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Sorgerecht: Verfahrensfähigkeit eines über 14jährigen Kindes im Verfahren nach § 1666 BGB

Familienrecht | Lesezeit: ca. 18 Minuten

Ein über 14jähriges Kind ist in einem Verfahren nach § 1666 BGB nicht verfahrensfähig. Es hat daher kein Recht auf Teilnahme am Anhörungstermin der anderen Beteiligten und auf Übersendung der im Verfahren anfallenden Schriftsätze.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die elterliche Sorge für den 15-jährigen M.

Frau B. und Herr B. sind die miteinander verheirateten Eltern des Kindes M. Der Vater hat M. adoptiert. Die elterliche Sorge übten sie gemeinsam aus.

M. hat drei Geschwister, von denen nur noch K. bei den Eltern lebt.

Im Sommer 2023 schloss M. die Hauptschule ab. Er absolviert seit Herbst 2023 eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik.

M. leidet am Klinefelter-Syndrom. Sein Körper produziert kein Testosteron. M. erhält regelmäßig Hormonspritzen. Auch der Vater leidet an dieser Krankheit.

Das vorliegende Hauptsacheverfahren wurde auf Anregung des Vaters vom 22.10.2023 eingeleitet. Er beantragte beim Familiengericht, die elterliche Sorge für M. an einen Vormund abzugeben, und führte aus, M. habe am 09.09.2023 mehrere Straftaten gegen seine Eltern begangen. Er habe bei seinem Vater durch Schläge mit der Faust eine Schädel- und Gesichtsprellung herbeigeführt. Er habe ein Headset zerstört, das Wohnzimmer verwüstet und eine Flasche auf den Küchenboden geworfen. Die Polizei, die der Nachbar verständigt habe, sei gekommen. M. habe seine Mutter bedroht und mehrmals beleidigt. Beide Eltern hätten Strafanzeige gestellt und M. den weiteren Aufenthalt in der Wohnung verwehrt.

Durch die Vorfälle und den vom Jugendamt ausgeübten Druck, für M. zu sorgen, seien beide Eltern stark belastet und nicht mehr bereit, die elterliche Sorge auszuüben. M. zeige keinerlei Einsicht, etwas Unrechtes getan zu haben, er habe sich auch bei seinen Eltern nicht entschuldigt.

M. zog nach dem Vorfall vorübergehend zu einem Freund, dann zu seinem Bruder. Seit dem 02.10.2023 lebt er in der Jugendhilfeeinrichtung in Offenburg. Zu seinen Eltern hatte er zunächst keinen Kontakt, da diese sich dem verweigerten.

Das Familiengericht bestellte für M. eine Verfahrensbeiständin. Dieser erzählte er, Hintergrund des Streits sei gewesen, dass seine Mutter gegen seinen Willen sein Zimmer aufgeräumt und saubergemacht habe. Sein Vater habe ihn dann rausgeschmissen. Er habe nichts mitnehmen können. Seine Eltern hätten sein Girokonto und seine Sim-Karte gesperrt.

Die Eltern berichteten der Verfahrensbeiständin, M. habe einen übermäßigen Medienkonsum (teilweise bis zu 6 Stunden und mehr), er habe nachts heimlich gespielt. In Bezug auf Süßigkeiten kenne M. keinerlei Grenzen und konsumiere diese vermehrt. Auch halte er keinerlei Ordnung im Zimmer und beteilige sich nicht an kleineren Aufgaben im Haushalt. Er habe einen hohen Unterstützungsbedarf in Bezug auf Körperhygiene. Aufgrund von Suizidgedanken sei M. Anfang Januar 2023 in der Klinik an der Lindenhöhe aufgenommen worden. Dort sei die Diagnose „Anpassungsstörung" gestellt worden. Im Anschluss sei er dann bei einem niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bis zu den Sommerferien 2023 in Behandlung gewesen. An der zuvor stattgefundenen Familientherapie habe M. nicht mehr teilnehmen wollen. M. könne mit Geld nicht umgehen. Er habe sein Führerscheinkonto leergeräumt, um damit, ohne Einverständnis der Eltern, eine Nintendo-Switch zu kaufen. Auch habe M. der Mutter heimlich Geld aus dem Geldbeutel entwendet.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Offenburg entzog nach persönlicher Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 13.12.2023 beiden Eltern die elterliche Sorge und ordnete eine Amtsvormundschaft an. Zur Begründung führte es aus, dass die Eltern derzeit nicht in der Lage seien, Fragen der elterlichen Sorge für M. zu regeln. Sie würden nicht miteinander reden. Die Eltern seien verletzt, dass M. sich bei ihnen nicht entschuldigt oder sich anderweitig einsichtig gezeigt habe. Die Eltern würden auch nicht mit dem Jugendamt kooperieren, was bei einer vollstationären Unterbringung aber notwendig sei.

Gegen diese der Mutter am 20.12.2023 zugestellte Entscheidung wendet sich die Mutter mit der am 08.01.2024 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Sie trägt vor, eine Kindeswohlgefährdung liege nicht vor. Bei einer so einschneidenden Maßnahme müsse es möglich sein, dass das Jugendamt eine neue Sachbearbeiterin einsetze.

Die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen M. und den Vater wurden am 28.11.2023 von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Am Heiligabend besuchte M. seine Eltern und entschuldigte sich. Seitdem gibt es wieder gemeinsame persönliche Aktivitäten (Kino, Essen, Fußballstadion).

Im Januar 2024 hat in der Jugendhilfeeinrichtung eine Familientherapie begonnen. M. hat alle zwei Wochen Gespräche, die jeweils im Wechsel mit und ohne Eltern stattfinden.

Der Senat hat am 24.04.2024 das Kind M. sowie in Abwesenheit von M. die weiteren Beteiligten persönlich angehört. M. möchte derzeit in der Jugendhilfeeinrichtung bleiben, kann sich perspektivisch aber eine Rückkehr zu den Eltern vorstellen. Er wünscht sich, dass seine Eltern wieder die elterliche Sorge ausüben. Die Verfahrensbeiständin empfiehlt, dass die Eltern die elterliche Sorge wieder ausüben. Der Vormund und das Jugendamt haben auf die Risiken hingewiesen.

Die Eltern haben im Anhörungstermin folgende Erklärung abgegeben:

Für den Fall der Rückübertragung der elterlichen Sorge erklären wird hiermit, dass wir eine Rückführung von M. in unseren Haushalt erst dann betreiben, wenn M. hierzu bereit ist und wenn dies in Absprache mit den Therapeuten erfolgt.

Wir erklären weiter, dass wir die bereits begonnene Familientherapie fortsetzen werden, im Fall eine Rückführung auch über diesen Zeitpunkt hinaus.

Schließlich erklären wir, dass wir zukünftig mit dem Jugendamt, konkret Frau B., kooperieren werden.

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