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Fehlende Stellenausschreibung: Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zur Einstellung gerechtfertigt?

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

Ein Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme nach § 99 Abs. 1 BetrVG nur aus den in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgeführten Gründen verweigern. Eine Zustimmungsverweigerung wegen unterbliebener innerbetrieblicher Ausschreibung setzt voraus, dass der Betriebsrat ein entsprechendes Ausschreibungsverlangen nach § 93 BetrVG rechtzeitig gestellt oder eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen hat. Ohne ein solches Verlangen besteht keine Pflicht des Arbeitgebers, offene Stellen intern auszuschreiben.

Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG liegt nur vor, wenn die beabsichtigte Maßnahme selbst gegen ein Gesetz, einen Tarifvertrag oder eine sonstige verbindliche Norm verstößt und der Zweck der Verbotsnorm nur durch Unterlassen der Maßnahme erreicht werden kann. Eine bloße Rechtswidrigkeit einzelner Vertragsbedingungen genügt nicht. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen ist kein Instrument zur allgemeinen Vertragsinhaltskontrolle (vgl. BAG, 28.03.2000 - Az: 1 ABR 16/99).

Im konkreten Zusammenhang kann ein Verstoß gegen tarifvertragliche Vorschriften – etwa hinsichtlich der Probezeit oder Kündigungsfristen – nicht als Zustimmungsverweigerungsgrund herangezogen werden, sofern der mögliche Verstoß lediglich einzelne Vertragsbedingungen betrifft und durch entsprechende Anpassung geheilt werden könnte. Eine Einstellung wird dadurch nicht insgesamt unzulässig. Gleiches gilt, wenn ein möglicher Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Frage steht; auch dieser führt nicht zur Unzulässigkeit der Einstellung als solcher.

Für den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG gilt, dass eine fehlende innerbetriebliche Ausschreibung nur dann einen beachtlichen Einwand darstellt, wenn der Betriebsrat zuvor nach § 93 BetrVG verlangt hat, dass Arbeitsplätze allgemein oder für bestimmte Tätigkeiten ausgeschrieben werden. Ein solches Ausschreibungsverlangen muss vor dem Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Einstellung erfolgen. Ein nachträgliches Verlangen genügt nicht. Eine bloße bisherige Ausschreibungspraxis des Arbeitgebers ersetzt weder ein ausdrückliches Verlangen noch eine Vereinbarung.

Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber nicht dazu, von sich aus eine Ausschreibung vorzunehmen, wenn kein entsprechendes Verlangen des Betriebsrats besteht. Das Fehlen eines Ausschreibungsverlangens schließt die Berufung auf § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG aus. Erst ein vor der jeweiligen personellen Maßnahme erklärtes Ausschreibungsverlangen oder eine entsprechende Regelungsabrede begründet eine Ausschreibungspflicht.

Da im vorliegenden Zusammenhang ein solches Verlangen des Betriebsrats nicht bestand und auch keine Vereinbarung über Ausschreibungen getroffen wurde, lag kein beachtlicher Zustimmungsverweigerungsgrund vor. Die Zustimmung zur Einstellung konnte daher ersetzt werden.


BAG, 14.12.2004 - Az: 1 ABR 54/03

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