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Betriebsschließung wegen COVID-19 nicht durch Betriebsschließungsversicherung abgedeckt

Firmen / Gewerbe | Lesezeit: ca. 61 Minuten

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie.

Der Kläger betreibt ein Wellness-Hotel mit etwa 90 Zimmern, wozu auch Schwimmbäder, Saunen, Fitness-Bereiche sowie Bereiche für nichtmedizinische Massage und Physiotherapie und für Freizeitaktivitäten im Rahmen körperlicher Betätigung gehören.

Der Kläger unterhält seit dem 01.09.2003 mit Änderung mit Wirkung zum 07.11.2019 bei der Beklagten eine Betriebsschließungsversicherung. Für den Versicherungsfall der Schließung infolge einer Infektionsgefahr ist eine Tagesentschädigung in Höhe von 50.000,- EUR vorgesehen, wobei eine Entschädigungsleistung bis zu einer maximalen Dauer von 30 Schließungstagen vereinbart ist. Dem Versicherungsverhältnis liegen insbesondere die Allgemeinen Bedingungen für die Betriebsschließungsversicherung - Stand 01.01.2019 (AVB-BS), die besonderen Bedingungen für die Betriebsschließungsversicherung - Stand 01.01.2019 (BBR-BS) und das Produktinformationsblatt zur Betriebsschließungsversicherung wegen Infektionsgefahr (Anlage K1/7) zugrunde.

§ 1 AVB-BS unter der Überschrift „Gegenstand der Versicherung, versicherte Gefahren“ lautet auszugsweise wie folgt:

„1. Versicherungsumfang

Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetzt - IfSG1) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)

a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt (…);

(…)

2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:

a) Krankheiten

- (…)

b) Krankheitserreger

- (…)“

Die Buchstaben a) und b) enthalten die Aufzählung von 18 Krankheiten und 49 Krankheitserregern. Nicht genannt sind die Krankheit COVID-19 und der Krankheitserreger SARS-CoV-2.

In der Fußnote 1 zu § 1 Abs. 1 HS 1 AVB-BS heißt es: „Auf Wunsch werden Auszüge zu den genannten Gesetzestexten zur Verfügung gestellt.“

In § 3 der AVB-BS sind Ausschlüsse geregelt. Hier heißt es wie folgt:

„4. Krankheiten und Krankheitserreger

Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf.“

Ziffer 2 der BBR-BS lautet unter der Unterschrift „Erweiterungen meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger“:

„Zusätzlich zu den in § 1 Ziff. 2 AVB-BS genannten Krankheiten und Krankheitserregern gelten darüber hinaus auch die folgenden Krankheiten des alten Bundes Seuchenschutz Gesetz von 1962 als ebenfalls mitversichert:

- Keuchhusten

- (…)“

Im März 2020 teilte die Beklagte auf ihrer Website mit:

„Am 01.02.2020 wurde der Corona-Virus als meldepflichtige Krankheit im IfSG mit aufgenommen. Da wir u.a. Krankheiten nach §§ 6 und 7 des IfSG versichert haben, gilt eine Betriebsschließung durch eine Behörde aufgrund des Corona-Virus im Rahmen unserer Bedingungen als mitversichert.“

Am 22.03.2020 wurde für das Land Brandenburg eine Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus veröffentlicht, wonach ab dem 23.03.2020 bis zum 19.04.2020 u.a. Einrichtungen, die Freizeitaktivitäten anbieten, für den Publikumsverkehr zu schließen waren (§ 3 Abs. 4), der Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, Schwimmbädern, Fitnessstudios u.a. sowie der Betrieb von Thermen, Wellnesszentren und ähnlichen Einrichtungen untersagt (§ 4 Abs. 1), die Schließung von Gaststätten für den Publikumsverkehr angeordnet (§ 6 Abs. 1) und den Betreibern von Beherbergungsstätten die Beherbergung von Personen zu touristischen Zwecken untersagt wurde (§ 6 Abs. 5). Mit Verordnung vom 17.04.2020 wurden diese Maßnahmen bis zum 08.05.2020 verlängert.

