Wenn in einem
Unterbringungsverfahren dem Betroffenen das Sachverständigengutachten nicht rechtzeitig vor dem Anhörungstermin überlassen worden ist, leidet die Anhörung an einem wesentlichen Verfahrensmangel.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der inzwischen 61jährige Betroffene leidet seit Jahrzehnten an einer chronischen paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie mit handlungsrelevantem wahnhaften Erleben. Dies führte wiederholt zu schwerer Verwahrlosung und hatte dabei insbesondere eine unzureichende Aufnahme von Flüssigkeit und Nahrung durch den Betroffenen zur Folge. Aus diesem Grunde war der Betroffene seit dem Jahr 2012 mehrfach - seit dem Jahr 2019 ununterbrochen - geschlossen untergebracht.
Das Amtsgericht hat nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens und Anhörung des Betroffenen dessen weitere Unterbringung bis längstens 11. Juli 2026 genehmigt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht zurückgewiesen.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der Senat die Beschwerdeentscheidung aufgehoben, soweit dessen Beschwerde gegen die Genehmigung der Unterbringung über den 13. Mai 2025 hinaus zurückgewiesen worden ist, und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landgericht zurückverwiesen (BGH, 15.01.2025 - Az:
XII ZB 517/24).
Im weiteren Fortgang hat das Landgericht die Unterbringungsentscheidung nach Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens und Anhörung des Betroffenen unter Neufassung der Beschlussformel aufgehoben, soweit die Unterbringung über den 13. Mai 2026 hinaus genehmigt worden ist, und die weitergehende Beschwerde wiederum zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner erneuten Rechtsbeschwerde.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit hiermit über die noch nicht aufgrund des Senatsbeschlusses vom 15. Januar 2025 (Az:
XII ZB 517/24) in Teilrechtskraft erwachsene Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen in der Zeit vom 14. Mai 2025 bis zum 13. Mai 2026 zum Nachteil des Betroffenen entschieden worden ist, und insoweit zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Die angefochtene Entscheidung hält bereits der von der Rechtsbeschwerde erhobenen Verfahrensrüge nicht stand, dem Betroffenen sei das vom Beschwerdegericht eingeholte ergänzende Sachverständigengutachten nicht rechtzeitig vor der Anhörung zur Verfügung gestellt worden.
a) Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Entscheidungsgrundlage erfordert nach
§ 37 Abs. 2 FamFG, dass das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Dies setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats voraus, dass der Betroffene vor der Entscheidung nicht nur im Besitz des schriftlichen Sachverständigengutachtens ist, sondern auch ausreichend Zeit hatte, von dessen Inhalt Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern. Wenn dem Betroffenen das Sachverständigengutachten nicht rechtzeitig vor dem Anhörungstermin überlassen worden ist, leidet die Anhörung an einem wesentlichen Verfahrensmangel (vgl. BGH, 22.01.2025 - Az: XII ZB 365/24; BGH, 12.05.2021 - Az:
XII ZB 587/20).
b) So liegt der Fall hier. Denn das vom Beschwerdegericht gemäß §§
68 Abs. 3 Satz 1,
321 Abs. 1 FamFG eingeholte ergänzende Sachverständigengutachten zu den Voraussetzungen einer weiteren Unterbringung ist dem Betroffenen ausweislich des Anhörungsvermerks erst im Anhörungstermin ausgehändigt worden. Dieser hatte damit keine ausreichende Gelegenheit, dessen Inhalt zur Kenntnis zu nehmen, sich hiermit auseinanderzusetzen, eine etwa gewünschte Stellungnahme vorzubereiten und Einwendungen hiergegen zu erheben. Anderes gilt auch nicht deshalb, weil das Gutachten bei der Anhörung eingehend mit dem Betroffenen erörtert worden sein mag. Denn eine solche Erörterung macht die rechtzeitige Aushändigung des Gutachtens zur Ermöglichung einer detaillierten Kenntnisnahme und einer Auseinandersetzung mit dessen Inhalt nicht verzichtbar.
2. Die angefochtene Entscheidung kann daher, soweit mit der Rechtsbeschwerde erneut angegriffen, keinen Bestand haben.