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Corona-Pandemie und die Betriebsschließungsversicherung

Firmen / Gewerbe | Lesezeit: ca. 34 Minuten

Die Klägerin begehrt im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Versicherungsleistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung.

Sie betreibt in A den Gastronomiebetrieb „B“. Für diese Betriebsstätte unterhält sie mit Versicherungsbeginn 25. Januar 2010 bei der Beklagten eine Betriebsschließungsversicherung. Versichert ist für den Fall einer versicherten Betriebsschließung eine Tagesentschädigung von 1.719 €.

Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Bedingungen der Beklagten für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden infolge Infektionsgefahr beim Menschen (Betriebsschließungsversicherung) – BS 2008 (fortan: AVB Betriebsschließung) zugrunde.

Diese lauten auszugsweise wie folgt:

„§ 23 Gegenstand der Versicherung

Ist der versicherte Betrieb von behördlichen Anordnungen (siehe § 25) aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz — IfSG) betroffen, ersetzt der Versicherer den dadurch entstehenden Schaden.

§ 25 Versicherte Gefahren und Schäden

1.11

Behördliche Anordnungen zu Schließung, Desinfektion und Tätigkeitsverboten

Der Versicherer leistet bis zu den in § 30 genannten Entschädigungsgrenzen Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 4)

a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen nach Nr. 4 schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt (Schließung);

4.15

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:

a) Krankheiten



b) Krankheitserreger



5.22

Nicht versicherte Gefahren und Schäden



c) Der Versicherer haftet nicht



cc) bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf,

…“

In der unter § 25 Nr. 4 Buchstaben a) und b) AVB Betriebsschließung enthaltenen Aufzählung ist weder die Krankheit COVID-19 noch der diese verursachende Krankheitserreger SARS-CoV-2 enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien wird auf die AVB Betriebsschließung (Bl. 14 ff. der elektronischen Gerichtsakten I. Instanz [im Folgenden: eGA-I und für die Berufungsinstanz eGA-II]) Bezug genommen.

Am 18. März 2020 erließ der Oberbürgermeister der Stadt A mit Wirkung vom auf die Bekanntgabe folgenden Tag auf der Grundlage des § 28 IfSG in der seinerzeit geltenden Fassung eine Allgemeinverfügung, in der zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 unter anderem die Schließung von Gaststätten angeordnet wurde. Eine entsprechende Untersagung des Betriebs gastronomischer Einrichtungen erfolgte auf der Grundlage des § 32 IfSG durch § 9 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (CoronaSchVO) vom 22. März 2020 (GV.NRW. S. 177a). Während dieses sog. (ersten) Lockdowns war es der Klägerin bis zum 10. Mai 2020 untersagt, ihren Betrieb für Publikum zu öffnen.

Nachdem die Klägerin der Beklagten die Schließung des Betriebs mit Schreiben vom 20. März 2020 anzeigte und Entschädigung begehrte, lehnte die Beklagte ihre Eintrittspflicht ab. Eine anwaltliche Aufforderung zur Leistung blieb erfolglos.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin erstinstanzlich zuletzt auf der Grundlage einer vereinbarten Haftzeit von 30 Tagen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 51.570 €, ferner eine weitere Entschädigung in Höhe von 1.855,62 € wegen schließungsbedingt eingetretener Schäden an Warenvorräten, jeweils nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit begehrt.

Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, ihr stehe für die Dauer der Schließung auf der Grundlage des versicherten Tagessatzes ein Entschädigungsanspruch in Höhe der Klagforderung zu. Die Schließung ihres Betriebes sei auf der Grundlage der AVB Betriebsschließung gedeckt. Antrieb und Motivation für sie, bereits im Jahr 2009 den Versicherungsantrag zu stellen, sei die seinerzeit diskutierte Schweinegrippe gewesen, die im Frühjahr 2009 vom Robert Koch-Institut (RKI) als gesundheitliches Risiko von internationaler Bedeutung eingestuft worden sei. Ihre Geschäftsführerin habe dies zum Anlass genommen, sich bei der örtlichen Agentur der Beklagten zu erkundigen, ob es die Möglichkeit gebe, sich gegen die Folgen einer solchen drohenden Gesundheitsgefährdung zu versichern. Der Versicherungsagent habe daraufhin den Abschluss der alsdann beantragten Betriebsschließungsversicherung empfohlen.

