Gemäß
§ 651a Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt eine
Pauschalreise im Sinne der §§ 651a ff. BGB auch dann vor, wenn die von dem Vertrag umfassten Reiseleistungen auf Wunsch des
Reisenden oder entsprechend seiner Auswahl zusammengestellt wurden.
Darauf, ob diese Leistungen von dem Veranstalter von vorneherein als Bausteine zum Zusammensetzen angeboten wurden oder ob der Reisende sie individuell auswählt und dann diese Auswahl bei dem Veranstalter bucht, kommt es nach § 651a BGB nicht an.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerinnen begehren von der Beklagten aufgrund einer vorzeitig abgebrochenen Afrikareise die Erstattung der Kosten nicht in Anspruch genommener Reiseleistungen sowie die Kosten eigenständig gebuchter Rückflüge für die Heimreise.
Die Klägerinnen buchten am 23.08.2019 zunächst vier Reiseleistungen, nämlich eine 5-tägige Rundreise „Victoria Falls und Chobe Nationalpark“ für die Zeit vom 12.03.2020 - 16.03.2020, eine 8-tägige Reise „Abenteuer Kenia“ für die Zeit vom 17.03.2020 - 24.03.2020, einen 4-tägigen Aufenthalt im Leopard Beach Resort & Spa in Diani Beach/Kenia für die Zeit vom 24.03.2020 - 28.03.2020 sowie eine Transferfahrt für den 28.03.2020 zum Flughafen Mombasa. Die Buchungen waren in einer einheitlichen
Reisebestätigung mit vier durchnummerierten Positionen zusammengefasst, die als Veranstalterin die Beklagte auswies. Zu dieser Buchung wurde den Klägerinnen ein
Sicherungsschein für Pauschalreisen gemäß
§ 651r BGB ausgestellt. Der Gesamtpreis der gebuchten Reiseleistungen belief sich auf 7.914,00 € und wurde auch in einer Summe ausgewiesen.
Am gleichen Tag buchten die Klägerinnen für den 16./17.03.2020 einen Transferflug von Victoria Falls über Nairobi nach Mombasa zum Preis von 2.009,42 €. Die Rechnung für diese Buchung trägt im Briefkopf das Logo der Beklagten; unterhalb des ausgewiesenen Rechnungsbetrages steht zu lesen:
„Wir vermitteln im Namen und für Rechnung von: Kenya Airways“.
Das über diesen Flug erstellte elektronische Ticket weist als „Veranstalter/Touroperator“ die Beklagte aus.
Schließlich buchten die Klägerinnen am gleichen Tag für den 07.03.2020 einen Flug von Berlin über München nach Kapstadt und für den 28.03.2020 einen Flug von Addis Ababa über Frankfurt nach Berlin. Das für diese Flüge erstellte E-Ticket trägt oben links und unten rechts farbig gedruckt das Logo der Beklagten und führt diese zudem mit Namen und Anschrift auf.
Die Klägerinnen traten die Reise zunächst planmäßig an. Ab dem 14.03.2020 erteilte das Auswärtige Amt auf seiner Internetseite für Reisen nach Kenia den folgenden Hinweis:
„Bei Einreise nach Kenia wird bei allen Reisenden eine Temperaturmessung vorgenommen. Allen Personen, die aus von COVID-19 betroffenen Staaten einreisen (inkl. Deutschland) müssen ihren Herkunftsort angeben, und es wird ihnen eine 14-tägige Selbstisolation vorgeschrieben.“
Darüber hinaus erhielten die Klägerinnen die Information, dass die für den 28.03.2020 gebuchten Rückflüge nach Deutschland annulliert worden seien.
Die Klägerinnen schilderten in einer E-Mail an die Beklagte vom 14.03.2020 unter dem Betreff „Eilt: Einreise nach Kenia am 17.3./Vorgangsnummer 00000“ die Situation und baten um Information, ob es andere Möglichkeiten als einen Reiseabbruch gebe und ob der Reisepreis erstattet würde. Die Beklagte bestreitet den Zugang dieser E-Mail.
Die Klägerinnen buchten sodann in Eigenregie am 15.03.2020 einen Rückflug von Victoria Falls nach Deutschland, wofür sie einen Flugpreis von 6.973,68 € aufwenden mussten. Dies teilten sie der Beklagten mit E-Mail vom 15.03.2020 mit, wobei sie darauf hinwiesen, dass die Beklagte zuvor weder vor Ort noch über die telefonische Notfallhotline erreichbar gewesen sei und auch auf die E-Mail vom Vortag nicht reagiert habe. Durch eine Reisebetreuerin vor Ort ließen sich die Klägerinnen schriftlich bestätigen, dass sie vor eigenständiger Buchung der Rückflüge vergeblich versucht hatten, die Beklagte zu erreichen.
Mit der Klage begehren die Klägerinnen den Ersatz des anteiligen Reisepreises für die Zeit ab dem 16.03.2020 in Höhe von 4.899,14 €, die Erstattung der Kosten des nicht wahrgenommenen Inlandsfluges in Höhe von 1.009,42 € sowie die Erstattung der Kosten des eigenständig gebuchten Rückfluges nach Deutschland.
Die Beklagte erstattete vorgerichtlich an die Klägerinnen einen Betrag in Höhe von 3.874,00 € für die nicht in Anspruch genommenen Reiseleistungen zu Land und überreichte den Klägerinnen im Mai 2020 einen Verrechnungsscheck über 1.042,00 € zur Erstattung der nicht in Anspruch genommenen Übernachtungen im Beach Resort in Kenia und des Flughafentransfers.
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