Mit Schreiben vom 31.03.2020 gab der Kläger über seine Versicherungsmaklerin, die X GmbH & Co. KG, gegenüber der Beklagten eine Schadensmeldung ab. Mit Schreiben vom 08.04.2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass kein Versicherungsschutz bestehe, und bot eine „Kulanzzahlung“ in Höhe von 15 % der vereinbarten Tagesentschädigung für die Dauer von 30 Schließungstagen an.

Der Kläger hat behauptet, sein Hotel sei komplett in der Zeit vom 22.03.2020 bis einschließlich 11.06.2020 geschlossen gewesen. Ohne die Schließung wäre es kontinuierlich - 365 Tage im Jahr - geöffnet gewesen. Die Beklagte habe ihm über das Versicherungsmaklerbüro X bereits am 26.02.2020 per E-Mail mitteilen lassen, dass am 01.02.2020 das Corona-Virus als meldepflichtige Krankheit im Infektionsschutzgesetz mit aufgenommen worden sei und, da sie u.a. Krankheiten nach §§ 6 und 7 des IfSG versichert habe, eine Betriebsschließung durch eine Behörde aufgrund des Corona-Virus im Rahmen ihrer Bedingungen als mitversichert gelte.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Schließung seines Hotels sei durch die Versicherungsbedingungen gedeckt. Dass nur das Auftreten einer betriebsinternen Gefahr versichert sei, ergebe sich aus den Bedingungen nicht. Die Liste meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Abs. 2 AVB-BS solle allein dem Versicherungsnehmer einen Überblick über die mitversicherten Krankheiten und Krankheitserreger bieten, hingegen nicht bestimmte, bereits bei erstmaliger Verwendung der AVB-BS meldepflichtige oder später meldepflichtig gewordene Krankheiten und Krankheitserreger vom Versicherungsschutz ausschließen.

Die Beklagte hat bestritten, dass der Kläger von ihrem Homepage-Eintrag Kenntnis hatte und dass sie der klägerischen Versicherungsmaklerin gegenüber in Bezug auf das hiesige Versicherungsverhältnis einen „Versicherungsschutz für Krankheiten nach §§ 6/7 des IfSG“ bestätigt habe. Die Beklagte hat behauptet, insbesondere habe sie eine dahingehende Aussage nicht „über das Versicherungsbüro X“ mitteilen lassen. Vielmehr gebe die Versicherungsmaklerin in ihrer E-Mail vom 26.02.2020 allein den Bedingungswortlaut des § 1 AVB-BS wieder.

Die Beklagte hat u.a. die Auffassung vertreten, es liege kein Versicherungsfall vor. Nach den Versicherungsbedingungen sei eine Betriebsschließung nur dann versichert, wenn sie aufgrund einer aus dem Betrieb selbst herrührenden (betriebsinternen) Gefahr erfolge. Ferner seien alle bedingungsgemäß versicherten Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Abs. 2 AVB-BS namentlich und abschließend aufgeführt und die tabellarische Aufzählung beinhalte weder COVID-19 als Krankheit noch SARS-CoV bzw. SARS-CoV-2 als Krankheitserreger. Belegt werde dies durch die namentliche Erweiterung der den Versicherungsfall auslösenden Krankheiten und Krankheitserreger in den BBR-BS. Zusätzlich zu der abschließenden Auflistung in § 1 Abs. 2 AVB-BS würden zu Gunsten des Versicherungsnehmers durch § 2 BBR-BS ausdrücklich die dort erwähnten Krankheiten mitversichert. Dieser expliziten Erweiterung hätte es nicht bedurft, wenn der Katalog in § 1 Abs. 2 AVB-BS nicht abschließend sei.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.500.000,- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 % in der Zeit vom 01.04.2020 bis zum 09.04.2020 und weitere Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, mindestens jedoch Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 10.04.2020 zu zahlen. Im Übrigen, nämlich hinsichtlich einer Mehrforderung wegen eines weiteren Zinstages, hat es die Klage abgewiesen.

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Antje , Karlsruhe