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Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs über tariflichen Zusatzurlaub für langjährig Beschäftigte

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

Die Einigungsstelle wird nach § 76 Abs. 5 Satz 1 BetrVG auf Antrag tätig, wenn ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen soll. Dies gilt für die im Gesetz ausdrücklich geregelten Fälle der erzwingbaren Mitbestimmung. Über diese hinaus können Tarifvertragsparteien vorsehen, dass auch über andere Fragen eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden kann und der Spruch der Einigungsstelle eine fehlende Einigung ersetzt (vgl. BAG, 19.10.2011 - Az: 4 ABR 116/09). Die Dauer des Urlaubs unterliegt nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG jedoch nicht der gesetzlichen Mitbestimmung des Betriebsrats (vgl. BAG, 14.01.1992 - Az: 9 AZR 148/91).

Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Tarifvertragsparteien können nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulassen. Eine Tarifvorschrift, die den Betriebsparteien das Recht einräumt, in Angelegenheiten der freiwilligen Mitbestimmung Regelungen zu treffen, ist typischerweise als Öffnungsklausel zu verstehen. Wollen die Tarifvertragsparteien hingegen ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht einräumen, muss sich dies aus dem Tarifvertrag ausdrücklich oder im Weg der Auslegung hinreichend deutlich ergeben (vgl. BAG, 23.02.2010 - Az: 1 ABR 65/08).

Vorliegend sah die tarifliche Bestimmung vor, dass „die Gewährung eines zusätzlichen Urlaubs für Arbeitnehmer, die dem Betrieb länger als 25 Jahre angehören, betrieblich zu regeln“ ist. Die Verwendung des unbestimmten Artikels „eines“ und das Offenlassen des Umfangs sprechen dafür, dass den Betriebsparteien lediglich die Möglichkeit eröffnet werden sollte, einen Anspruch zu regeln. Die systematische Betrachtung des Tarifvertrags stützte dies: An anderen Stellen ist ausdrücklich geregelt, dass eine Einigungsstelle entsprechend § 87 Abs. 2 BetrVG entscheidet. Für den Zusatzurlaub fehlt eine solche Regelung, was dafür spricht, dass nur eine einvernehmliche Mitbestimmung ermöglicht werden sollte.

Die tarifliche Regelung legte die Urlaubsdauer abschließend auf 30 Tage für alle Arbeitnehmer fest und lies Abweichungen nur in zwei genannten Fällen zu. Aufgrund dieser abschließenden Regelung war eine Öffnungsklausel im Sinne von § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG erforderlich, um eine betriebliche Regelung für Zusatzurlaub zu ermöglichen. Anhaltspunkte dafür, dass darüber hinaus ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht eingeführt werden sollte, liesen sich weder aus dem Normzweck noch aus der Entstehungsgeschichte herleiten. War die Einigungsstelle mangels erzwingbaren Mitbestimmungsrechts aber nicht zuständig, ist der gefasste Spruch unwirksam (vgl. BAG, 14.02.2023 - Az: 1 ABR 28/21).


BAG, 23.09.2025 - Az: 1 ABR 20/24

ECLI:DE:BAG:2025:230925.B.1ABR20.24.0

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