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Vorfälligkeitsentschädigung: Was Sie über Ihre Rechte, Kosten und Knackpunkte wissen sollten

Geld & Recht | Lesezeit: ca. 10 Minuten

Die Vorfälligkeitsentschädigung - ein Begriff, der in der Finanzwelt oft für Verwirrung sorgt. Doch tatsächlich handelt es sich um ein komplexes rechtliches Konstrukt, das für Kreditnehmer in Deutschland erhebliche finanzielle Auswirkungen haben kann.

Die Vorfälligkeitsentschädigung mag auf den ersten Blick wie ein undurchschaubares finanzielles Konstrukt erscheinen, aber sie kann erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Situation eines Kreditnehmers haben.

Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Die Vorfälligkeitsentschädigung ist ein Entgelt, das von Kreditnehmern an ihre Bank gezahlt werden muss, wenn sie ihren Kredit vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit zurückzahlen möchten.

Sie dient dazu, die Zinsverluste auszugleichen, die der Kreditgeber erleidet, wenn der Kredit vorzeitig abgelöst wird. Da Kreditgeber darauf setzen, Zinsen über die gesamte Laufzeit des Kredits zu verdienen, können sie bei vorzeitiger Rückzahlung Zinseinnahmen verlieren. Die Vorfälligkeitsentschädigung soll diese Verluste kompensieren.

Die genauen Bedingungen für die Berechnung und Erhebung einer Vorfälligkeitsentschädigung können in den Kreditverträgen variieren. Diese Vereinbarungen müssen jedoch den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und dürfen die Rechte des Darlehensnehmers nicht unangemessen einschränken.

Rechtliche Grundlagen: Das Bürgerliche Gesetzbuch  und die 3%-Hürde

Die Grundlage für die Vorfälligkeitsentschädigung findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Die relevanten Paragrafen, die die Vorfälligkeitsentschädigung regeln, sind die §§ 490 und 502 BGB.

Gemäß § 490 BGB hat ein Kreditnehmer grundsätzlich das Recht, seinen Kredit vorzeitig zurückzuzahlen. Der Darlehensgeber, also die Bank oder der Kreditgeber, hat in diesem Fall Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für den entgangenen Zinsgewinn.

Allerdings sind hier gewisse Bedingungen zu beachten. Eine davon ist die sogenannte „3%-Hürde“ (§ 502 Abs. 2 BGB). Die Vorfälligkeitsentschädigung bei Verbraucherdarlehen darf in der Regel nicht höher sein als 3% des vorzeitig zurückgezahlten Betrags. Diese Begrenzung dient dem Schutz des Darlehensnehmers.

Gemäß  § 490 BGB kann ein Verbraucher (also eine Privatperson) zudem jederzeit einen Verbraucherdarlehensvertrag kündigen. Dies führt dazu, dass die gesamte Restschuld fällig wird und zudem auch eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen kann.

Fallstricke bei der Berechnung

Die rechtlichen Grundlagen mögen auf den ersten Blick klar erscheinen, doch hier lauern Fallstricke. Banken haben Spielräume bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Sie können beispielsweise „wirtschaftliche Nachteile“ geltend machen, die über die 3%-Hürde hinausgehen. Allerdings müssen diese Nachteile konkret nachgewiesen werden. Dies bedeutet, dass Kreditnehmer das Recht haben, die Berechnung der Entschädigung genau zu überprüfen und auf Nachweise zu bestehen.

Den folgenden Punkten sollte daher genauere Beachtung zuteil werden:

Ungünstige Zinsentwicklung

Wenn die aktuellen Marktzinsen niedriger sind als die Zinssätze im ursprünglichen Darlehensvertrag, kann die Vorfälligkeitsentschädigung höher ausfallen als erwartet. Dies liegt daran, dass die Bank den entgangenen Zinsgewinn bei einer vorzeitigen Rückzahlung berechnet und niedrigere Zinssätze bedeuten einen höheren entgangenen Gewinn für die Bank.

