Erbstreitigkeiten vermeiden: Erstellen oder prüfen Sie ein ➠ Testament!Ob der Begriff der nahestehenden Person in § 2270 Abs. 2 BGB erfüllt wird, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei sind an den Begriff hohe Anforderungen zu stellen, um die Vermutung nicht zur gesetzlichen Regel werden zu lassen. Daher fallen nur Personen darunter, zu denen der betroffene Ehegatte enge persönliche und innere Bindungen gehabt hat, die mindestens dem üblichen Verhältnis zu nahen Verwandten entsprechen, wobei maßgeblich für die Beurteilung des Näheverhältnisses der Zeitpunkt der
Testamentserrichtung ist.
Häufig ist kein Näheverhältnis anzunehmen, wenn es sich um Verwandte des Längstlebenden handelt. Denn wenn nach § 2270 Abs. 2 BGB der überlebende Ehegatte im Zweifel an die Schlusserbeneinsetzung gebunden ist, wenn er Verwandte des anderen Ehegatten eingesetzt hat, so kann daraus im Umkehrschluss gefolgert werden, dass er an die Schlusserbeneinsetzung eigener Verwandter grundsätzlich nicht gebunden ist. Die eigenen Verwandten des überlebenden Ehegatten sind danach regelmäßig nicht als dem Erstverstorbenen nahestehende Personen im Sinne von § 2270 Abs. 2 BGB anzusehen. Bei einer solchen - hier vorliegenden - Fallgestaltung bedarf es vielmehr weiterer Umstände, um annehmen zu können, die vorverstorbene Ehefrau habe dem eingesetzten Bruder des Ehemanns in einer Weise nahegestanden, dass nach der Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB eine Bindung angenommen werden kann. Dies setzt zwar keine über die Beziehung zum überlebenden Ehegatten hinausgehende Nähe zwingend voraus. Das Verhältnis zwischen der Erstverstorbenen und dem Verwandten des überlebenden Ehegatten muss aber deutlich über das vom Längstlebenden vermittelte Verhältnis hinausgehen und die Qualität einer eigenen Nähe erreichen, die dem üblichen Verhältnis zu nahen Verwandten entspricht.