Ergebnis unsicher, kann der Einspruch schließlich zurückgenommen werden.
Muss der Betroffene persönlich erscheinen?
Ist der Betroffene zum persönlichen Erscheinen verpflichtet, so wird der Einspruch ohne mündliche Verhandlung verworfen, wenn der Betroffene nicht zur Verhandlung erscheint. Der Bußgeldbescheid wird dann in Form eines Urteils in seiner ursprünglichen Form bzgl. der Rechtsfolgen erlassen.
Der Betroffene kann jedoch von der Verpflichtung, persönlich zu erscheinen, auf Antrag vom Gericht entbunden werden, wenn seine Anwesenheit zur Sachaufklärung nicht erforderlich ist. Das ist bei Bußgeldverfahren wegen Verstößen im Straßenverkehr beispielsweise dann der Fall, wenn der Betroffene als Fahrer des Fahrzeugs bereits feststeht und nicht mehr anhand der Beweisfotos durch das Gericht zu identifizieren ist. Sofern der Betroffene von seiner Anwesenheitspflicht entbunden wurde, darf der Verhandlung fernbleiben, ohne dass ihm ein Nachteil entsteht.
Was kostet die Hauptverhandlung?
Bei der Hauptverhandlung fallen in jedem Fall Gerichtskosten gemäß 4110 KV GKG in Höhe von 10 % der Bußgeldsumme, mindestens jedoch € 55,00 an. Dafür entfallen die Verwaltungsgebühren für den Bußgeldbescheid.
Wird der Einspruch vor der Hauptverhandlung zurückgezogen, fällt neben der Verwaltungsgebühr 0,25 % des Bußgeldes, mindestens jedoch € 17,00, als Gerichtskosten ggf. zuzüglich Zustellkosten an.
Wird der Einspruch erst in der Hauptverhandlung zurückgenommen, fallen die Verwaltungsgebühren für den Bußgeldbescheid sowie hälftige Gerichtsgebühren an.
Die Höchstsumme beträgt € 16.500,00 (Nr. 4110 KV GKG).
Wurde der Betroffene anwaltlich vertreten, so kommen die Anwaltsgebühren noch entsprechend hinzu.
Wurde der Betroffene freigesprochen, trägt die Landesjustizkasse die Kosten.
Mustervorlagen
Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid