Nach §§ 62, 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird für ein Kind, das sich in Berufsausbildung befindet,
Kindergeld grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 27. - seit 2007: des 25. - Lebensjahres gewährt. Über diesen Zeitraum hinaus wird ein Kind gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ausnahmsweise dann berücksichtigt, wenn es den gesetzlichen Grundwehrdienst oder den Zivildienst geleistet hat. Der Endzeitpunkt für die Gewährung des Kindergeldes wird dann um einen der Dauer des geleisteten Dienstes entsprechenden Zeitraum hinausgeschoben.
Dieser Verlängerungstatbestand ist eingefügt worden, weil die bis 1995 geltende Regelung, wonach über 18 Jahre alte Kinder berücksichtigt werden konnten, wenn sie den gesetzlichen Grundwehrdienst leisteten, sofern dadurch eine Berufsausbildung unterbrochen worden war (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 EStG in der bis 1995 geltenden Fassung), durch das Jahressteuergesetz 1996 beseitigt wurde. Nach dem Bundeskindergeldgesetz in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung (BKGG a.F.) wurden Wehrdienst leistende Kinder nicht berücksichtigt; der Zeitraum für die Berücksichtigung von Kindern, die sich in Schul- oder Berufsausbildung befanden, verlängerte sich aber gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 BKGG a.F. um die Dauer der Dienstzeit.
Nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG besteht der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Kindergeld auch im Monat März 2004, da sein im Mai 2003 27 Jahre alt gewordener Sohn im März 2004 studierte und zehn Monate Wehrdienst geleistet hatte.
Eine einschränkende Auslegung des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist nicht geboten. Der Verlängerungszeitraum ist nicht zu kürzen, wenn der Wehrdienst nicht am Monatsersten angetreten und deshalb im Monat des Dienstantritts noch Kindergeld bezogen wurde.
Die Verwaltung vertritt die Auffassung, dass sich die Kindergeldzahlung um die in dem jeweiligen Verpflichtungsgesetz geforderte Dauer des Dienstes verlängere (DA-FamEStG 63.5 Abs. 4). Als Verlängerungstatbestand seien aber nur diejenigen Monate des Grundwehrdienstes zu berücksichtigen, in denen nicht bereits nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG ein Kindergeldanspruch bestanden habe.
Die Verwaltungsauffassung kann sich indessen nicht auf den Wortlaut des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG berufen, der eine Verlängerung um die Dauer des Dienstes anordnet, ohne dies auf Monate zu beschränken, in denen die Berücksichtigung als Kind bzw. die Zahlung von Kindergeld unterblieben ist. Sie berücksichtigt auch nicht, dass der durch § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG auszugleichende Nachteil der Eltern (Kindergeldberechtigten) auch darin liegt, dass sich der Ausbildungsabschluss des Kindes und die - typisierend zu unterstellende - Belastung mit Unterhaltsansprüchen um die Dauer des gesamten Wehrdienstes verzögert und dieser Nachteil nicht durch die Gewährung von Kindergeld im Monat des Dienstantritts ausgeglichen wird.
Der BFH hat mit Urteil vom 14. Oktober 2002 - Az: VIII R 68/01 entschieden, dass der nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG verlängerte Bezugszeitraum zu begrenzen ist, wenn ein Teil des Verlängerungstatbestandes bereits nach Vollendung des 21. Lebensjahres berücksichtigt wurde; dann könne nur noch die Differenz zum gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst als Verlängerungstatbestand berücksichtigt werden. Anderenfalls käme es zu einer doppelten Berücksichtigung der bereits "verbrauchten" Monate des Verlängerungstatbestandes. Steuerpflichtige, deren Kinder unmittelbar nach der Vollendung des 18. Lebensjahres den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet und anschließend eine Berufsausbildung begonnen haben, würden dann willkürlich benachteiligt.
Eine derartige "doppelte" Berücksichtigung der Wehrdienstzeit tritt aber nicht ein, wenn für den Monat des Dienstantritts noch Kindergeld gewährt wird.
Im Streitfall ist nicht zu entscheiden, ob der Verlängerungszeitraum des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG zu begrenzen wäre, wenn ein Kind während der Dienstzeit weiterhin berücksichtigt wird, weil es gleichzeitig den Dienst leistet und eine Ausbildung betreibt. Vorliegend beruhte die Kindergeldgewährung im Juli 1995 nicht darauf, dass der Sohn des Klägers seine Ausbildung während des Wehrdienstes fortsetzte, sondern darauf, dass er den Wehrdienst wegen des davorliegenden Wochenendes erst am 3. Juli 1995 antreten konnte und sich deshalb am 1. und 2. Juli 1995 formal noch in der Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Leistung des Wehrdienstes befand, die der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 5 BKGG a.F. gleichgestellt wurde und einen Anspruch auf Kindergeld begründete.