Eine für den
Aufgabenbereich der Wohnungsangelegenheiten eingerichtete Betreuung verpflichtet nicht zu tatsächlichen Hilfeleistungen. Die Verpflichtung besteht alleine zur Organisation der Hilfen.
Handlungen des Betreuers sind alleine dann zwingend zu erbringen, wenn diese auf das „ob und wie“ der Erledigung rechtlicher Belange ausgerichtet sind, und nicht auf tatsächliche Hilfestellungen. Anderenfalls ist der Aufgabenbereich der Eingliederungshilfe betroffen.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Antragstellers, vom Antragsgegner Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des 12. Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII) zu beziehen.
Der Antragsteller ist am G. 1981 geboren und bezieht langjährig verschiedene Leistungen der Eingliederungshilfe vom Antragsgegner. Ausweislich des letzten aktenkundigen Schwerbehindertenausweises beträgt der Grad der Behinderung des Antragstellers 100 und zusätzlich sind die Merkzeichen B, G und H zuerkannt.
Bis zum Jahre 2016 lebte er im Haushalt seiner Mutter. Im Dezember 2015 beantragte der für den Antragsteller handelnde gerichtlich bestellte Betreuer die Übernahme der Kosten für eine stationäre Unterbringung in einem Wohnheim des Beigeladenen ab Januar 2016. Begründet wurde dieser Antrag damit, dass ein Zusammenleben im Haushalt der Mutter mit seinem Stiefvater nicht mehr möglich sei wegen innerfamiliär erheblicher Spannungen. Der Beklagte ermittelte unter Heranziehung seines Gesundheitsamtes, dass eine Wohnheimaufnahme zu diesem Zeitpunkt sinnvoll und notwendig war. Der Antragsteller wurde dann am 26.01.2016 im Wohnheim 4 des Beigeladenen aufgenommen und der Antragsgegner bewilligte mit Bescheid vom 18.02.2016 Leistungen der Grundsicherung und der Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Eingliederungshilfe für den Aufenthalt im Wohnheim. Bezüglich der Bewilligung beziehungsweise Kostentragung von Leistungen in diesem Wohnheim ist zwischen dem Antragsgegner und dem Beigeladenen eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung entsprechend einem niedersächsischen Landesrahmenvertrag abgeschlossen.
Der Betreuer des Antragstellers beantragte mit Schreiben vom 11.10.2016 die Übernahme von Kosten für die ambulante Betreuung bei der Unterstützung zur Suche nach einer geeigneten eigenen Wohnung, deren Einrichtung und später bei der Führung eines eigenen Haushaltes und der Sicherung eigenständiger Versorgung. Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 25.10.2016 die Kostenübernahme ab. Die Ablehnung erfolgte mit der Begründung, dass für eine ambulante Betreuung während stationärer Betreuung keine Leistungsbewilligung erfolgen könne, da die Wohnungssuche entweder vom gesetzlichen Betreuer oder vom Wohnheim des Beigeladenen zu unterstützen sei. Den Widerspruch des Antragstellers aus dem Schreiben vom 10.11.2016, der mit Schreiben vom 23.11.2016 begründet wurde, beschied der Antragsgegner nach seinem Bekunden bislang nicht.
Der aktuelle
Betreuer wurde ausweislich der Akten mit Bestellung vom 14. Dezember 2010 ohne den Aufgabenkreis der Wohnungsangelegenheiten bestellt.
Mit Schreiben vom 28.11.2016 an den Betreuer des Antragstellers teilte der Beigeladene mit, dass eine Wohnungsbeschaffung für den Antragsteller nicht Bestandteil des unterzeichneten Wohn- und Betreuungsvertrages sei. Aufgabe des Beigeladenen sei alleine, den Antragsteller in die Lage zu versetzen, in einer eigenen Wohnung leben zu können. Mit einem Schreiben vom 19. Dezember 2016 gab Frau H., Diplom-Psychologin, eine psychologische Stellungnahme zur Dringlichkeit in Sachen Hilfebedarf des Antragstellers bezüglich einer Wohnungssuche ab. Bezüglich des genauen Inhaltes wird auf die in den Gerichtsakten befindliche Ausfertigung Bezug genommen.
Der Antragsteller legt im gerichtlichen Verfahren dar, dass es gesundheitlich zu befürworten sei, dass er eine eigene Wohnung beziehe. Die Situation im Wohnheim beim Beigeladenen belaste ihn sehr, er verhalte sich daher gegenüber anderen Bewohnern aggressiv und dissozial. Er sei nicht in der Lage, weiterhin in der Wohngruppe zu leben, er sei ausweislich der Stellungnahmen aller ihn betreuenden Personen in der Lage, eine eigene Wohnung zu beziehen. Er könne aber nicht alleine sich selbst eine Wohnung verschaffen und anmieten. Der Berufsbetreuer weigere sich unter Hinweis auf obergerichtliche Rechtsprechung, die tatsächliche Hilfestellung betreffs der Wohnungssuche zu übernehmen. Auch sei der Beigeladene nicht bereit, eine solche tatsächliche Hilfe zu gewährleisten.
Der Antragsteller beantragt schriftlich sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache dem Antragsteller Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die ambulante Betreuung zur Wohnungssuche zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt schriftlich,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht habe, dass er gegenwärtig in der Lage sei, dauerhaft und mit einer nicht zu unverhältnismäßigen Mehrkosten führenden ambulanten Betreuung ohne Selbst- und Fremdgefährdung alleine zu wohnen. Des Weiteren gehöre die Wohnungssuche entweder zum
Aufgabenkreis des gesetzlichen Betreuers oder zum Aufgabenkreis des Beigeladenen. Diesbezüglich nimmt der Antragsgegner ausdrücklich auf die abgeschlossene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung mit dem Beigeladenen Bezug.
Der Beigeladene beantragt schriftlich sinngemäß,
den Antrag abzulehnen.
Der Beigeladene ist der Auffassung, dass der Antragsteller zwar gesundheitlich in der Lage sei, eine eigene Wohnung ordnungsgemäß zu bewohnen, er selbst aber als Beigeladener nicht verpflichtet sei, die tatsächliche Hilfe bei der Wohnungssuche zu gewähren. Vielmehr sei der gerichtlich bestellte Betreuer mit dem nunmehr um den Aufgabenkreis der Wohnungsangelegenheiten erweiterten Betreuungsumfang zu dieser Hilfestellung verpflichtet.
Mit Beschluss des Amtsgerichts I. vom 22.02.2017 wurde der Aufgabenkreis des gesetzlichen Betreuers auch auf Wohnungsangelegenheiten erweitert. Ausweislich der Stellungnahmen des Antragstellers weigert der Betreuer sich jedoch, tatsächliche Hilfeleistung bei der Wohnungssuche zu erbringen.
Das Gericht hat zur Ermittlung des Sachverhaltes zunächst eine Stellungnahme des Beigeladenen zur Befähigung des Antragstellers zur eigenständigen Wohnungsnahme eingeholt. Diese hat der Beigeladene mit Schreiben vom 09.03.2017 erbracht, bezüglich des genauen Inhalts wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
Gegenstand der Entscheidungsfindung war insbesondere der Inhalt der Gerichtsakten mit den darin enthaltenen Stellungnahmen der Beteiligten sowie des Beigeladenen und des Weiteren der vom Antragsgegner überreichte Verwaltungsvorgang.
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