Die Bundesregierung hat am 10.06.2020 die von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Eckpunkte zur Neuregelung der Insolvenzsicherung im Reiserecht beschlossen.
Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Christine Lambrecht, erklärt:
„Der Fall Thomas Cook hat gezeigt, dass das bestehende System der Kundengeldabsicherung die Gefahr begründet, dass Reisende nicht so entschädigt werden, wie es von der EU-Pauschalreiserichtlinie vorgesehen ist. Wir haben das Insolvenzsicherungssystem im Reiserecht daher grundlegend neu geregelt. Die Absicherung der Kundengelder soll künftig über einen Fonds erfolgen, der sich aus Beiträgen der Reiseveranstalter finanziert. Auf diese Weise wird ein umfassender Schutz der Reisenden sichergestellt.“
Die Eckpunkte beinhalten eine strukturelle Änderung des Systems der Insolvenzsicherung im Pauschalreiserecht. Neben einem Fonds für die Absicherung der Kundengelder und eine notwendige Rückbeförderung von Reisenden im Insolvenzfall soll eine bonitätsabhängige Sicherheit durch die Reiseveranstalter bereitgestellt werden. Im Insolvenzfall soll dann zunächst die jeweilige vom Reiseveranstalter geleistete Sicherheit verwertet werden. Erst danach kann auf den Fondskapitalstock zugegriffen werden, der in der Aufbauphase in einer noch festzulegenden Höhe durch eine zeitlich befristete staatliche Garantie abgesichert wird. Letzte Sicherheit sollen dann noch eine Rückdeckungsversicherung und/oder Kreditzusagen bieten.
Ziel der Neuregelung ist ein umfassender Schutz der Reisenden. Auf Grundlage der Eckpunkte wird das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen Gesetzentwurf erarbeiten.
Eckpunkte
Die Absicherung sämtlicher Risiken, also der Vorauszahlungen und der Repatriierung wie auch der weiteren Kosten, die im Fall der Insolvenz nach Reiseantritt entstehen können, ist nur durch Einzahlungen in einen Pflichtfonds möglich.
Reiseveranstalter, die nicht über den Fonds abgesichert sind, können keine
Pauschalreisen anbieten.
Der Fonds wird von einer Juristischen Person getragen, deren Governance so ausgestaltet werden soll, dass sie die Vertreter der betroffenen (privaten) Interessengruppen beteiligt bzw. auch inhaltlich einbindet.
Die Mitgliedschaft im Fonds wird grundsätzlich von einer bonitätsabhängigen Sicherheitsleistung (z. B. Versicherung, Bankbürgschaft) abhängig gemacht. Übergangsregelungen für die Anfangsphase des Fonds werden geprüft.
Der Fonds finanziert sich aus Beiträgen der Reiseveranstalter, die diese für den Reisenden transparent machen können. Für das erste Jahr können die Beiträge pauschal und unabhängig von der Bonität des jeweiligen Veranstalters festgelegt werden.
In den Folgejahren werden die Bonität und das individuelle Risiko bei der Beitragsberechnung berücksichtigt.
Die Beiträge dienen zur Finanzierung der Verwaltungskosten und der Struktur des Fonds, dem Aufbau eines Zielkapitalstocks sowie der Finanzierung der Kosten einer Rückversicherung und/oder von Kreditzusagen.
Der Fonds hält eine im Ernstfall sofort einsatzfähige operative Struktur für die organisatorische Abwicklung der Repatriierung vor.
Der Zielkapitalstock soll ausreichen, um einen ausreichenden Prozentsatz des Vorjahresumsatzes des umsatzstärksten abzusichernden Reiseveranstalters zuzüglich eines Sicherheitszuschlags abzudecken.
Im Insolvenzfall werden die Kosten wie folgt gedeckt:
1. Stufe: Verwertung der bonitätsabhängigen Sicherheit, die jeder Reiseveranstalter, der am Fonds teilnimmt, stellen muss;
2. Stufe: Finanzierung aus dem Fondskapitalstock (mit Wiederauffüllung des Zielkapitalstocks aus künftigen Beiträgen); in der Aufbauphase des Fonds wird der Zielkapitalstock durch eine zeitlich befristete staatliche Garantie abgesichert;
3. Stufe: Finanzierung aus einer Rückdeckungsversicherung und/oder Kreditzusagen für Schäden, die nicht aus dem Fondsvermögen gedeckt werden.
Veröffentlicht: 10.06.2020
Quelle: PM des BMJV