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Sonderkündigungsrecht bei Zwangsversteigerung und der Kündigungsausschluss

Mietrecht | Lesezeit: ca. 39 Minuten

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Der Ausübung des Sonderkündigungsrechts des Erstehers nach § 57a ZVG stehen, wenn die Zuschlagserteilung zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erfolgt, Kündigungsbeschränkungen - hier: Ausschluss der Eigenbedarfskündigung -, die zwischen dem Mieter und dem vormaligen Eigentümer (Vermieter) vereinbart worden sind, nicht entgegen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte ist seit Mai 2005 Mieter einer Eigentumswohnung in München. In § 15.5 des mit dem damaligen Eigentümer abgeschlossenen Mietvertrag ist unter anderem folgende Vereinbarung enthalten:

„Eine Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter ist ausgeschlossen.“

Die Kläger erwarben die Wohnung nach Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens gegen den vormaligen Eigentümer mit Zuschlagsbeschluss vom 16. Oktober 2018. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2018 erklärten sie gegenüber dem Beklagten die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs, da die Wohnung für den volljährigen Sohn benötigt werde.

Das Amtsgericht hat der auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten, mit welcher er die Bindung der Kläger an den vertraglichen Ausschluss der Eigenbedarfskündigung sowie die unzureichende Begründung der Kündigungserklärung geltend gemacht hat, hat das Landgericht zurückgewiesen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Die Kündigung der Kläger wegen Eigenbedarfs habe das Mietverhältnis zwischen den Parteien beendet. Die Kläger seien nicht an den im Mietvertrag zwischen dem Beklagten und dem Voreigentümer vereinbarten Ausschluss der Eigenbedarfskündigung gebunden, da sie fristgerecht das ihnen als Ersteher der Eigentumswohnung zustehende Sonderkündigungsrecht gemäß § 57a ZVG ausgeübt hätten. Die Kündigung genüge auch dem Begründungserfordernis nach § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Der Ersteher trete gemäß § 57 ZVG, § 566 BGB in das bestehende Mietverhältnis ein. Dies werde jedoch nach Maßgabe des § 57a ZVG eingeschränkt, wonach der Ersteher berechtigt sei, das Mietverhältnis zum ersten zulässigen Termin unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Diese Norm beziehe sich nicht nur auf Kündigungsfristen, sondern führe auch dazu, dass der Ersteher an einen etwaigen vertraglichen Kündigungsausschluss nicht gebunden sei. Aus der Bestimmung des § 573d Abs. 1 BGB, der für diesen Fall der außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist die Vorschriften der §§ 573, 573a BGB für entsprechend anwendbar erkläre, ergebe sich lediglich, dass der Mieter bei Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 57a ZVG den gesetzlichen, nicht jedoch einen überschießenden vertraglichen Mieterschutz für sich in Anspruch nehmen könne.

Zutreffend habe das Amtsgericht auf einen Vergleich mit dem nahezu wortgleichen § 1056 Abs. 2 Satz 1 BGB abgestellt. Hiernach sei der Eigentümer, der nach dem Ende eines Nießbrauchs gemäß § 1056 Abs. 1, § 566 BGB in das Mietverhältnis eintrete, berechtigt, dieses unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei anerkannt, dass das Sonderkündigungsrecht des Eintretenden ohne Beschränkungen, welche der Nießbraucher beziehungsweise der Vorerbe (§ 2135 BGB) mit dem Mieter vereinbart habe, ausgeübt werden könne. Der Sinn und Zweck von § 57a ZVG einerseits sowie von § 1056 Abs. 2 Satz 1 BGB andererseits stimme überein. Der Nießbraucher und der Vorerbe hätten nicht die Rechtsmacht, den Eigentümer und Nacherben über ihr eigenes Recht hinaus zu benachteiligen. Dem Eigentümer und Vermieter, der sein Eigentum durch Zwangsversteigerung verliere, gewähre das Recht ebenfalls nicht die Macht, Bindungen, die er eingegangen sei, fortbestehen zu lassen.

Die Vorschrift des § 57a ZVG schütze den Realkredit und erleichtere es Grundstückseigentümern, Darlehen zu erhalten. Aufgrund des dem Ersteher zustehenden Sonderkündigungsrechts habe der Gläubiger die Gewähr, dass der Eigentümer durch einen Mietvertrag die Verwertungsmöglichkeit des als Sicherheit dienenden Grundstücks in der Zwangsvollstreckung nicht über das gesetzliche Maß hinaus beeinträchtige, indem er dessen Wert durch den Abschluss ungünstiger Mietverträge mindere. Ein Gläubiger sei daher eher bereit, dem Eigentümer einen Kredit zu gewähren, als dies ohne die Vorschrift des § 57a ZVG der Fall wäre.

Auch die auf den Gesetzesmaterialien basierende historische Auslegung des § 57a ZVG ergebe, dass das Sonderkündigungsrecht des Erstehers nicht durch vertragliche Vereinbarungen, welche dazu führten, dass die Immobilie noch Jahrzehnte im Besitz des Mieters bleibe, eingeschränkt werden könne.

Schließlich ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. April 1982 (Az: VIII ARZ 16/81), in welcher ausgeführt sei, die Wirkung des Sonderkündigungsrechts aus § 57a ZVG erschöpfe sich in der Gewährung eines zeitlichen Vorteils in Form einer, von der Dauer des Mietverhältnisses unabhängigen, kurzen Kündigungsfrist, nicht eine Bindung an vertragliche Kündigungsbeschränkungen. Denn diese besage nichts anderes, als dass auch im Rahmen des § 57a ZVG der gesetzliche Kündigungsschutz zugunsten des Mieters greife; zudem habe ihr ein anderer Sachverhalt zu Grunde gelegen.

Die Kündigung der Kläger vom 20. Oktober 2018 sei auch hinreichend begründet und damit formell wirksam. Ausreichend sei die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt werde, sowie die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung habe. Diesen Anforderungen werde die Kündigungserklärung gerecht.

In ihr sei ausgeführt, das von den Klägern bewohnte Haus sei „zu eng für vier Kinder“; die „kleine Tochter und wir“ müssten dort „derzeit zusammen im Wohnzimmer“ wohnen. Auch wenn genaue Angaben zu der Größe der bisher bewohnten Räumlichkeiten sowie zu den Familienverhältnissen fehlten, lasse sich der Kündigung hinreichend konkret entnehmen, dass insgesamt sechs Personen - die Kläger und vier Kinder - in beengten Verhältnissen in einem Haus zusammenlebten. Ferner sei dargelegt worden, dass eines der Kinder - „mein Sohn“ - in die Mietwohnung umziehen und eines der anderen Kinder - „meine Tochter“ - in das infolge des Umzugs des Sohnes freiwerdende Zimmer „ziehen“ solle. Auch wenn der Name des „20 Jahre alt(en)“ Sohnes nicht genannt und nicht angegeben werde, dass es sich (allein) um den Sohn der Klägerin zu 2 aus erster Ehe handele, genüge dies zur Individualisierung der Bedarfsperson. Schließlich gehöre die Angabe zur genauen Größe des Hauses und zum Alter der übrigen (drei) Kinder nicht zu den in der Eigenbedarfskündigung - aus formellen Gründen - anzugebenden Kerntatsachen.

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