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Wirksam abgelöste Provisionsregelung und die Provisionsansprüche des Arbeitnehmers

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 32 Minuten

Wurde eine frühere Provisionsregelung durch eine neue Betriebsvereinbarung wirksam abgelöst, so hat der Arbeitnehmer keine Ansprüche aus der früheren Regelung. Dies gilt auch dann, wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger war.

Hat der Arbeitnehmer ein Schreiben des Arbeitgebers, in dem durch Unterschrift die neue Regelung anerkannt werden sollte, nicht unterschrieben, so ist dies nicht als individuelle Vereinbarung der Fortzahlung nach der alten Regelung zu sehen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien streiten über Provisionszahlungen für die Monate Januar 2002 bis Mai 2002.

Der Kläger war im streitbefangenen Zeitraum als Frischdienstfahrer für die Beklagte tätig. Das von der Beklagten bis zum 31. Dezember 2001 auf einen Teil der Belegschaft, darunter den Kläger, angewandte Provisionssystem ging zurück auf eine Betriebsvereinbarung vom 20. Oktober 1976.

Damals hatte eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, die P GmbH Brot- und Backwaren, mit dem für ihren Betrieb in der S in W-B gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über umsatzabhängige, übertarifliche Provisionen der Fahrverkäufer (BV 1976) geschlossen.

Ende 1987 ging der Betrieb S auf die Großbäckerei W B GmbH & Co. KG über. Diese wandte die BV 1976 weiterhin an; deren Fortgeltung wurde in einer weiteren Betriebsvereinbarung vom 25. September 1989 auch ausdrücklich vereinbart.

Am 28. Februar 1990 einigte sich die Großbäckerei W B GmbH & Co. KG mit dem Betriebsrat anlässlich einer 5%igen Preiserhöhung auf eine Absenkung der Provisionssätze.

1992 begann sie, die Verkaufstouren sukzessive in ihren Betrieb B in Br zu verlagern und Verkaufsfahrer aus dem Betrieb S nach Be zu versetzen. Aus diesem Anlass schloss sie mit dem Betriebsrat am 19. Juni 1992 einen Interessenausgleich und Sozialplan. Dieser sieht zur Abmilderung der mit den Versetzungen verbundenen Nachteile ua. vor, dass alle Betriebsvereinbarungen ihre Gültigkeit behalten, bis sie durch eine neue Betriebsvereinbarung ersetzt werden.

Die Verlagerung war erst im Februar 1999 vollständig abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Betrieb in der S endgültig stillgelegt. Im April 1995 hatte dort nochmals eine Betriebsratswahl stattgefunden. Der damals gewählte Betriebsrat erklärte sich im August 1995 schriftlich mit einer geringfügigen Absenkung der Provisionssätze einverstanden.

Die Großbäckerei W B GmbH & Co. KG stellte zusätzlich zu den versetzten Verkaufsfahrern, den sog. „Westfahrern“ im Betrieb Be neue Verkaufsfahrer, die sog. „Ostfahrer“ ein. An die „Westfahrer“ zahlte sie weiterhin Provisionen entsprechend der mehrfach geänderten BV 1976.

Die „Ostfahrer“ erhielten auf Grund einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung anders berechnete Provisionen. In Be gab es neben dem Betrieb der Großbäckerei W B GmbH & Co. KG zunächst auch einen Produktionsbetrieb der ebenfalls zur W-Gruppe gehörenden W Brot B-Br GmbH & Co. KG.

Diese und die Großbäckerei W B GmbH & Co. KG verschmolzen Ende 1997/Anfang 1998 zur Beklagten, die damals noch als W Brot N-O GmbH & Co. KG firmierte. Im Zusammenhang damit wurden zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt die beiden Be Betriebe zusammengelegt. Die Beklagte führte die beiden Provisionssysteme für die „Westfahrer“ und die „Ostfahrer“ zunächst fort.

Mit Schreiben vom 20. September 1999 kündigte sie die BV 1976 und die Betriebsvereinbarung vom 28. Februar 1990 zum 31. Dezember 1999. Zu der zum 1. Januar 2000 beabsichtigten einheitlichen Neuregelung für „West-“ und „Ostfahrer“ kam es zunächst nicht. Vielmehr folgten langwierige Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat.

Die Beklagte zahlte Provisionen auch weiterhin nach den beiden bisherigen Provisionssystemen. Im Juni 2001 firmierte sie zur W Brot N-O GmbH sowie im Lauf des Rechtsstreits zur K Brot N-O GmbH um.

Am 29. Januar 2002 schloss sie mit dem Betriebsrat mit Wirkung vom 1. Januar 2002 eine Betriebsvereinbarung über die Entlohnung der Frischdienstverkäufer und Fahrer (BV 2002). Die BV 2002 sieht unterschiedslos für „West-“ und „Ostfahrer“ dasselbe übertarifliche Provisionssystem vor.

Die Beklagte wandte das neue Provisionssystem ab dem 1. Januar 2002 an. Dies führte bei den „Westfahrern“ zu einer deutlichen Verminderung der Provisionen, bei den „Ostfahrern“ jedenfalls überwiegend zu Verbesserungen. Ob auch bei einem Teil der „Ostfahrer“ eine Minderung eintrat, ist streitig.

Der Kläger war seit 1984 bei der L-B Mühlen- und Backbetriebe GmbH als Verkaufsfahrer beschäftigt gewesen. Deren Betriebe wurden im März 1998 von der W-Gruppe „übernommen“. Der Kläger gelangte dabei zur W Brot B-Br GmbH & Co. KG. Diese bestätigte dem Kläger mit Schreiben vom 2. März 1998, dass er ab dem 1. März 1998 Mitarbeiter des Unternehmens in der Niederlassung Be werde. Außerdem heißt es in diesem Schreiben: „Ab dem 01.03.1998 gelten für das Arbeitsverhältnis die für unser Unternehmen vereinbarten Entgeltbedingungen. Als Zeichen der Übereinstimmung unterzeichnen Sie bitte die Kopie dieses Schreibens.“ Der Kläger verweigerte seine Unterschrift. Er wurde in der Folgezeit wie die „Westfahrer“ vergütet. Spätestens auf Grund der Verschmelzung und der Zusammenlegung der beiden Be Betriebe wurde er Arbeitnehmer der Beklagten.

Der Kläger hat mit der Klage für die Monate Januar 2002 bis Mai 2002 Provisionsdifferenzen in rechnerisch unstreitiger Höhe von 2.792,95 Euro geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe die Provision nach der früheren Regelung zu. Die BV 2002 habe seine Ansprüche nicht zu seinem Nachteil reduzieren können.

Der Kläger hat beantragt,die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.792,95 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 815,24 Euro seit dem 4. Mai 2002 und auf 1.977,00 Euro seit dem 15. August 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die BV 2002 habe die bis dahin geltenden Provisionsregelungen wirksam abgelöst.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Zahlungsanspruch weiter.

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