Eine übermäßige und langandauernde
Videoüberwachung in nahezu sämtlichen Betriebsräumen stellt eine erhebliche Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und kann eine Geldentschädigung rechtfertigen. Maßgeblich sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit.
Die Zubilligung einer Geldentschädigung setzt voraus, dass das Persönlichkeitsrecht durch eine schuldhafte und erhebliche Beeinträchtigung verletzt wurde (§§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB). Geschützt ist insbesondere das Recht am eigenen Bild, das als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dem Einzelnen die Entscheidung über die Anfertigung und Verwendung von Bildaufnahmen zuweist (vgl. BAG, 19.02.2015 - Az:
8 AZR 1007/13). Das Anfertigen und Speichern von Videoaufnahmen ist zugleich eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 und 2 DSGVO.
Eine Zulässigkeit nach § 4 BDSG kommt nicht in Betracht, da es sich bei den überwachten Betriebsräumen nicht um öffentlich zugängliche Räume handelt. Auch § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 BDSG scheidet als Rechtsgrundlage aus. Zum einen erfüllt die Norm nicht die Anforderungen des Art. 88 DSGVO (vgl. BAG, 09.05.2023 - Az:
1 ABR 14/22). Zum anderen fehlten konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten, die eine dauerhafte Überwachung der gesamten Produktionshalle erforderlich gemacht hätten. Gleiches gilt für die Heranziehung von Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO: Eine Einwilligung im
Arbeitsvertrag stellt keine freiwillige und damit wirksame Einwilligung dar, da sie an den Abschluss des Vertrages gekoppelt und nicht hinreichend transparent war. Auch eine Rechtfertigung über Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO scheidet aus, da die Maßnahme unverhältnismäßig war. Mildere Mittel – insbesondere eine auf Eingangs- und Außenbereiche beschränkte Überwachung – standen zur Verfügung.
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