Fehlerhafte Vertragsklauseln

Einige Darlehensverträge enthalten unklare oder ungültige Klauseln zur Vorfälligkeitsentschädigung. In solchen Fällen kann es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, und der Darlehensnehmer sollte rechtlichen Rat einholen, um die Gültigkeit der Klauseln zu überprüfen.

Sonderkündigungsrechte

Wenn der Darlehensvertrag besondere Kündigungsrechte für den Darlehensnehmer vorsieht, sollten diese sorgfältig geprüft werden. In einigen Fällen, wie bei fehlerhaften Widerrufsbelehrungen, kann der Darlehensnehmer ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung kündigen.

Höchstgrenzen beachten

In Deutschland gibt es gesetzliche Höchstgrenzen für die Vorfälligkeitsentschädigung bei Verbraucherdarlehen, insbesondere die „3%-Hürde“. Darlehensnehmer sollten sicherstellen, dass die berechnete Vorfälligkeitsentschädigung diese Grenzen nicht überschreitet.

Kosten und Gebühren

In einigen Fällen können Banken versuchen, zusätzliche Kosten und Gebühren in die Vorfälligkeitsentschädigung einzubeziehen. Darlehensnehmer sollten sicherstellen, dass diese Kosten gerechtfertigt sind und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen.

Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen als Ausweg?

Ein interessanter Aspekt in Bezug auf die Vorfälligkeitsentschädigung ist die Möglichkeit, diese zu umgehen, wenn die ursprüngliche Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Ist dies der Fall, kann der Kreditvertrag widerrufen werden, und die Vorfälligkeitsentschädigung entfällt. Dieser Ausweg kann sich für Kreditnehmer als äußerst vorteilhaft erweisen.

Vorfälligkeitsentschädigung auch fällig, wenn die Bank das Darlehen kündigt?

Es stellt sich die Frage, ob eine solche Vorfälligkeitsentschädigung auch zu zahlen ist, wenn die Bank das Darlehen vorzeitig kündigt. In einem solchen Fall ist es so, dass bis auf wenige Ausnahmen lediglich die angefallenen Verzugszinsen geschuldet werden. Eine gesonderte Vorfälligkeitsentschädigung kann nicht geltend gemacht werden.

Dies hat der BGH in einer mündlichen Verhandlung am 17.01.2013 zu dem Az: XI ZR 512/11 geäußert. Ein Urteil ist in dieser Sache nicht ergangen, da die betreffende Bank die Rückforderungsansprüche des Darlehensgebers vorher anerkannt hat.

In seiner Entscheidung vom 19.01.2016 hat der BGH dann hierzu folgendes entschieden: „§ 497 Abs. 1 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung) enthält eine spezielle Regelung zur Schadensberechnung bei notleidenden Krediten, die vom Darlehensgeber infolge Zahlungsverzuges des Darlehensnehmers vorzeitig gekündigt worden sind. Die Vorschrift schließt die Geltendmacheung einer als Ersatz des Erfüllungsinteresses verlangeten Vorfälligkeitsentschädigung aus.“ (BGH, 19.01.2016 - Az: XI ZR 103/15)

Dies betrifft Kredite, die man als Verbraucher aufgenommen hat. Darlehen, die im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit gewährt worden sind, fallen nicht darunter.

Kündigt nun also eine Bank oder Sparkasse außerordentlich einen Darlehensvertrag wegen Zahlungsverzuges (der Darlehensnehmer konnte die fälligen Raten also nicht mehr zahlen), so verlangt diese im Allgemeinen eine Vorfälligkeitsentschädigung. Oftmals wird der Betrag, der als Vorfälligkeitsentschädigung berechnet worden ist, auch von dem im Zwangsversteigerungsverfahren erbrachten Erlös abgezogen.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes darf eine Bank oder Sparkasse jedoch im Falle einer außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzuges bei Verbraucherdarlehensverträgen keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen!
Stand: 12.01.2021 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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