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Ärztliche Maßnahmen: Was ist bei einer Vorsorgevollmacht zu beachten?

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 9 Minuten

Die Durchführung – aber auch das Unterlassen – ärztlicher Maßnahmen unterliegt bei fehlender Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen oft einer Genehmigungspflicht durch das Betreuungsgericht. Mit einer Vorsorgevollmacht kann eine vertraute Person diese Entscheidung übernehmen.

Welche Grundsätze gelten bei ärztlichen Maßnahmen?

Wann der Betreuer die Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen benötigt, ist in § 1829 BGB geregelt. Dieser Norm zufolge bedarf die Entscheidung für oder gegen eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Das Gleiche gilt dann, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.

Ohne die Genehmigung des Betreuungsgerichts darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Das Gericht prüft in allen anderen Fällen, ob der Eingriff medizinisch notwendig ist, ob es im mutmaßlichen Willen des Betroffenen liegt und ob die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit gewahrt sind. Die Genehmigung ist dann zu erteilen, wenn die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht.

Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1827 BGB festgestellten Willen des Betreuten entspricht.

Eine Vorsorgevollmacht kann den gleichen Wirkungskreis wie eine Betreuung abdecken und dann, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr einwilligungsfähig ist und sich aus der Vorsorgevollmacht der Wille des Betroffenen ergibt. Der Vorsorgebevollmächtigte kann in diesem Fall über die ärztliche Maßnahme entscheiden. Im Prinzip übernimmt der Bevollmächtigte auf diesem Weg die Aufgaben eines Betreuers, wobei der Bevollmächtigte nur im Rahmen der Vollmacht handeln darf.

Anforderungen an die Vorsorgevollmacht

Wurde eine Vorsorgevollmacht errichtet, muss sie folgende Punkte eindeutig und unwidersprüchlich regeln:
  • Benennung des Bevollmächtigten
  • Geltungsbereich muss sich auf medizinische Angelegenheiten erstrecken
  • Ggf. auch die Befugnis zur Einwilligung in ärztliche Maßnahmen, die dem natürlichen Willen des Vollmachtgebers widersprechen
Auch Vollmachten, die vor dem 1. Januar 1999 errichtet wurden, gelten weiterhin. Entscheidend ist nicht der Errichtungszeitpunkt, sondern der Wortlaut. Selbst wenn die Vollmacht alt ist, entfaltet sie Wirksamkeit, wenn darin die Befugnis zu riskanten medizinischen Eingriffen enthalten ist.

Grundsätzlich genügt eine schriftliche und unterschriebene Vollmacht. Eine notarielle Form ist zwar empfehlenswert, aber nicht zwingend. Der Bevollmächtigte sollte im Besitz der Originalurkunde sein.

Auch Eskalationsklauseln - etwa „Sollte mein Bevollmächtigter nicht entscheiden können …“ - können zusätzliche Rechtssicherheit bieten.

Die konkrete Ausgestaltung der Vorsorgevollmacht ist für den Bevollmächtigten bindend. Er darf vom dort aufgeführten Inhalt nicht abweichen.

Tipp: Es ist zulässig, mehrere Bevollmächtigte zu benennen. Dabei sollte klar geregelt sein, ob sie nur gemeinsam oder auch einzeln handeln dürfen. Auch ein Ersatzbevollmächtigter kann bestimmt werden, falls der Hauptbevollmächtigte ausfällt. Dies erhöht die Handlungsfähigkeit in Krisensituationen.

Die Vorsorgevollmacht sollte leicht auffindbar aufbewahrt werden. Zusätzlich kann sie beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (www.vorsorgeregister.de) registriert werden. Das erleichtert insbesondere Ärzten und Gerichten die schnelle Feststellung, ob und welche Vollmachten vorliegen.

Genehmigung des Betreuungsgerichts auch bei Vorsorgevollmacht notwendig

Entscheidungen über solche medizinische Eingriffe bedürfen auch bei einer Vorsorgevollmacht der Genehmigung des Betreuungsgerichts (§ 1829 BGB).

Der Bevollmächtigte stellt hierzu den Antrag beim Gericht. Das Gericht prüft Sachlage, medizinische Notwendigkeit, Risiken, Erfolgsaussicht, und - sofern erforderlich - den mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers. Das Gericht erlässt eine Entscheidung, in der der Eingriff genehmigt, eingeschränkt oder untersagt werden kann.

Bei freiheitsentziehender Unterbringung und freiheitsentziehenden Maßnahmen ist neben der Zustimmung des Bevollmächtigten bzw. Betreuers ebenfalls die gerichtliche Genehmigung erforderlich (§ 1831 BGB). Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Die Unterbringung ist zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind.

Zusammenwirken mit Patientenverfügung

Eine Vorsorgevollmacht ist keine Patientenverfügung. Dies kann ergänzend aufgesetzt werden. In vielen Fällen ist dies auch anzuraten, um zwischen Bevollmächtigung und Konkretisierung des Willens des Vollmachtgebers zu differenzieren.

Die Vorsorgevollmacht regelt die Vertretung, die Patientenverfügung konkretisiert den Willen bei bestimmten Erkrankungen oder im Sterbeprozess. Es sollte darauf geachtet werden, dass sich die Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht nicht widersprechen. Dies könnte dazu führen, dass der Wille des Vollmachtgebers nicht mehr eindeutig ist und daher u.U. vom Betreuungsgericht ermittelt werden muss.

Kann trotz Vorsorgevollmacht ein Betreuer bestellt werden?

Selbst mit Vorsorgevollmacht kann das Gericht eine Betreuung anordnen, etwa wenn:
  • Der Bevollmächtigte nicht erreichbar oder nicht handlungsfähig ist,
  • Interessenskonflikte bestehen,
  • Missbrauch vorliegt oder
  • keine ausreichende Eignung besteht.
In diesem Fall wird der Betreuer oftmals nur für bestimmte Aufgaben bestellt, während andere Entscheidungsbereiche nach Möglichkeit beim Bevollmächtigten verbleiben.

Auch bei Vorsorgevollmacht gilt: Der Wille des Vollmachtgebers hat Vorrang!

Auch bei einer wirksamen Vorsorgevollmacht ist der Wille des Vollmachtgebers vorrangig zu beachten (§ 1826 Abs. 3 BGB). Der Bevollmächtigte darf also nur dann gegen den natürlichen Willen handeln, wenn dies durch gesetzliche Regelungen ausdrücklich erlaubt ist (vgl. § 1829, 1831 BGB).

Kann eine Vorsorgevollmacht widerrufen werden?

Solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist, kann er die Vorsorgevollmacht jederzeit widerrufen. Ist er nicht mehr geschäftsfähig, kann der Widerruf nicht mehr wirksam erklärt werden. Allerdings kann das Betreuungsgericht erforderlichenfalls einschreiten und einen Kontrollbetreuer bestellen oder aber anordnen, dass der Bevollmächtigte die ihm erteilte Vollmacht nicht ausüben darf und die Vollmachtsurkunde an den Betreuer herauszugeben hat (§ 1820 Abs. 3 und 4 BGB).
Stand: 01.08.2025
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