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Betriebskostenabrechnung: Wenn der Vermieter keine Belegeinsicht gewährt

Mietrecht | Lesezeit: ca. 9 Minuten

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Die Betriebskostenabrechnung ist ein häufiger Auslöser mietrechtlicher Streitigkeiten. Besonders konfliktträchtig ist die Frage, ob und in welchem Umfang der Mieter Einsicht in die Abrechnungsunterlagen verlangen kann.

Anspruch auf Einsicht in Abrechnungsunterlagen

Vermieter von preisfreiem Wohnraum sind nicht dazu verpflichtet, der Betriebskostenabrechnung Kopien der Abrechnungsbelege beizulegen. Daher umfasst  das Recht des Mieters auf eine formell und materiell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung nach gefestigter Rechtsprechung auch das Recht auf Einsicht in die zugrunde liegenden Belege. Der Vermieter muss dem Mieter auf dessen Verlangen hin Einsicht in die Originalbelege gewähren oder eine Kopie der entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellen. Dies dient der Transparenz und ermöglicht dem Mieter, die Abrechnung auf ihre Richtigkeit und Plausibilität zu überprüfen.

Es handelt sich hierbei um einen grundsätzlichen Anspruch - weder muss ein konkreter Anlass bestehen, noch eine Begründung durch den Mieter erfolgen (BGH, 07.02.2018 - Az: VIII ZR 189/17).

Umfang und Ort der Einsichtnahme

Die Belegeinsicht hat grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Vermieters oder seiner Hausverwaltung zu erfolgen. Der Mieter kann in der Regel nicht verlangen, dass ihm sämtliche Unterlagen unaufgefordert zugesandt werden. Es genügt, wenn der Vermieter einen zumutbaren Termin zur Einsicht anbietet. Eine Verpflichtung zur postalischen Übersendung besteht nur, wenn dem Mieter die persönliche Einsichtnahme nicht zugemutet werden kann.

Der Vermieter, der seinen Wohn- oder Geschäftssitz nicht am Ort der Mietwohnung  hat, muss allerdings dafür sorgen, dass der Mieter eine angemessene und zeitlich ausreichende Einsichtmöglichkeit am Ort der Mietwohnung hat.

Die Einsichtnahme umfasst alle relevanten Originalbelege, insbesondere Rechnungen, Zahlungsbelege, Wartungsverträge, Versicherungsnachweise und ggf. Umlageschlüssel. Auch interne Verrechnungsunterlagen oder Pauschalierungsvereinbarungen sind auf Verlangen zugänglich zu machen. Der Mieter ist zudem berechtigt, Abschriften oder Fotografien der Belege anzufertigen.

Dem Mieter steht ein Einsichtsrecht in die Liste über die abgelesenen Messwerte sowie der Verbrauchsdaten aller Mieter die in diese Heizkostenabrechnungen eingeflossen sind zu, da er nachvollziehen können muss, auf welchen Einzeldaten die eigene Abrechnung basiert.

Das Einsichtrecht gilt, soweit es zur Nachprüfung der Richtigkeit einer Kostenverteilung erforderlich ist, auch für Unterlagen, die andere Mieter betreffen. Vorschriften des Datenschutzes stehen dem nicht entgegen. Besonders schutzwürdige Daten anderer Mieter kann der Vermieter schwärzen.

Nicht erforderlich ist es, dass dem Mieter sämtliche Buchhaltungsunterlagen, Kontoauszüge oder Verträge mit Dritten offenbart werden. Die Einsicht erstreckt sich lediglich auf diejenigen Unterlagen, die für die Nachvollziehbarkeit der Abrechnung wesentlich sind.

Folgen bei verweigerter Einsicht

Wird dem Mieter die Einsicht in die Abrechnungsbelege nicht gewährt, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die Fälligkeit etwaiger Nachzahlungsforderungen. Denn ohne die Möglichkeit zur Überprüfung kann der Vermieter aus einer solchen Abrechnung keine Nachzahlung verlangen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abrechnung formell ordnungsgemäß erstellt wurde.