Die Beklagte hat demgegenüber gemeint, eine versicherte Betriebsschließung scheide schon deshalb aus, weil es an einer in den AVB Betriebsschließung vorausgesetzten betriebsinternen Gefahr fehle. Jedenfalls aber seien SARS-CoV-2 und COVID-19 nicht vom Versicherungsschutz umfasst, weil die tabellarische Auflistung in § 25 Nr. 4 AVB Betriebsschließung abschließend sei und insbesondere keine dynamische Verweisung auf die §§ 6 und 7 IfSG enthielte. Schließlich fehle es an einer rechtswirksamen Schließungsanordnung und läge allenfalls eine nicht versicherte Betriebseinschränkung vor.

Das Landgericht hat die Geschäftsführerin der Klägerin angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Versicherungsagenten über die Frage der Motivation der Klägerin für den abgeschlossenen Vertrag. Mit dem angefochtenen Urteil hat es alsdann die Klage abgewiesen. Der Versicherungsfall sei nicht eingetreten. Die Betriebsschließung aufgrund des Coronavirus sei kein versichertes Ereignis im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Geschäftsführerin der Klägerin bei Abschluss der Versicherung durch den Versicherungsagenten über Art und Umfang der Versicherung unzutreffend aufgeklärt oder falsch beraten worden sei.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt und ihr Klagebegehren im Umfang der Schlussanträge erster Instanz weiterverfolgt.

Das Landgericht habe zu Unrecht einen Versicherungsfall verneint. Unzutreffend habe das Landgericht die AVB Betriebsschließung dahin ausgelegt, dass diese mit dem Verweis auf das IfSG und dessen §§ 6 und 7 keine dynamische, sondern eine statische Verweisung beinhalteten. Die Bestimmungen in den §§ 23 und 25 AVB Betriebsschließung seien nicht eindeutig und verständlich. Es fehle insbesondere an einer Klarstellung, dass sich der Versicherungsschutz ausschließlich auf die in § 25 Nr. 4 AVB Betriebsschließung genannten Krankheiten und Krankheitserreger beschränken solle. Tatsächlich sei die Auflistung als bloße Wiedergabe des seinerzeitigen Gesetzesinhaltes gemäß §§ 6 und 7 IfSG zu verstehen. Diese wiederum enthielten seit jeher, ebenso wie auch § 15 IfSG, Öffnungsklauseln, die eine ständig aktualisierte Anwendung des Gesetzes auf bestimmte Entwicklungen ermöglichten und Maßnahmen allein aufgrund von Verordnungen rechtfertigten, ohne vorherige Gesetzesänderung. Maßgeblich sei demzufolge die Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Eintritts des Schadensfalles in Gestalt einer Betriebsschließung. Zu diesem Zeitpunkt habe das Coronavirus und die daraus resultierende Erkrankung bereits zu den meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserregern gehört, nämlich aufgrund der CoronaVMeldeV vom 30. Januar 2020.

Zu Unrecht habe das Landgericht ferner eine Aufklärungspflichtverletzung des Agenten verneint. Auf Grundlage der von der Geschäftsführerin der Klägerin erläuterten Motivation zum Abschluss der Versicherung wäre die Versicherung für die Klägerin – da auch die Schweinegrippe nicht im Katalog des § 25 Nr. 4 AVB Betriebsschließung enthalten sei – bei dem vom Landgericht zugrunde gelegten Verständnis genauso „wertlos" gewesen. Der Agent habe gegenüber der Klägerin zu keiner Zeit deutlich gemacht, dass sich der Versicherungsschutz auf die in den AVB Betriebsschließung ausgewiesenen Krankheiten beschränke.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 51.570 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2020 zu zahlen;

2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an sie 1.855,62 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Juni 2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt – unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – die angefochtene Entscheidung.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

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