Wird ein Neuwagen beim Händler gekauft, kann dieser in der Regel nicht sofort mitgenommen werden. Vielmehr wird ein Liefertermin vereinbart.
Überschreitet der Händler in diesem Fall den Liefertermin, ist dies für den Käufer ärgerlich und so mancher Käufer fragt sich, welche Ansprüche er aufgrund der Verzögerung geltend machen kann. Hierbei kommt es zunächst auf die
vertraglichen Regeln und die einbezogenen AGB an.
Unverbindlicher Liefertermin vereinbart
Wurde ein unverbindlicher Liefertermin vereinbart und überschritten, so kann der Käufer wegen Überschreitung des unverbindlichen Liefertermins noch keine unmittelbaren Rechtsfolgen für sich ableiten. Denn es handelt sich in diesem Fall um eine Lieferfrist und nicht um einen starren Termin.
Ein unverbindlicher Termin bedeutet aber nicht, dass der Verkäufer einfach „irgendwann“ liefern muss bzw. kann.
Eine Überschreitung des unverbindlichen Liefertermins um bis sechs Wochen ist vom Käufer nach den üblicherweise vom Verkäufer eines neu konfigurierten Neuwagens verwendeten Neuwagenverkaufsbedingungen (NWVB) hinzunehmen. Bei einem bereits beim Verkäufer vorhandenen Fahrzeug verkürzt dich der Zeitraum auf zehn Tage.
Wurden andere AGB verwendet, so muss im Einzelfall geprüft werden, welche konkreten Überschreitungen der Lieferfrist hinzunehmen sind.
Der Händler muss den Käufer zudem über ihm bekannte Umstände, die zu einer Lieferverzögerung führen können oder werden, aufklären.
Nach Überschreitung des Toleranzzeitraums muss der Käufer den Händler zunächst mahnen, das heißt unmissverständlich zur Lieferung des Wagens auffordern. Auf diesem Weg wird der Verkäufer in Verzug gesetzt. Als Nachfrist sollte eine angemessene Frist – i.d.R. zwei Wochen - angesetzt werden.
Wird auch dann nicht geliefert, kann Verzugsschaden geltend gemacht oder der Käufer sich vom Vertrag lösen.
Verbindlicher Liefertermin vereinbart
Kommt es dem Käufer auf die Lieferung des Wagens zu einem bestimmten Termin an, sollte dieser Termin schriftlich ausdrücklich als verbindlicher Liefertermin vereinbart werden.
Eine solche Vereinbarung wird jedoch nur in den seltensten Fällen getroffen, weil der Händler verständlicherweise nicht für die Unwägbarkeiten der Auslieferung einstehen wollen wird, wenn es sich nicht um ein Bestandsfahrzeug handelt.
Sofern ein verbindlicher Liefertermin schriftlich vereinbart wurde und zum vereinbarten Termin trotzdem nicht geliefert wurde, gerät der Verkäufer nämlich ohne Weiteres in Verzug, auch ohne dass er vom Käufer gemahnt wird.
Nach Verzugseintritt kann der Käufer dann wiederum wegen des Verzuges entstehende Schäden dem Verkäufer anlasten. Zudem besteht die Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen.
Wenn sich die Lieferung wegen höherer Gewalt verzögert
Die üblicherweise dem Kaufvertrag zugrundeliegenden Neuwagenverkaufsbedingungen (NWVB) sehen für den Fall höherer Gewalt vor, dass auch eine Lieferverzögerung von bis zu vier Monaten hinzunehmen ist. Höhere Gewalt liegt bei von außen überraschend eintreten Ereignissen vor, auf die weder Käufer noch Verkäufer einen Einfluss haben.
Bekannte Umstände muss der Verkäufer bereits in die voraussichtliche Lieferzeit mit einberechnen und den Käufer auch darüber aufklären. Verschweigt der Verkäufer bekannte Umstände, die zu einer Lieferverzögerung führen, kann sich nicht auf höhere Gewalt berufen werden und darf den Liefertermin nur bei einem unverbindlichen Liefertermin um bis zu sechs Wochen überschreiten.
Welche Ansprüche können bei Verzug geltend gemacht werden?
Befindet sich der Verkäufer in Verzug, so kann der Käufer sich entscheiden, ob er am Vertrag festhalten will oder aber von diesem zurücktreten will.
Hält der Käufer am Vertrag fest, so kann ein Verzugsschaden geltend gemacht werden. Hierbei handelt es sich um Schadensersatz für tatsächlich entstandene Verzögerungsschäden. Muss ein Mietwagen angemietet werden oder sind Aufwendungen für Bahnfahrten etc. entstanden, so können diese Kosten geltend gemacht werden, wenn der Verkäufer keinen Leihwagen zur Verfügung gestellt hat.
