Will sich ein Luftbeförderer auf die Entlastungsmöglichkeit nach
Art. 5 III VO 261/2004/EG berufen, so ist darzulegen, inwieweit die Durchführung des Fluges zu dem geplanten Zeitpunkt aufgrund des alternativen Einsatzes von personellen, materiellen und finanziellen Möglichkeiten vornehmbar war und warum es trotz dieser Alternativen nicht möglich war, den Flug zu dem konkreten Zeitpunkt anzubieten.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche für sich, seine Ehefrau sowie seinen Sohn gegen die Beklagte als Luftbeförderer geltend.
Der Kläger buchte für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn die streitgegenständliche Luftbeförderung im Rahmen eines
Pauschalreisevertrages mit dem
Reiseveranstalter H GmbH und bezahlte diese.
Die Beklagte sollte den Kläger und seine Familie folgendermaßen befördern:
-Flug Paderborn-Antalya, Flugnummer …, 05.03.2011, ab 09:00 Uhr, an 13:30 Uhr,
-Flug Antalya-Paderoborn, Fugnummer …, 12.03.2011, ab 05:15 Uhr, an 08:00 Uhr.
Der Hinflug mit der Flugnummer … verspätete sich. Der Hinflug startete am 05.03.2011 anstatt um 09:00 Uhr erst um 13:39 Uhr. Statt um 13:30 Uhr traf er erst um 17:46 Uhr in Antalya ein. Die Entfernung Paderborn-Antalya beträgt 2.393 km entsprechend der sog. Großkreisberechnung wegen deren Einzelheiten auf die Großkreisberechnung verwiesen wird.
Mit Schreiben, am 21.03.2011 bei der Beklagten eingegangen, machte der Kläger für sich und seine Familie
Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten in Antalya geltend. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 08.06.2011 machte der Kläger weiterhin Schadensersatzansprüche geltend. Eine Zahlung seitens der Beklagten unterblieb.
Die Ehefrau sowie der Sohn des Klägers traten ihre Schadensersatzansprüche an den Kläger ab, der die Abtretung annahm.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünde der geltendgemachte Anspruch aus
Art. 7 (1) b) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu, da diese Vorschrift für die vorliegende Verspätung von 3 Stunden oder mehr 400,00 Euro pro Person bei einer Entfernung von über 1.500,00 Euro vorsehe.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass eine Zahlungspflicht nicht begründet sei wegen des Eintritts außergewöhnlicher Umstände. Dazu behauptet die Beklagte, es seien folgende Flüge der Beklagten für den 05.03.2011 geplant gewesen:
Flugnummer … Antalya-Paderborn 05:15-08:00, Flugnummer … Paderborn-Antalya 09:00-13:30 Uhr. Am Flugtag sei es dann aber zu notwendigen Verschiebungen im Ablauf des Fluges aufgrund der herrschenden Wetterverhältnisse gekommen. Die Crew habe auf dem Flug von Antalya nach Paderborn regelmäßig die Wetterberichte des Wetterdienstes für den Flughafen Paderborn abgefragt. Dabei seien ausreichende Sichtverhältnisse für eine Landung angegeben worden. Der Wetterumschwung sei nicht vorhersehbar gewesen. Erstmals sei den Piloten die schlechte Wetterlage am Flughafen Paderborn über Funk der Luftsicherheitsbehörde von Bratislava am 05.03.2011 um 06:20 Uhr mitgeteilt worden. Es sei mitgeteilt worden, dass sich das Wetter seit einer Stunde verschlechtern würde und dass keine Besserung in Aussicht sei. Der Wetterbericht habe am 05.03.2011 um 07:50 Uhr die Windstärke von 4 Knoten, Sicht: 200m, Sicht auf Runway R24 bei voller Beleuchtung 300 m, überfrierender Nebel, geschlossene Wolkendecke rund 30 m über dem