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Betroffener kann eigene Betreuung nur bei Betreuungsbedarf verlangen

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Gemäß § 1814 Abs. 1 BGB bestellt das Betreuungsgericht einen rechtlichen Betreuer, wenn ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen kann und dies auf einer Krankheit oder Behinderung beruht. Gemäß § 1814 Abs. 3 BGB darf ein Betreuer nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist.

Die Bestellung eines Betreuers ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch andere Hilfen erledigt werden können, insbesondere durch solche Unterstützung, die auf sozialen Rechten oder anderen Vorschriften beruht, § 1814 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der Betroffene begehrt die Betreuung insbesondere, da er nicht in der Lage sei, erforderliche Anträge ohne Unterstützung zu stellen. Aus dem Bericht der Betreuungsstelle ergibt sich, dass der Betroffene Arbeitsaufträge nicht aus Schriftstücken entnehmen und diese auch nicht ausführen könne, wenn man ihn darauf hinweise und sie ihm erkläre. Mit Geld könne er nicht umgehen. In der Vergangenheit sei er zudem obdachlos gewesen. Zudem passiere es immer wieder, dass sich der Betroffene auch auf ihm bekannten Strecken des öffentlichen Nahverkehrs verirre, an den falschen Haltestellen aussteige und dann nicht mehr wisse, wie er an sein Ziel komme.

Zur Lösung der zuletzt genannten Problematik ist die Bestellung eines rechtlichen Betreuers bereits nicht geeignet. Denn ein rechtlicher Betreuer ist nicht etwa ein Begleiter des alltäglichen Lebens, dem die Aufgabe zukäme, darauf zu achten, dass sich der Betroffene nicht verirrt. Aber auch im Übrigen ist ein Betreuungsbedarf derzeit nicht feststellbar. Denn die Angelegenheiten des Betroffenen können durch andere Hilfen im Sinne des § 1814 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB ebenso gut besorgt werden wie durch einen Betreuer. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des durch den Betroffenen vorgetragenen Umstands, dass er in seiner derzeitigen Unterkunft – einem Übergangswohnheim der Wohnungslosenhilfe –, in der ihm die erforderlichen Hilfen zuteilwerden, nur für einen begrenzten Zeitraum wohnen kann.

Aus dem Bericht der Betreuungsstelle ergibt sich nämlich bereits, dass beabsichtigt sei, anschließend eine betreute Wohnform für den Betroffenen zu finden. Das ambulant betreute Wohnen bietet aber gerade auch Hilfen bei Behördengängen und der Alltagsbewältigung, die vorrangig in Anspruch zu nehmen sind und nach derzeitigem Sachstand im hier zu entscheidenden Fall auch ausreichend erscheinen. Dasselbe gilt für die dem Betroffenen nach dem SGB I zustehenden Hilfen.

Mangels Betreuungsbedarfs kann die – nur durch einen psychiatrischen Sachverständigen zu klärende und durch die weitere Beteiligte in der Anregung vom 04.10.2022 aufgeworfene – Frage, ob bei dem Betroffenen aufgrund seiner Suchterkrankung bereits kognitive Einschränkungen von Krankheitswert vorliegen, dahinstehen. Die Suchterkrankung selbst sowie der bei dem Betroffenen vorliegende Analphabetismus erfüllen die an eine Krankheit oder Behinderung im Sinne des § 1814 Abs. 1 BGB zu stellenden Anforderungen nicht.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 30.11.2022 persönlich angehört. Von einer erneuten Anhörung des Betroffenen hat die Kammer abgesehen, da von einer solchen, insbesondere im Hinblick auf den fehlenden Betreuungsbedarf, keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten sind, § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG.


LG Duisburg, 08.02.2023 - Az: 12 T 11/23

ECLI:DE:LGDU:2023:0208.12T11.23.00

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