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Reduzierung des Speisenangebotes in der Kantine unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 36 Minuten

Zu der Verwaltung einer Sozialeinrichtung, die der Mitbestimmung des Personalrats gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 6 LPVG unterliegt, gehört es, wenn der Dienststellenleiter pandemiebedingt das Leistungsangebot einer Betriebskantine einschränkt und die Essensausgabe auf take-away-Betrieb umstellt.

Die Corona-VO des Landes Baden-Württemberg stellt keine unbedingte und sich selbst vollziehende Rechtsnorm dar, die den Gesetzesvorrang des § 74 Abs. 2 1. Halbsatz LPVG auslöst und einer Mitbestimmungskompetenz des Personalrats entgegensteht.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass der weitere Beteiligte durch die vollständige bzw. teilweise Schließung und Wiedereröffnung von Betriebskantinen im Kontext von Covid-19 das Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt hat.

Das Universitätsklinikum U. unterhält an den Standorten O. E. und M. je eine Casino genannte Betriebskantine, die von der Dienstleistungsgesellschaft Universitätsklinikum U. (...) betrieben wird; bei dieser Dienstleistungsgesellschaft handelt es sich um ein Tochterunternehmen des Klinikums, das 100 Prozent des Stammkapitals der Dienstleistungsgesellschaft hält. Daneben betreibt die ... auch an der im U.er Stadtteil W. gelegenen Akademie für Gesundheitsberufe ein Casino. Am 16.03.2020 gab der weitere Beteiligte auf seinem Internetauftritt bekannt, dass ab diesem Tag im Hinblick auf die Corona-Pandemie neue Verfahrensweisen bei der Essensausgabe in den Casinos O. E. und M. gelten sollen. Der reguläre Casinobetrieb wurde hinsichtlich des Angebots eingeschränkt und auf take-away-Angebote umgestellt; es bestand nicht mehr die Möglichkeit, den Sitzbereich der Kantinen zu nutzen. Ab diesem Zeitpunkt bestand nur noch die Wahl zwischen einem vegetarischen und einem nichtvegetarischen Menü zum Mitnehmen; ebenso wurden belegte Brötchen, abgepackte Desserts und Backwaren zum Mitnehmen angeboten. Die Selbstbedienung beim Frühstücksbuffet in der Cafeteria O. E. und dem Casino M. wurde eingestellt, das Frühstück stattdessen von den Bediensteten der ... zusammengestellt und ausgegeben. Die Betriebskantine an dem Unterrichtsstandort W. wurde am 16.03.2020 vollständig geschlossen und am 01.09.2020 wiedereröffnet.

Am 19.05.2020 wies der weitere Beteiligte in seinem Internetauftritt darauf hin, dass ab dem 20.05.2020 die Casinos O. E. und M. wieder eingeschränkt geöffnet und pandemiebedingt besondere Hygieneregeln eingeführt würden, wie etwa Händedesinfektion beim Betreten des Casinos, Einlass in den Verzehrbereich nur wenn freie Tische vorhanden sind sowie Speisenverzehr an Einzeltischen im Innenraum und an Stehtischen im Außenbereich mit einem einzuhaltenden Mindestabstand von 1,5 Metern. Hierauf wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 19.05.2020 an den weiteren Beteiligten und beanstandete, dass es sich bei der Wiedereröffnung der Betriebskantinen um einen mitbestimmungspflichtigen Vorgang im Sinne des § 74 Abs. 2 Nr. 6 LPVG handele und die Maßnahme ohne Beteiligung des Personalrates rechtswidrig sei, auch wenn die Dienststelle bei der Schließung genauso verfahren sei. Der weitere Beteiligte antwortete unter dem 27.05.2020, dass die Casinos nicht vorübergehend geschlossen gewesen seien. Man habe durchgehend während der üblichen regulären Öffnungszeiten weiterhin warme Speisen, Belegte Brötchen, Desserts und Backwaren zum Mitnehmen angeboten, so dass keine Auflösung oder wesentliche Änderung der Sozialeinrichtung Casino bzw. der Verwaltung dieser Einrichtung angenommen werden könne. Im Übrigen sei dem Universitätsklinikum bzw. der Tochtergesellschaft ... angesichts der zunehmenden Ausbreitung des Corona-Virus Mitte März 2020 keine andere Wahl geblieben, als vorübergehend auf die Mitnahme von Speisen umzustellen, zumal die Landesregierung kurz darauf ohnehin angeordnet habe, dass Restaurants und derartige Betriebe schließen müssten und Speisen nur noch zum Mitnehmen anbieten dürften. Vor diesem Hintergrund liege auch keine Wiedereröffnung der Sozialeinrichtungen vor; letztendlich sei die Dienststelle mit der Möglichkeit, in den Casinos wieder Speisen zu verzehren, lediglich zum Status Quo vor Ausbruch der Pandemie zurückgekehrt.

Am 07.08.2020 hat der Antragsteller die Personalvertretungskammer angerufen. Er macht geltend, dass der weitere Beteiligte durch die (Teil-) Schließung und Wiedereröffnung der Betriebskantinen das Mitbestimmungsrecht des Personalrats gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 6 LPVG verletzt habe. Die von der Dienststelle einseitig verfügte Verringerung des Leistungsangebots in den Kantinen unterfalle dem Begriff der Verwaltung einer Sozialeinrichtung und sei mitbestimmungspflichtig. Die Bezugnahme des weiteren Beteiligten auf eine zeitlich nachfolgende Verordnung der Landesregierung hinsichtlich der Schließung von Gaststätten sei verfehlt. Im Übrigen habe die einschlägige Corona-Verordnung des Landes in der maßgeblichen Fassung vom 22.03.2020 zwar den Betrieb von Gaststätten und ähnlichen Einrichtungen, nicht jedoch von Kantinen für Betriebsangehörige oder Angehörige öffentlicher Einrichtungen verboten. Vor diesem Hintergrund gehe der Hinweis auf die Corona-Verordnung an der Sache vorbei.

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Birgül D., Mannheim