Flughafen angezeigt. Aufgrund des auf den Tragflächen des Flugzeugs gefrierenden Nebels sei die Landung aus Sicherheitsgründen nicht möglich gewesen. Auch wegen der Nichteinhaltung der Mindestsichtweite von 550 m bei 200 m über dem Boden sei eine Landung nicht möglich gewesen. Das Flugmanagement der Beklagten habe das Flugzeug nach Düsseldorf umgeleitet, wo es am 05.03.2011 um 08:12 Uhr gelandet sei. Dort sei die weitere Wetterentwicklung abgewartet worden. Zudem habe das Flugzeug nachbetankt werden müssen. Den Passagieren sei Gelegenheit gegeben worden, das Flugzeug zu verlassen. Auch um 08:50 Uhr habe der Wetterbericht für den Flughafen Paderborn weiterhin nur eine Sichtweite von 200 m und gefrierenden Nebel ergeben. Erst um 09:50 Uhr habe der Wetterbericht eine ausreichende Sichtweite sowie keinen überfrierenden Nebel ergeben. Um 11:40 Uhr habe das Flugzeug die Parkposition auf dem Flughafen Düsseldorf verlassen und habe nach einer Wartezeit von 23 Minuten auf dem Rollfeld warten müssen, bis eine Startfreigabe erteilt worden sei. Um 12:03 Uhr sei der Start erfolgt, die Flugzeit nach Paderborn habe 25 Minuten betragen. Die Landung sei um 12:28 Uhr in Paderborn erfolgt, um 12:35 Uhr sei die Parkposition erreicht worden. Das Boarding der 213 Passagiere habe dann ca. eine Stunde gedauert, so dass das Flugzeug um 13:30 Uhr die Parkposition verlassen habe und um 13:39 Uhr gestartet sei. Im Übrigen habe auch kein anderes Flugzeug der vorhandenen Flotte auf dem streitgegenständlichen Flug eingesetzt werden können. Die Beklagte habe zum streitgegenständlichen Zeitpunkt über eine Flotte von 16 Flugzeugen verfügt. Diese seien alle verplant und voll gebucht gewesen, wobei sich ein Flugzeug in der Wartung befunden habe und zwei Flugzeuge vermietet worden seien.
Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass der Anspruch um 50 % zu kürzen sei in entsprechender Anwendung des Art. 7 Abs. 2c) der VO.
Replizierend behauptet der Kläger, die Beklagte habe eine ordnungsgemäße Flugplanung nicht durchgeführt, da der sogenannte TAF Wetterbericht, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, am 04.03.2011 gegen 23:00 Uhr für den Flughafen Paderborn feuchten Dunst und unterkühlten bzw. gefrierenden Nebel ausgewiesen habe. Die Beklagte hätte sich auf die winterlichen Wetterbedingungen technisch, personell und operativ einstellen müssen, was sie nicht getan habe. Im Übrigen sei eine ausreichende Bodensicht zur Landung am 05.03.2011 gegen 08:00 Uhr vorhanden gewesen. Auf dem Flughafen Paderborn habe es zwischen 08:00 Uhr und 10:00 Uhr Flugbewegungen mit Starts und Landungen, auch von Großflugzeugen gegeben. Trotz der mit Nichtwissen bestrittenen Umleitung nach Düsseldorf sei es der Beklagten möglich gewesen, das Flugzeug in Düsseldorf mit einer geringeren Verspätung, nämlich um 10:50 Uhr starten zu lassen.
Der Kläger ist der Ansicht, der Entlastungsbeweis sei der Beklagten nicht gelungen, da sie beweisen müsse, dass sich die Verspätung nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, beispielsweise eine gewisse Zeitreserve einzuplanen. Im Übrigen seien widrige Wetterbedingungen nicht als Entlastungsgrund anzusehen. Eine Kürzung des Anspruchs um 50 % sei nicht vorzunehmen, da es sich vorliegend nicht um eine anderweitige Beförderung im Sinne der Verordnung handle.
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