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Polizeihauptkommissar wird wegen Nähe zur Reichbürgerszene aus dem Beamtenverhältnis entfernt

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Das Verwaltungsgericht Hannover hat der Disziplinarklage der Polizeidirektion Hannover gegen einen 58-jährigen Polizeibeamten im Range eines Kriminalhauptkommissars stattgegeben und den Polizeibeamten aus dem Dienst entfernt.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Dem Polizeibeamten ist nach Auffassung der Disziplinarkammer zu Recht vorzuwerfen, der sogenannten Reichsbürgerbewegung anzugehören und auf verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen unter anderem der „Querdenkerszene“ Verschwörungstheorien verbreitet sowie staatliche Institutionen und deren Organe verunglimpft zu haben.

So hat der Beamte ohne hinreichenden Anlass einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt, in dem entsprechenden Antragsformular in dem Formularfeld „Geburtsstaat“ Preußen angegeben und seinen Bundespersonalausweis abgegeben mit dem Hinweis, dass dieser nicht mehr benötigt werde.

Für dieses für die Reichbürgerszene typische Verhalten konnte der Beklagte der Disziplinarkammer keine nachvollziehbaren Gründe benennen.

Der Beamte hat damit nach Auffassung der Disziplinarkammer die Legitimation der Bundesrepublik und seiner föderalen Gliederungen, also des Staates, zu dessen Verfassungsordnung er sich nach den Vorschriften des Beamtenrechts bekennen und für den er der eintreten soll, nicht vorbehaltlos anerkannt, sondern in Zweifel gezogen.

Auch verschiedene öffentliche Äußerungen des Beamten, in denen er darüber räsoniert, ob er Staatenloser sei, entsprechen nach Ansicht des Gerichts diesem reichsbürgertypischen Argumentationsmuster.

Auch die Vorwürfe, dass der Beamte Verschwörungstheorien verbreitet und staatliche Institutionen und Organe verunglimpft hat, haben sich zur Überzeugung des Gerichts als zutreffend erwiesen.

Das Gericht bezog sich dabei unter anderem auf die in öffentlichen Redebeiträgen enthaltenen Ausführungen zu geheimen Umsturzplänen und Militäroperationen und auf die in der umfangreichen Disziplinarklageschrift und den beigezogenen Akten dokumentierten Andeutungen des Beamten, beispielsweise, dass unter dem Flughafen in Berlin und dem Bahnhof in Stuttgart Bunker errichtet werden, in denen sich Migranten aufhalten, die darauf vorbereitet werden, gegen das deutsche Volk aufzubegehren.

Dies gilt auch, soweit der Beamte das staatliche Handeln im Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen in eine Reihe mit dem Handeln des Naziregimes gestellt und Parallelen der heutigen Polizei zu SS, SA und SD angedeutet hat oder Polizeibeamte im Dienst als Söldner ohne staatliche Eingriffsbefugnisse diskreditiert hat.

Zur Überzeugung der Disziplinarkammer hat der Beamte damit gegen seine Treuepflicht, gegen das Mäßigungs- und Zurückhaltungsverbot und gegen die Wohlverhaltenspflicht verstoßen und ein schweres Dienstvergehen begangen.

Das Gericht hat dies als im Wesentlichen außerdienstliches, in Teilbereichen auch innerdienstliches Dienstvergehen bewertet, welches auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit des Beklagten nicht mehr hinnehmbar ist und das zu einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu seinem Dienstherrn geführt hat.

Auch wenn das dienstliche Verhalten des Beamten in seiner über 40-jährigen Tätigkeit im Polizeidienst des Landes Niedersachsen keinen Grund zur Beanstandung gegeben hat, hat das Gericht deshalb die schwerste Disziplinarmaßnahme verhängt und den Beamten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil ist die Berufung beim OVG Niedersachsen zulässig.


VG Hannover, 28.04.2022 - Az: 18 A 3735/21

Quelle: PM des VG Hannover

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