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Kündigung auch nach Gehaltserhöhung?

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

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Es stellt keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar, wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, den er zuvor mit dem Bemerken, dieser sei sein „bester Arbeitnehmer“, und einer Gehaltserhöhung von 500,-- € zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bewegt hat, fünf Monate später eine ordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen ausspricht.

Hierzu führte das Gericht aus:

Grundsätzlich gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben auf Kündigungen im Kleinbetrieb Folgendes (vgl. hierzu und zum Folgenden: BAG, 21.02.2001 - Az: 2 AZR 15/00):

Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig anzusehen ist. Die Vorschrift des § 242 BGB ist auf Kündigungen neben § 1 KSchG allerdings nur in beschränktem Umfang anwendbar. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und – soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung des Arbeitsplatzes geht – abschließend geregelt. Umstände, die im Rahmen des § 1 KSchG zu würdigen sind und die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen, kommen als Verstöße gegen Treu und Glauben grundsätzlich nicht in Betracht. Eine Kündigung verstößt dann gegen § 242 BGB und ist nichtig, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind, Treu und Glauben verletzt. Dies gilt auch für eine Kündigung, auf die wegen Nichterfüllung der 6-monatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet. Typische Tatbestände der treuwidrigen Kündigung sind insbesondere ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers, der Ausspruch einer Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form und eine Kündigung, die den Arbeitnehmer diskriminiert.

Neben diesen dargestellten Grundsätzen ist indes zu beachten, dass das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung, in der es um die Anwendung des § 242 BGB auf eine Kündigung in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ging, Folgendes ausgeführt hat: Ist eine Abkürzung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht vereinbart, so gilt für eine arbeitgeberseitige ordentliche Kündigung während der 6-monatigen Wartezeit der Grundsatz der Kündigungsfreiheit … Wer sich von seinem bisherigen Arbeitgeber abwerben lässt und mit dem abwerbenden Arbeitgeber nicht vereinbart, dass die Kündigung für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen ist, übernimmt das Risiko, das ihm der neue Arbeitgeber vor Ablauf der in § 1 Abs. 1 KSchG bestimmten Frist von sechs Monaten ordentlich kündigt. Zur Wirksamkeit einer derartigen Kündigung in der Wartezeit bedarf es nicht des Vorliegens von personen- verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen. Es bedarf auch keines irgendwie gearteten – verständigen, sinnvollen oder sachlichen Grundes – für die Wirksamkeit der Arbeitgeberkündigung …“

Ausdrücklich hat das Bundesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang hinzugefügt, dass ein solcher Fall nicht die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam mache, obwohl das Bundesarbeitsgericht in derselben Entscheidung wiederum Fälle widersprüchlichen Verhaltens des kündigenden Arbeitgebers als typische Beispiele für eine treuwidrige Kündigung benennt (BAG, 24.10.1996 - Az: 2 AZR 874/95).

Danach gilt im vorliegenden Fall Folgendes: Der nach dem Vorbringen des Klägers gegebene Fall, dass der Beklagte ihn, den Kläger, davon abgebracht hat, sein Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten aufzugeben und zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln, dieses unter Versprechen eines um 500,00 € erhöhten Gehaltes, ist unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht anders zu bewerten als die Abwerbung eines Arbeitnehmers von einem anderen Arbeitgeber. Auch hier hätte der Kläger, hätte ihm das erhöhte Gehalt nicht dafür gereicht, die Absage bei dem neuen Arbeitgeber davon abhängig machen können, dass der Beklagte mit ihm, dem Kläger, den Ausschluss der ordentlichen Kündigung für eine bestimmte Zeit (im Sinne einer Mindestbefristung) vereinbarte. Dieses hat der Kläger indes nicht getan. Er hat das höhere Gehalt akzeptiert und ist bei dem Beklagten geblieben. Der Fall ist nicht anders zu beurteilen als der vom Bundesarbeitsgericht am 24.10.1996 entschiedene Fall.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bedarf es auch in diesen Fällen keines irgendwie gearteten verständigen, sinnvollen oder sachlichen Grundes für die spätere Kündigung. Selbst wenn man einen solchen fordern wollte, läge dieser aber vor: Bereits das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beklagte, als er den Fahrbetrieb einschränkte, und zwei Arbeitnehmern kündigte, sich an die Grundsätze der sozialen Auswahl gehalten hat und denjenigen Arbeitnehmern nicht gekündigt hat, die wegen Unterhaltspflichten sozial schutzwürdiger als der Kläger erschienen.


LAG Köln, 28.09.2012 - Az: 4 Sa 569/12

ECLI:DE:LAGK:2012:0928.4SA569.12.00

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