Die Klägerin und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Klägerin) nimmt die Beklagte und Berufungsklägerin (im Folgenden: Beklagte) auf Rückzahlung ihrer Anzahlung einer
Flusskreuzfahrt in Anspruch, die Beklagte hingegen verlangt im Wege der Widerklage von der Klägerin darüber hinausgehende
Stornogebühren.
Die 84-jährige Klägerin buchte bei der Beklagten am 17.01.2020 eine achttägige Flusskreuzfahrt auf der MS Belvedere mit den Stationen Passau / Wien / Esztergom / Budapest / Mohacs - Budapest - Bratislava - Melk - Passau vom 22.06. bis zum 29.06.2020 für 1.599,84 EUR. Der Reise lagen die
Allgemeinen Reisebedingungen der Beklagten zugrunde. Die Klägerin leistete eine Anzahlung in Höhe von 319,97 EUR.
Mit Schriftsatz vom 07.06.2020 stornierte die Klägerin die Reise aufgrund der Corona-Pandemie. Anlässlich eines Besuchs bei ihrer Hausärztin kurz zuvor war ihr dies dringend geraten worden, da sie immer wieder mit Lungen- und Bronchialentzündungen zu tun hatte.
Die Beklagte erstellte mit Schriftsatz vom 25.06.2020 eine Stornorechnung - unter Verrechnung der Anzahlung - über 999,89 EUR.
Die Klägerin forderte mit Schriftsatz vom 06.07.2020 die Beklagte erneut zur Rückzahlung ihrer Anzahlung bis zum 17.07.2020 auf, was die Beklagte verweigerte.
Mit Schriftsatz vom 14.07.2020 wurde die Beklagte durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Rückzahlung aufgefordert, wofür vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 81,43 EUR geltend gemacht werden.
Die Kreuzfahrt wurde mit einem angepassten Hygienekonzept und einer von 176 auf 100 reduzierten Passagierzahl durchgeführt.
Die Klägerin nahm die Beklagte vor dem Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung in Höhe von 319,97 EUR in Anspruch. Die Beklagte machte im Wege der Widerklage die restlichen Stornokosten (insgesamt 85 % des Reisepreises) in Höhe von 999,89 EUR geltend.
Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung der 319,97 EUR samt vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 81,43 EUR und wies die Widerklage ab.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin bei einer ex ante-Prognose am 07.06.2020 aufgrund der weltweiten Reisewarnung des Auswärtigen Amtes berechtigt war, entschädigungslos vom Vertrag gemäß
§ 651 h Abs. 3 BGB zurückzutreten. Die Klägerin zähle aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankung zur Risikogruppe, ein Impfstoff bzw. eine Therapie hätte zu der Zeit auch nicht zur Verfügung gestanden. Bei einer Flusskreuzfahrt sei von einer erhöhten Ansteckungsgefahr auszugehen aufgrund der engen räumlichen Verhältnisse.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie ist der Ansicht, dass eine weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes kein Tourismusverbot bedeuten könne und eine weltweite Pandemie auch nicht von § 651 h Abs. 3 BGB erfasst sei. Die Kreuzfahrt sei mit einem Corona-angepassten Hygienekonzept durchgeführt worden, dass die Klägerin zur Gruppe der Risikopatienten gehöre, falle in ihren eigenen Risikobereich.
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