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Randalierer im Flieger: Konsequenzen und die Rechte von Passagieren und Crew

Reiserecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

Viele werden ihn auf einer Geschäfts- oder Urlaubsreise schon einmal erlebt haben: Den im Fachjargon als „Unruly Passenger“ bezeichneten Fluggast.

„Unruly Passengers“ sind Fluggäste, die durchdrehen, einen Streit beginnen, pöbeln, das Personal belästigen oder gar eine Schlägerei anfangen. Wenn  deren Gewaltbereitschaft auf die Nervosität anderer Fluggäste trifft, kann es zu unkontrollierbaren Gewaltausbrüchen kommen.

Die Zahl der „Unruly Passengers“ ist in den vergangenen Jahren bedrohlich angestiegen. Ungefähr ein Fall pro 550 Flüge wird mittlerweile gemeldet, die Dunkelziffer könnte noch höher liegen.

Welche Konsequenzen drohen dem Randalierer?

Zunächst bringen verschiedene Fluggesellschaften jede auch nur geringste Störung der Flugsicherheit zur Anzeige.

Sodann bilden die Fluggesellschaften ihr Personal speziell aus, damit diese mittels verschiedener Deeskalationstechniken eine außer Kontrolle geratene Situation wieder beherrschbar machen. Die Ausbildung ist vom Gesetzgeber vorgeschrieben.

Verstöße gegen die Flugsicherheit können mit Geldstrafe oder mit Gefängnisstrafen bis zu 10 Jahren geahndet werden. Nach der Landung gilt das jeweilige Recht des Landesstaates. Es kommt dann darauf an, ob das Landesrecht das Verhalten des Fluggastes als Straftat betrachtet oder nicht. Hier ist die Rechtslage oft unklar.

Tritt die Erweiterung zum Tokioter Abkommen, das Montreal-Protokoll, in Kraft so soll sich dies ändern. Dann wird die Strafverfolgung sowohl im Abflugs- als auch im Zielland möglich sein.

Landen Randalierer auf der No-Fly-Liste?

Fluggesellschaften sind durchaus dazu berechtigt, zum Beispiel randalierenden Passagieren ein Flugverbot zu erteilen, wenn eine (künftige) Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann.

Reisende, die auf der No-Fly-List landen, werden von der Fluggesellschaft nicht mehr transportiert. Teilweise tauschen Fluggesellschaften diese Listen sogar untereinander aus, in Deutschland stehen dem Austausch jedoch datenschutzrechtliche Gründe entgegen.

Welche Rechte haben Kapitän und Flugpersonal?

Das internationale Flugrecht, namentlich das Tokioter Abkommen von 1963, räumt dem Flugkapitän polizeiliche Kompetenzen ein. So kann er freiheitsentziehende Maßnahmen, wie etwa das Anlegen von Handschellen, anordnen oder Anweisung erteilen, dass zur Ruhigstellung geeignete Medikamente eingesetzt werden. Schusswaffen dürfen hingegen weder mitgeführt, noch eingesetzt werden. Die übrigen Besatzungsmitglieder dürfen dann Zwangsmaßnahmen ergreifen, wenn dies aus Sicherheitsgründen unmittelbar notwendig ist.

Gelingt es dem Kabinenpersonal nicht aus eigener Kraft, den Randalierer dingfest zu machen, kann der Kapitän Hilfestellung durch andere Passagiere anordnen.

Im schlimmsten Fall kommt eine Zwischenlandung in Betracht, um den Störer der zuständigen Polizeieinheit zu übergeben. Die Kosten einer solchen Zwischenlandung, die sich leicht auf mehrere 10.000 Euro belaufen können, hat der Randalierer zu tragen.

Wenn sich das Flugzeug noch nicht in der Luft befindet, ist diese Norm zwar nicht unmittelbar einschlägig. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung muss sie jedoch auch für eine Entscheidung am Boden vor dem Start gelten. Auch dann kann also der Kapitän einen Reisenden von Bord verweisen.

Wenn es zu einer Flugverspätung wegen eines randalierenden Passagiers kommt

Macht ein Fluggast aufgrund seines Verhaltens beispielsweise eine Zwischenlandung erforderlich oder verursacht sonstige Verzögerungen, so führt dies auch für die anderen Fluggäste zu Beeinträchtigungen. Wird der Flug annulliert oder verspätet er sich erheblich, so fordert so mancher Passagier eine EU-Ausgleichszahlung als Kompensation.

Doch so einfach ist dies nicht - so hat der EuGH entschieden, dass das störende Verhalten eines Fluggastes einen „außergewöhnlichen Umstand“ darstellen kann, der das Luftfahrtunternehmen von seiner Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen wegen der Annullierung oder großen Verspätung des betreffenden Fluges oder eines nachfolgenden Fluges befreien kann, den es selbst mit demselben Luftfahrzeug durchgeführt hat (EuGH, 11.06.2020 - Az: C-74/19).

Denn ein Randalierer an Bord kann nicht als Teil der normalen Tätigkeit einer Fluggesellschaft betrachtet werden. Zudem ist das Verhalten des Passagiers nicht von Fluggesellschaft beherrschbar.

Anders wäre die Rechtslage dann zu betrachten, wenn es sich herausstellt, dass das Unternehmen zum Auftreten des Verhaltens beigetragen hat, oder wenn es aufgrund der Anzeichen für ein solches Verhalten imstande war, es vorauszusehen und angemessene Maßnahmen zu einem Zeitpunkt zu ergreifen, als es dies ohne bedeutende Folgen für den Ablauf des betreffenden Fluges tun konnte. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn das Luftfahrtunternehmen einen Fluggast hat an Bord gehen lassen, der vor oder beim Anbordgehen bereits Verhaltensstörungen gezeigt hat.

Das Luftfahrtunternehmen hat jedoch als zumutbare Maßnahmen, die es zur Befreiung von seiner Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen ergreifen muss, die frühestmögliche anderweitige Beförderung der Fluggäste durch andere direkte oder indirekte Flüge zu gewährleisten, die gegebenenfalls von anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden.

Es kann mithin nicht davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt hat, wenn es sich darauf beschränkt, dem betroffenen Fluggast eine anderweitige Beförderung zu seinem Endziel durch den nächsten Flug anzubieten, den es selbst durchführt und der am Tag nach dem ursprünglich vorgesehenen Ankunftstag am Ziel ankommt, es sei denn, auf einem anderen direkten oder indirekten Flug, der es dem Fluggast ermöglicht, mit weniger Verspätung als der nächste Flug des betreffenden Luftfahrtunternehmens an seinem Endziel anzukommen, ist kein Platz verfügbar oder die Durchführung einer solchen anderweitigen Beförderung stellt für das Luftfahrtunternehmen angesichts seiner Kapazitäten zum maßgeblichen Zeitpunkt ein nicht tragbares Opfer dar.
Stand: 01.11.2024 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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