Bundesbeamten steht unmittelbar aus dem EU-Recht ein Anspruch auf zehn Tage vergüteten Vaterschaftsurlaub anlässlich der Geburt ihres Kindes zu.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger hatte Ende 2022 anlässlich der bevorstehenden Geburt seiner Tochter Vaterschaftsurlaub beantragt und sich zur Begründung auf die EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (sog. Vereinbarkeitsrichtlinie; RL (EU) 2019/1158) berufen.
Die Beklagte hatte den Antrag abgelehnt. Einen Anspruch auf Vaterschaftsurlaub gebe es im nationalen Recht nicht. Der Kläger könne sich auch nicht unmittelbar auf die EU-Richtlinie berufen, weil Deutschland deren Vorgaben mit den Regelungen zu Elternzeit und Elterngeld erfüllt habe.
Daraufhin hat der Kläger, der im Anschluss an die Geburt zunächst Erholungsurlaub genommen hatte, im März 2024 Klage erhoben.
Die Klage hatte Erfolg.
Das Gericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger den beantragten Vaterschaftsurlaub rückwirkend zu gewähren und seinem Urlaubskonto gutzuschreiben.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Kläger kann sich unmittelbar auf die Vorschriften zum Vaterschaftsurlaub in der Vereinbarkeitsrichtlinie berufen. Denn Deutschland ist seiner Verpflichtung, die Richtlinie bis zum 2. August 2022 umzusetzen, nicht nachgekommen. Zwar gab es während der Zeit der Ampel-Koalition einen Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetz. Dieses ist aber nicht verabschiedet worden. Auch auf die in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen von der Umsetzungspflicht kann Deutschland sich nicht mit Erfolg berufen. Die Regelungen zu
Elterngeld und
Elternzeit genügen den Vorgaben der Richtlinie nicht. Zwar können Väter anlässlich einer Geburt auch nur einzelne Tage Elternzeit in Anspruch nehmen. Sie erhalten in diesem Fall aber nicht die von der Richtlinie vorgesehene Lohnfortzahlung. Ein Elternteil hat nämlich nur dann Anspruch auf Elterngeld, wenn er es mindestens für zwei Lebensmonate des Kindes bezieht.
Gegenüber privaten
Arbeitgebern steht Beschäftigten kein Anspruch auf Vaterschaftsurlaub zu. Denn die unmittelbare Anwendbarkeit einer Richtlinie ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch eine Sanktion gegenüber dem Mitgliedstaat dafür, dass dieser eine Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat. Dieser Gedanke greift im Verhältnis zwischen Privatpersonen nicht durch. In einem solchen
Arbeitsverhältnis scheidet eine unmittelbare Anwendung von Richtlinien-Bestimmungen daher aus. Es könnten allenfalls staatshaftungsrechtliche Ansprüche bestehen.
Gegen das Urteil können die Beteiligten Berufung einlegen, über die das OVG Nordrhein-Westfalen entscheiden würde.