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Reiseabbruch nach Skiunfall

Reiserecht | Lesezeit: ca. 6 Minuten

Ein Reiseabbruch liegt bereits mit Eintritt eines versicherten Ereignisses vor, das die planmäßige Fortsetzung der Reise objektiv beendet; es kommt nicht darauf an, wann die tatsächliche Rückreise erfolgt. Auch ein bloßes Verbleiben am Urlaubsort zum Zwecke der Organisation des Rücktransports steht dem Reiseabbruch gleich.

Sind infolge eines versicherten Ereignisses sowohl die versicherte Person als auch deren naher Angehöriger an einer sinnvollen Fortführung der Reise gehindert, umfasst der Versicherungsschutz auch die Kosten des mitreisenden Ehegatten; allein die Kosten weiterer Angehöriger sind nur zu ersetzen, wenn deren eigene Unzumutbarkeit substantiiert dargetan wird.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Eine Familie aus Schwaben buchte für den 10.02.-17.02.2024 einen Skiurlaub in Österreich für 7 Nächte für 150 Euro pro Übernachtung für jeden der Erwachsenen und 90 Euro pro Nacht für die Tochter.

Im Vorfeld der Buchung hatten die Reisenden eine Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherung bei einer Versicherung aus München abgeschlossen. Nach dieser hieß es u.a.:

„Müssen Sie aus einem (…) versicherten Ereignis die Reise vorzeitig abbrechen, erstatten wir den kompletten Reisepreis bei Abbruch der Reise innerhalb der ersten Hälfte der versicherten Reise (…) bis zur Höhe des versicherten Reisepreises.“

Am 12.02. erlitt die Mutter einen Skiunfall mit Kreuzbandriss im linken Knie. Sie wurde am selben Tag vor Ort im Krankenhaus aufgenommen und am 13.02. operiert. Bei der Entlassung am 14.02. ordneten die Ärzte für den Heimtransport vom Urlaubsort Beinhochlagerung an. Die Reisende kontaktierte daraufhin ihre Versicherung wegen des Rücktransports. Diese stellte ihr für den Rücktransport den 16.02. in Aussicht. Die Reisende verblieb daher bis zum Rücktransport am 16.02. im Hotel. Am 16.02 reiste schließlich die gesamte Familie ab.

Zu Hause verlange die Reisende von der Versicherung die Erstattung des vollen Reisepreises für alle Reisenden und weiterer Kosten wie Skipässe in Höhe von 753 Euro. Die beklagte Versicherung war hingegen der Auffassung, dass die Reise nicht in der ersten Hälfte abgebrochen worden sei, sondern erst mit Rückreise am 16.02. und erstatte lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 390 €.

Die Mutter erhob schließlich Klage vor dem Amtsgericht München. Dieses gab der Klägerin in weiten Teilen Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 1.836 €.

In seinem Urteil führte das Gericht u.a. aus:

Entgegen der Vorstellung der Beklagten führt nicht erst Abreise zu einem Reiseabbruch, sondern führte bereits der Skiunfall zum Reiseabbruch. Der Vertrag definiert als Voraussetzung für den Versicherungsschutz nicht „Reiseabbruch“, sondern, dass durch Eintritt eines versicherten Ereignisses Reiseunfähigkeit zu erwarten ist. „Reiseabbruch“ bedeutet so nur, die Reise nicht mehr planmäßig fortzusetzen.

Dies führt dazu, dass - insbesondere dann, wenn wie hier ein versichertes Ereignis eintritt, das die Reise in deren Sinnhaftigkeit beendet, aber bis zum Vollzug des Reiseendes noch Organisation erforderlich ist - auch dann von Reiseabbruch auszugehen ist, wenn der Aufenthalt maßgeblich dem Warten auf die Abreise dient.

Das Gericht sprach neben den Hotelkosten für die Ehefrau auch Ersatz für die Hotelkosten des Ehemanns zu, da nach dem klägerischen Vortrag eine Fortführung der Reise auch für ihn unzumutbar war:

Zu berücksichtigen ist, dass die Verletzung immerhin eine Operation nötig machte und der einer Ehe zugrundeliegender rechtliche Wert der einer Solidargemeinschaft ist, die sich gerade in Zeiten von Hilfe- und Zuwendungsbedarf zeigt. Entsprechend ist objektiv unzumutbar, den Ehemann darauf zu verweisen, er möge, statt im Krankenhaus zu warten, weiter Skifahren gehen.

Bezüglich der Hotelkosten der Tochter wies das Gericht jedoch die Klage ab, da hier trotz gerichtlichen Hinweises nicht substantiiert zur Frage, welche Auswirkungen der Unfall auf die Durchführung der Reise für die Tochter hatte, vorgetragen worden war. Ebenso war eine Erstattung der Skipässe nach den Bedingungen der Beklagten ausgeschlossen.

Das Urteil ist rechtskräftig.


AG München, 24.02.2024 - Az: 132 C 23372/24

Quelle: PM des AG München

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