Dem Mieter steht in diesem Fall ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich etwaiger Nachforderungen zu (BGH, 08.03.2006 - Az: VIII ZR 78/05; BGH, 29.03.2006 - Az: VIII ZR 191/05).

Unter Umständen können auch die laufenden Nebenkostenvorauszahlungen zurückbehalten werden. Dies gilt zumindest hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen für Heizung und Warmwasser, solange der Vermieter dem Mieter nicht die Einsicht in den zugrunde liegenden Wärmeliefervertrag gewährt (BGH, 22.06.2010 - Az: VIII ZR 288/09; BGH, 22.11.2011 - Az: VIII ZR 38/11).

Eine etwaige Nachforderung aus der Abrechnung kann vom Vermieter in diesem Fall auch gerichtlich nicht durchgesetzt werden.

Der Mieter ist nicht verpflichtet, „ins Blaue hinein“ Zahlungen zu leisten, solange der ihm zustehende Informationsanspruch nicht erfüllt wurde.

Wird dem Mieter eine Einsicht nur selektiv oder in beschränktem Umfang gewährt - etwa durch Herausgabe einzelner, aber nicht sämtlicher Belege -, ist dies nicht ausreichend. Die Einsicht muss vollständig und nachvollziehbar erfolgen. Eine willkürliche Einschränkung ist unzulässig und führt zur Unwirksamkeit der Abrechnungsgrundlage.

Vermieter hat kein Zurückbehaltungsrecht

Dem Vermieter steht grundsätzlich kein Zurückbehaltungsrecht an den Belegen zu. Auch datenschutzrechtliche Erwägungen führen nicht dazu, dass eine Einsicht verweigert werden dürfte. Namen Dritter sind vom Einsichtsrecht des Mieters erfasst. Besonders schutzwürdige Daten anderer Mieter kann der Vermieter schwärzen.

Wird das Einsichtsrecht mit Verweis auf einen hohen Verwaltungsaufwand oder auf ein vermeintlich fehlendes Interesse des Mieters verwehrt, so ist dies unbeachtlich.

Durchsetzung des Einsichtsrechts

Verweigert der Vermieter die Belegeinsicht trotz Aufforderung, kann der Mieter seinen Anspruch gerichtlich geltend machen. In Betracht kommt eine Leistungsklage auf Einsichtnahme, verbunden mit einem Antrag auf Zahlungsklageabwehr hinsichtlich geltend gemachter Nachforderungen. Daneben kann das Einsichtsrecht im Rahmen einer Widerklage oder Einrede im Prozess über Betriebskostennachzahlungen geltend gemacht werden.

In der gerichtlichen Praxis hat sich gezeigt, dass Gerichte die Einsichtnahme konsequent durchsetzen. Der Vermieter wird regelmäßig zur Vorlage der Unterlagen verpflichtet. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Mieter konkrete Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung äußert – es reicht aus, dass er die Unterlagen einsehen möchte.

Kein Ausschluss des Einsichtsrechts im Mietvertrag

Finden sich im Mietvertrag Klauseln, nach denen der Mieter auf die Belegeinsicht verzichtet oder hierzu nicht berechtigt ist, so sind diese unwirksam. Ein Verzicht auf das Belegeinsichtsrecht kann nicht wirksam vereinbart werden – weder durch Individualvereinbarung noch durch formularmäßige Regelung.

Übrigens führt auch eine wiederholt unterlassene Einsicht des Mieters nicht dazu, dass er sein Einsichtrecht für die Zukunft verwirkt. Der Anspruch auf Belegeinsicht besteht grundsätzlich, solange die Abrechnungsfrist nicht verstrichen ist.

Wann kann der Mieter keine Belegeinsicht mehr fordern?

Wenn der Mieter kein berechtigtes Interesse auf Belegeinsicht hat, kann er sein Einsichtnahmerecht nicht ausüben. Dies ist dann der Fall, wenn gegen die Betriebskostenabrechnung keine Einwendungen mehr geltend gemacht werden können, weil die Frist gemäß § 556 Abs. 3 BGB abgelaufen ist oder Rückzahlungsansprüche verjährt oder verwirkt sind.
Stand: 16.07.2025
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