Kommt die Ausländerbehörde bei der Erteilung des
Chancenaufenthaltsrechts ihren Hinweispflichten nach § 104c Abs. 4 AufenthG nicht oder unvollständig nach und ist dieser Verstoß für die Nichterlangung des Anschlusstitels ursächlich, kommt die Erteilung einer Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG für die Dauer von bis zu 18 Monaten in Betracht.
Hierzu führte das Gericht aus:
Anders als im Sozialrecht, das bei der Verletzung behördlicher Auskunfts- und Hinweispflichten einen Anspruch auf Herstellung desjenigen Zustands kennt, der entstanden wäre, wenn sich der Sozialleistungsträger von vornherein rechtmäßig verhalten hätte, kann auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßiges Verwaltungshandeln oder Unterlassen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandelns ausgeglichen werden. Gegenstand eines Folgenbeseitigungsanspruchs ist daher nicht die Einräumung derjenigen Rechtsposition, die der Betroffene bei rechtsfehlerfreiem Verwaltungshandeln erlangt haben würde. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG scheidet damit aus, da die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen auch für die Ausländerbehörde nicht disponibel sind.
Probates Mittel, um die Pflichtverletzung der Behörde nicht zum Nachteil des Ausländers folgenlos zu lassen, ist aus Sicht des Senats jedoch die Erteilung einer Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Die Erteilung der Ermessensduldung ist ein zulässiges Verwaltungshandeln im oben beschriebenen Sinne und von der Antragstellung im Beschwerdeverfahren jedenfalls als Minus erfasst.
Nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG kann einem Ausländer eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. So liegt der Fall hier: Es bestehen hier dringende persönliche Gründe, weil der Antragstellerin durch den unvollständigen Hinweis nicht vor Augen geführt wurde, welche Voraussetzungen zur Erlangung der Anschlusstitel noch erfüllt werden müssen und was ggf. zu tun ist und ihr so die Möglichkeit der Überleitung des Chancen-Aufenthaltsrechts in eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG genommen worden ist. Das Ermessen ist aufgrund des unrechtmäßigen Verwaltungshandelns der Antragstellerin auf Null reduziert.
Mit der Ermessensduldung kann die Antragstellerin ebenso wie als Inhaberin einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG erhalten. Insoweit ist damit die Rechtsposition der Antragstellerin wiederhergestellt, als habe die Antragsgegnerin ihren behördlichen Hinweispflichten genügt. Es ist nun an ihr, die Voraussetzungen für die Erteilung dieses Aufenthaltsrechts zu erfüllen.
Die Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG ist für die Dauer von bis zu 18 Monaten zu erteilen. Das ist dem Umstand geschuldet, dass der Bundesgesetzgeber den Inhabern des Chancenaufenthaltsrechts generell 18 Monate für die zu leistende Integration einräumt. Es besteht keinerlei Veranlassung bei der Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG von der 18-Monatsfrist des Bundesgesetzgebers abzuweichen und individuelle Umstände des betroffenen Ausländers in den Blick zu nehmen und diesen Zeitraum ggf. so zu verkürzen.