Es ist jedoch möglich, dass in den AGB eine Haftungsbeschränkung vorgesehen ist. So wird in den Neuwagenverkaufsbedingungen (NWVB) die Höhe von Verzugsschäden, die durch leicht fahrlässiges Verhalten des Verkäufers verursacht wurden, auf 5 % des Kaufpreises beschränkt. Die NWWB sieht für andere Formen der Fahrlässigkeit keine Haftungsbeschränkung vor.
Wie kann sich der Käufer bei Lieferverzug vom Vertrag lösen?
Will der Käufer sich vom Vertrag lösen, so bestehen hierfür grundsätzlich drei Möglichkeiten: Vertragswiderruf, Rücktritt vom Kaufvertrag sowie die Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung.
Ein Widerruf ist nur bei Verbraucherverträgen im Fernabsatz möglich, also dann wenn ein Neuwagen online erworben wurde. Hier besteht eine Widerrufsfrist von 14 Tagen, die mit Erhalt des Fahrzeugs zu laufen beginnt. Es ist jedoch auch möglich, dass ausdrücklich auf das Widerrufsrecht verzichtet wurde – insoweit sollten die konkreten Umstände des Einzelfalls genau geprüft werden.
Ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist dann möglich, wenn aufgrund der Leistungsverzögerung gemahnt und eine gesetzte angemessene Frist abgelaufen ist bzw. wenn der Verkäufer sich im Verzug befindet. Der Rücktritt im Sinne von § 349 BGB ist wirksam vom Käufer zu erklären. Es kann dann die Rückzahlung des Kaufpreises verlangt werden, sofern dieser bereits entrichtet wurde. Zudem kann Schadensersatz wegen des Lieferverzugs gefordert werden.
Soll Schadensersatz statt der Leistung gefordert werden, muss sich der Verkäufer im Verzug befinden und zusätzlich die Verzögerung zu vertreten haben. Der Verkäufer ist hierbei in der Beweislast dafür, dass kein Verschulden seinerseits vorliegt (Beweislastumkehr). Gefordert werden kann ein Schadensersatz natürlich weiterhin nur dann, wenn auch ein Schaden durch die Lieferungsverzögerung entstanden ist. In den NWVB ist hierbei für den Fall der leichten Fahrlässigkeit eine Haftungsbeschränkung gegenüber Verbrauchern auf 25% des vereinbarten Kaufpreises enthalten und für Unternehmer sowie andere juristische Personen ganz ausgeschlossen.
Was ist zu beachten, wenn der Neuwagen über einen Kredit finanziert werden soll?
Viele Neuwagen werden nicht vollständig vom Käufer bezahlt, sondern
über einen Kredit finanziert. Handelt es sich um einen Verbraucher, so werden Kaufvertrag und Kreditvertrag als verbundene Verträge angesehen, wenn der
Darlehensvertrag ganz oder teilweise der Finanzierung des Kaufvertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden (etwa dann, wenn die Finanzierung durch die Hausbank des Verkäufers erfolgt oder der Verkäufer am Vertragsschluss mitwirkt).
Liegt ein solcher Verbraucherdarlehensvertrag vor, so steht dem Darlehensnehmer ein 14-tägiges Widerrufsrecht, beginnend mit Vertragsschluss, zu. Bei verbundenen Verträgen gilt, dass bei Widerruf des Darlehensvertrags keine Bindung mehr an den Kaufvertrag besteht. Die Frist ist bei Lieferverzug jedoch üblicherweise abgelaufen. Nur dann, wenn der Darlehensgeber seinen Informationspflichten nicht (vollständig) nachgekommen ist oder nicht alle notwendigen Vertragsdokumente bereitgestellt worden, kann ein Widerruf auch über die 14-Tages-Frist erfolgen.
Eine praktikablere Möglichkeit ist die Inanspruchnahme des Leistungsverweigerungsrechts. Denn bei einer Lieferverzögerung kann die Zahlung des Kaufpreises bis zur Lieferung verweigert werden, sofern keine Vorleistungspflicht vereinbart wurde. Nach den NWVB ist dies nicht der Fall. Die Inanspruchnahme des Leistungsverweigerungsrechts führt dazu, dass die Zahlung der Raten bis zur Lieferung des Fahrzeugs verweigert werden kann.
Wurde wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, so teilt der Darlehensvertrag als verbundener Vertrag das gleiche Schicksal. Hierzu muss kein gesonderter Rücktritt vom Darlehensvertrag erklärt werden. Weitere Raten müssen dann nicht geleistet werden. Wurde irrtümlich dennoch weitergezahlt, können diese Raten nebst Zinsen und Kosten zurückgefordert werden.