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Kündigung nach § 544 BGB ist bei einem unbefristeten Mietvertrag unwirksam

Mietrecht | Lesezeit: ca. 25 Minuten

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Auf Verträge, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden ist § 544 BGB (unmittelbar) nicht anwendbar. Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag tatsächlich länger als 30 Jahre läuft. Ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, kann deshalb auch nach mehr als 30 Jahren nicht gemäß § 544 BGB gekündigt werden.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte mietete von der Rechtsvorgängerin des Klägers mit Mietvertrag vom 31. März 1992 die aus einem Zimmer sowie Küche, Toilette, Dusche, Bad und Diele bestehende, inzwischen im Eigentum des Klägers stehende Wohnung.

Im Mietvertrag wird unter „§ 3 Außerordentliches Kündigungsrecht des Vermieters“ folgende Regelung getroffen:

„Der Vermieter kann aus den gesetzlichen Gründen das Mietverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung kündigen.“

Am 28. April 1992 schlossen die Beklagte und die Rechtsvorgängerin des Klägers eine „Zusatzvereinbarung über des [den] abgeschlossenen Mietvertrag vom 31.03.1992 zwischen der Grundstücksgemeinschaft R. in Vertretung von Frau I. R. und der Mieterin Frau A.“, die unter anderem folgenden Inhalt hat:

„Zu § 2 Mietzeit:

Die Mietzeit läuft auf unbestimmte Zeit und kann von Seiten des Vermieters R. nicht gekündigt werden, dies schließt auch eine Kündigung wegen Eigennutzung des Vermieters R. aus.

Zu § 3 Außerordentliches Kündigungsrecht des Vermieters:

Der § 3 wird aufgehoben.“

Mit Anwaltsschreiben vom 18. Oktober 2022 sprach der Kläger wegen verschiedener, im einzelnen dargestellter Vertragsverletzungen unter Bezugnahme auf §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Nummer 2, Abs. 3 Nummer 1 und Nummer 2, 569 Abs. 2 BGB die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus, hilfsweise die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Mit Urteil vom 30. Juni 2023 hat das Amtsgericht die Beklagten unter anderem zur Räumung der von diesen in der gehaltenen Wohnung verurteilt.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Kläger das Mietverhältnis mit der Kündigung vom 18. Oktober 2022 gemäß § 544 Satz 1 BGB wirksam gekündigt habe. Das Mietverhältnis sei aufgrund der Zusatzvereinbarung für eine längere Zeit als 30 Jahre geschlossen worden. Einer Vereinbarung von mehr als 30 Jahren Vertragsdauer stehe ein Mietvertrag gleich, der vor Ablauf dieser Zeit durch eine oder beide Partner Vertragspartei nicht gekündigt werden könne, gleich, wenn das Kündigungsrecht auf die Dauer von mehr als 30 Jahren generell und nicht nur für einzelne Kündigungsgründe ausgeschlossen sei. Ein solches Mietverhältnis sei hier insbesondere aufgrund der Zusatzvereinbarung begründet worden, die 30 Jahre mit Ende des 28. April 2022 abgelaufen. Für die Wirksamkeit der Kündigung bedürfe es keines Kündigungsgrundes, da § 544 Satz 1 BGB ein formelles Kündigungsrecht einräume, was allein abhängig vom Ablauf der 30 Jahre sei. Die außerordentliche Kündigung des Wohnraummietvertrages mit gesetzlicher Frist sei gemäß § 573 d Abs. 2 Satz 1 Alt 1 BGB spätestens am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigung vom 18. Oktober 2022 habe somit das Mietverhältnis mit Ablauf des 31. Januar 2023 beendet.

Gegen das Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt.

Die Beklagten beanstanden, dass der Kläger seine Kündigung nicht auf § 544 BGB gestützt habe. Eine Umdeutung der ausgesprochenen Kündigung in eine Kündigung nach § 544 BGB sei nicht möglich, da der Kläger von dem Sonderkündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht habe. Eine Kündigung nach § 544 BGB sei zudem nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Die Beklagten verweisen zudem darauf, dass das Amtsgericht den Regelungszweck des § 544 BGB nicht berücksichtigt habe. Nach den Motiven des Gesetzgebers solle eine Art Erbmiete verhindert werden, eine eigentümerähnliche dingliche Stellung des Mieters. Aufgrund des § 575 BGB sei ein Zeitmietvertrag nicht mehr zeitlich beschränkt, sondern gegenständlich. Ein Wohnraummietvertrag über eine Dauer von 30 Jahren sei daher nur dann möglich, wenn die Befristungsgründe des § 575 Nr. 1 bis 3 BGB vorliegen. Der einseitige Kündigungsverzicht auf Vermieterseite sei kein befristeter Vertrag, so dass § 544 BGB nicht anzuwenden sei. Die Regelung komme erst dann zur Anwendung, wenn beide Vertragsparteien auf ihr Kündigungsrecht verzichtet haben.

Nach Zurücknahme der Berufung gegen den Tenor zu 3 und zu 4 der Entscheidung des Amtsgerichts haben die Beklagten zuletzt beantragt, das Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung. Er meint auf die Regelung des § 544 BGB hätte das Amtsgericht nicht hinweisen müssen. Unstreitig sei zwischen den Parteien gewesen, dass durch den am 31. März 1992 geschlossene Mietvertrag ein unbefristetes Mietverhältnis begonnen habe. Bereits ein unbefristetes Mietverhältnis stelle einen Mietvertrag dar, der über eine längere Zeit als 30 Jahre geschlossen ist. Hieran ändere auch die Zusatzvereinbarung vom 28.4.1992 nichts. Der Kläger meint, Voraussetzung für die Anwendung des § 544 BGB sei nicht die tatsächliche Dauer, sondern die Dauer der vertraglichen Bindung. Diese Voraussetzung sei auch bei einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossen Mietvertrag gegeben, in dem für beide oder auch nur ein Teil die Kündigung ausgeschlossen ist. Auch wenn die Reichweite des § 544 BGB höchstrichterlich noch nicht vollständig geklärt sei, sei der Anwendungsbereich der Norm hier eröffnet. Zwar könne auch ein Mietvertrag, der auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde, in den Anwendungsbereich des § 544 BGB fallen. Dies gelte nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 544 BGB in Fällen des vollständigen Ausschlusses des Rechts zur Kündigung für eine Partei. Rechtswidrig sei die Ansicht der Beklagten, die Kündigungserklärung habe nicht zu einer Beendigung des Mietverhältnisses geführt, weil der Kläger sich in dieser Erklärung nicht explizit auf die Regelung des § 544 BGB bezogen habe. Die Beklagten würden übersehen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 544 Satz 1 BGB der Vertrag nach Ablauf von 30 Jahren seit Überlassung der Mietsache bzw. wie im vorliegenden Fall seit der Änderungsvereinbarung vom 28. April 1992 kündbar werde.

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