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Verzicht auf tarifliche Leistungen als Einstellungsvoraussetzung
Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten
Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte zu entscheiden, ob der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung deswegen verweigern kann, weil der Arbeitgeber die Einstellung von einem Verzicht auf tarifliche Leistungen abhängig macht.
Die verbandsangehörige Arbeitgeberin stellt jährlich sechs bis acht Auszubildende für den eigenen Bedarf ein. Mit diesen vereinbart sie die tarifliche Ausbildungsvergütung. 1997 bot sie in Zeitungsanzeigen unter der Überschrift "Initiative für mehr Ausbildung" zusätzliche Ausbildungsplätze "über unseren eigenen Bedarf hinaus" an. Als Voraussetzung wurde ua. gefordert, daß die Bewerber bereit seien, "für einen Ausbildungsplatz auf tarifliche Leistungen - z.B. einen Teil der Ausbildungsvergütung - zu verzichten".
Die Arbeitgeberin wählte fünf Bewerber aus, zu deren Einstellung sie die Zustimmung des Betriebsrats beantragte. Sie teilte dem Betriebsrat mit, von allen liege die Bestätigung vor, daß keine Tarifbindung bestehe. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung u.a. mit der Begründung, die vorgesehene Vergütung sei tarifwidrig und verletze den Grundsatz der Gleichbehandlung, außerdem habe die Arbeitgeberin in unzulässiger Weise die Gewerkschaftszugehörigkeit zum Auswahlkriterium gemacht.
Die Arbeitgeberin beantragte die Ersetzung der Zustimmung. Das Landesarbeitsgericht gab dem Antrag statt.
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hatte keinen Erfolg. Ein Arbeitgeber darf die Einstellung eines Bewerbers allerdings nicht davon abhängig machen, daß dieser nicht Gewerkschaftsmitglied ist. Ein solches Auswahlkriterium verstößt gegen das nach Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Recht des Arbeitnehmers, Mitglied einer Gewerkschaft zu sein. Der Verstoß berechtigt den Betriebsrat, die Zustimmung zur Einstellung zu verweigern.
Im Streitfall konnte der Senat jedoch nicht davon ausgehen, daß die Gewerkschaftszugehörigkeit Auswahlkriterium war. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die Arbeitgeberin die Bewerber vor Abschluß des Ausbildungsvertrages nicht nach der Gewerkschaftszugehörigkeit befragt. Allein aus dem geforderten Verzicht auf tarifliche Leistungen läßt sich nicht zwingend folgern, daß mit einem der Gewerkschaft angehörenden Bewerber keinesfalls ein Vertrag geschlossen werden sollte. Vielmehr ist nicht auszuschließen, daß die Arbeitgeberin davon ausging, auch Gewerkschaftsmitglieder würden aufgrund ihres Interesses an der angebotenen Ausbildung - gesetzlich unverzichtbare - Tarifansprüche nicht geltend machen.
Eine untertarifliche Bezahlung stellt für sich keinen Zustimmungsverweigerungsgrund dar. Zur Vermeidung der damit möglicherweise verbundenen Gesetzesverletzung ist es nicht erforderlich, daß die Einstellung ganz unterbleibt. Der Arbeitnehmer kann seine Tarifansprüche nach der Einstellung gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen.
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