Die Tierhalterhaftung nach
§ 833 BGB setzt voraus, dass sich eine typische Tiergefahr verwirklicht. Maßgeblich ist ein der tierischen Natur entsprechendes, eigenständiges und unberechenbares Verhalten, das das Schadensgeschehen prägt. Bei Luxustieren führt diese Gefährdungshaftung grundsätzlich zur verschuldensunabhängigen Haftung des Halters für Schäden, die durch die eigene Tiergefahr verursacht werden. Treffen mehrere Tiere aufeinander, sind die beiderseitigen Gefahrenanteile im Rahmen einer analogen Anwendung des § 254 BGB zu berücksichtigen.
Im zu entscheidenden Fall griff ein Pferd ein anderes unvermittelt an und verursachte durch Anrennen und gezielte Tritte erhebliche Verletzungen. Das verletzte Tier stand auf der Weide und zeigte keinerlei eigenes tierisches Verhalten, das das Schadensgeschehen hätte beeinflussen können. Die bloße Anwesenheit auf derselben Weide begründet jedoch keine Tiergefahr im Sinne des § 833 BGB. Eine Haftung des Halters des verletzten Tieres setzt voraus, dass von diesem eine Energieentfaltung ausgegangen ist, die den Schaden mitverursacht hat; ein rein passives Verhalten erfüllt dieses Tatbestandsmerkmal nicht.
Die Schadensersatzforderung wurde durch den Haftpflichtversicherer aufgrund der Annahme, beide Tiere hätten gleichwertig zur Verwirklichung der Tiergefahr beigetragen, gekürzt. Doch diese Argumentation blieb ohne Erfolg. Die passive Haltung des verletzten Pferdes stellte weder ein tierisches Verhalten noch eine haftungsrechtlich relevante Gefahrenverwirklichung dar. Eine Anspruchskürzung nach den Grundsätzen des Mitverschuldens analog § 254 BGB kam daher nicht in Betracht.
Soweit argumentiert wurde, es habe sich um eine Rangauseinandersetzung gehandelt, fehlten tragfähige Anhaltspunkte. Eine solche Auseinandersetzung setzt ein aktives Verhalten beider Tiere voraus. Nur in diesem Fall kann der vom geschädigten Tier ausgehende Gefahrenanteil haftungsrechtlich berücksichtigt werden. Die von der Versicherung herangezogene Entscheidung des LG Göttingen (LG Göttingen, 14.02.2007 - Az: 5 O 21/06) betraf eine Situation wechselseitig aktiver Tiere und war nicht übertragbar. Für das Vorliegen einer solchen Konstellation im zu entscheidenden Fall bestand weder eine tatsächliche Grundlage noch wurde sie bewiesen.
Mangels eigener Tiergefahr des verletzten Pferdes verbleibt es bei der alleinigen Haftung des Halters des angreifenden Tieres. Der vollständige Ersatz der bisherigen tierärztlichen Behandlungskosten sowie der zukünftigen materiellen Schäden war zu leisten.