Kündigt der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis nach
§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a) BGB wegen
Zahlungsverzugs des Mieters fristlos und hilfsweise auch fristgemäß, lässt der nachträgliche Ausgleich der Rückstände innerhalb der Frist des
§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB jedoch nicht auch ohne weiteres die fristgemäße Kündigung entfallen.
So kann den Mieter im Rahmen des
§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, der eine schuldhafte Pflichtverletzung voraussetzt, eine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit entlasten. Die Vorschrift eröffnet dem Mieter im Gegensatz zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs die Möglichkeit, sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe zu berufen und so sein etwaiges Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen zu lassen.
So kann auch ein Zahlungsverzug wegen Depressionen des Mieters einer Kündigung des Vermieters entgegenstehen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte vorliegend jedenfalls festgestellt werden, dass der Beklagte in der betreffenden Zeit der aufgelaufenen Zahlungsrückstände aufgrund seiner psychischen Erkrankung sowohl in seiner Erwerbsfähigkeit wie auch in der Fähigkeit, sich um Hilfestellung zu bemühen, erheblich eingeschränkt war.
Der Sachverständige G, der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie ist und damit über die erforderliche Sachkunde verfügt, hat in seinem Gutachten auf Grundlage seiner eigenen Untersuchung des Beklagten am 30.06.2020 sowie unter Auswertung der ihm vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen/Behandlungsberichte/Entlassungsberichte sowie auf Grundlage von Telefonaten mit den den Beklagten behandelnden Ärzten die Feststellung getroffen, dass der Beklagte vom Sommer bis in den Herbst 2019 diagnostisch an einer schweren depressiven Episode gelitten hat. Dies hat sich in die jahrelange Krankheitsgeschichte des Betroffenen eingefügt.
Er führt hierzu aus, dass infolge der depressiven Episode eine schwere Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit und kognitive Verzerrung seines Selbstbildes vorgelegen habe.
Der Beklagte erschien hoffnungslos bis hin zur Suizidalität, er habe in einer depressiven Passivität verharrt. Weiterhin habe er Konzentrations- und Gedächtnisstörungen gehabt, wie sie auch bei depressiven Episoden häufig anzutreffen seien.
Der Sachverständige fasste zusammen, dass es dem Beklagten daher krankheitsbedingt nicht möglich gewesen sei, seine Angelegenheiten zu regeln oder adäquat auf Anforderungen von außen zu reagieren. Es sei davon auszugehen, dass der Beklagte krankheitsbedingt in den Sommermonaten bis zum frühen Herbst hinein nicht in der Lage gewesen sei, seiner freiberuflichen Tätigkeit als Journalist nachzugehen oder, wie sonst üblich, Redaktionsvertretungen in anderen Bereichen durchzuführen.
Zum Weiterlesen bitte anmelden oder kostenlos und unverbindlich registrieren.