Rechtsfrage klären? Wir beraten per   E-Mail  -   Video  -   Telefon  -   WhatsAppBewertung: - bereits 388.314 Anfragen

Einsicht in Behandlungsunterlagen mit Vorsorgevollmacht?

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 20 Minuten

Der Klägerin macht Ansprüche auf Herausgabe von Behandlungsunterlagen betreffend ihre verstorbene Tochter geltend.

Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, für einen Anspruch aus § 630g Abs. 1 fehle es der Klägerin an der Aktivlegitimation. Da dem Einsichtsrecht das allgemeine Persönlichkeitsrecht zugrunde liege, komme es weder auf die Erbenstellung noch den Inhalt der Vorsorgevollmacht an.

Vielmehr seien die Rechte der Klägerin gesondert in § 630g Abs. 3 BGB geregelt. Das dort für die Klägerin als Erbin bzw. als nahe Angehörige vorgesehene Recht auf Einsichtnahme gelte jedoch nur unter der Einschränkung des § 630g Abs. 3 Satz 3 BGB, wonach es nicht gegen den ausdrücklichen oder mutmaßlichen Wollen des Verstorbenen geltend gemacht werden könne. Der Arzt habe seine Entscheidung gewissenhaft zu prüfen und – unter Wahrung der Geheimhaltungspflichten – nachvollziehbar darzulegen, dass sich seine Weigerung auf konkrete oder mutmaßliche Belange des Verstorbenen und nicht auf sachfremde Gesichtspunkte stütze. Sein Beurteilungsspielraum sei von den Gerichten dann aber nur eingeschränkt überprüfbar.

Vorliegend habe der verstorbene Arzt Dr. Sch. eine ausdrückliche Erklärung abgegeben. Da neben dessen Schreiben aber kein Beweismittel vorliege, müsse subsidiär auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die ohne eine solche Erklärung gelten würden. Auch insofern enthalte das Schreiben aber ausreichend substantiierte Angaben in der Beschreibung, dass die verstorbene Patientin Inhalte als besonders sensibel und schützenswert gehalten habe – insbesondere betreffend die Beziehung zur Klägerin – und gerade die Klägerin davon keine Kenntnis erhalten solle. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Arzt Dr. Sch. gerade diese Inhalte am Telefon preisgegeben habe. Aus dem klägerseits behaupteten Näheverhältnis und dem Umstand, dass diese einigen Sitzungen selbst beigewohnt habe, ergebe sich nichts Anderes. Insbesondere sei gut vorstellbar, dass es der Verstorbenen gerade wegen des Näheverhältnisses darauf angekommen sei, einen engsten Bereich ihrer Gefühlswelt – dauerhaft – für sich zu behalten.

Auch aus der Vorsorgevollmacht würden sich keine Indizien für ein Einverständnis in die Patientenakten ergeben. Dies folge bereits daraus, dass die Vollmacht am 28.09.2009 erteilt worden sei, die Psychotherapie aber erst am 09.09.2016 begonnen worden sei und sich aus der Vollmacht keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sie auch für die Preisgabe intimster Details des Seelenlebens gegenüber einem Psychotherapeuten gelten solle. Jedenfalls müsste einem in der konkreten Behandlungssituation geäußerten Willen Vorrang gegenüber einer Jahre zuvor abgegebenen formularmäßigen Blanketterklärung eingeräumt werden. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Wunsch der verstorbenen Patientin auf Verschwiegenheit mit ihrem Tod habe enden sollen. Insofern könne das Vertrauen, innerste Gedanken und Vorgänge zu schützen, überhaupt erst Grundlage dafür sein, dass sie mit dem Therapeuten erörtert worden seien.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die nach §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung ist unbegründet. Nach § 630g Abs. 3 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 BGB kann im Falle des Todes des Patienten der Erbe Einsicht in die Behandlungsakten zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen und die nächsten Angehörigen hinsichtlich immaterieller Interessen nehmen. Nach § 630g Abs. 3 Satz 3 BGB sind die Rechte allerdings ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht. Letzteres ist vorliegend – anders als im soeben zitierten Fall des Verwaltungsgerichts – anzunehmen. Die Beklagte macht geltend, die verstorbene Tochter der Klägerin habe besonderen Wert darauf gelegt, dass Gesprächsnotizen der Sitzungen, deren Gegenstand die Beziehung der Patientin zu ihrer Familie und namentlich zur Mutter waren, absolut vertraulich behandelt würden. Sie habe stets zu erkennen gegeben, dass diese Inhalte keineswegs der Mutter jemals zur Kenntnis gelangen dürften. Eine solche Erklärung steht dem Begehren der Klägerin, Einsicht in die gesamte Behandlungsakte zu nehmen, um gerade diese Fragen für sich zu klären, entgegen. Wegen anderer Inhalte der Behandlungsakte hat der Arzt Dr. Sch. die Einsicht auch nicht verweigert.

Zum Weiterlesen bitte oder kostenlos und unverbindlich registrieren.

Sie haben keinen Zugang und wollen trotzdem weiterlesen?

Registrieren Sie sich jetzt - testen Sie uns kostenlos und unverbindlich

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von Bild.de

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.235 Bewertungen) - Bereits 388.314 Beratungsanfragen

Meine Fragen wurden schnell, kompetent und verständlich beantwortet.

Verifizierter Mandant

Umgehende Bearbeitung nach Zahlung, sogar an einem Samstag!

Ausführliche, differenzierte und hilfreiche Analyse der Rechtslage. Da, wo ...

Verifizierter Mandant