Im bestehenden Ausbildungsverhältnis hat der Auszubildende nach § 14 BBiG einen Anspruch auf Ausbildung. Von dieser Verpflichtung wird der Ausbilder nicht ohne weiteres nach § 275 BGB wegen Unmöglichkeit frei.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin in einem bestehenden Ausbildungsvertrag auszubilden und über Ansprüche der Klägerin auf Zahlung der Ausbildungsvergütung aus Annahmeverzug.
Die Parteien schlossen unter dem Datum vom 29.08.2013 einen Berufsausbildungsvertrag über die Ausbildung der Klägerin zum Beruf der Damenmaßschneiderin. Wegen längerer Fehlzeiten aufgrund einer chronischen Erkrankung verlängerte die Handwerkskammer Berlin auf Antrag der Klägerin das Berufsausbildungsverhältnis. Die Prüfung ist nun für Anfang 2017 vorgesehen.
Nach einer längeren
Arbeitsunfähigkeit fand sich die Klägerin am 27.01.2016 bei der Beklagten ein, um ihre Ausbildung fortzusetzen. Dazu kam es in der Folgezeit nicht. Mit Schreiben vom 08.02.2016 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte u. a. auf, der Klägerin unverzüglich einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Dies lehnte die Beklagte, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom selben Tag u. a. mit der Begründung ab, sie sei aus gesundheitlichen Gründen auf absehbarer Zeit nicht in der Lage, eine Ausbildung zu gewährleisten.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.06.2016 die Beklagte verurteilt, die Berufsausbildung der Klägerin bis zum Ende des Berufsausbildungsverhältnisses fortzusetzen und an die Klägerin 630,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 210,00 EUR brutto seit dem 01.04.2016 sowie auf 210,00 EUR brutto seit dem 01.05.2016 und auf 210,00 EUR seit dem 01.06.2016 zu zahlen. Den Antrag auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils in Bezug auf den Antrag zu Ziffer 1 hat das Arbeitsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Fortsetzung ihrer Berufsausbildung bis zum Ende des Berufsausbildungsverhältnisses. Dies sei der Beklagten nicht unmöglich oder unzumutbar geworden, § 275 BGB. Der diesbezügliche Vortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten sei unsubstantiiert und ließe eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit nicht erkennen. Auch müsse gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 BBiG der Ausbildende nicht selbst ausbilden, sondern könne einen Ausbilder oder eine Ausbilderin ausdrücklich damit beauftragen. Weiterhin habe die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Ausbildungsvergütung für die Monate März bis Mai 2016 in Höhe von unstreitig 210,00 EUR monatlich, weil sich die Beklagte in diesem Zeitraum in Annahmeverzug befunden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses der Beklagten am 22.07.2016 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 22.08.2016 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem – nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 07.10.2016 – am 07.10.2016 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte und Berufungsklägerin wendet unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und unter weiterer Vorlage eines ärztlichen Attestes gegen den Anspruch auf Ausbildung Unmöglichkeit wegen ihrer Erkrankung ein. Sie habe deshalb auch ihren Betrieb z.Zt. zum Ruhen gebracht. Sie versuche nur mit ihrer Homepage und wenig aufwendigen Aktivitäten in ihren Berufskreisen im Gespräch zu bleiben und ihren Ruf als Modedesignerin aufrechtzuerhalten. Über ein Atelier oder ein Ladengeschäft verfüge sie nicht mehr. Die Einstellung eines anderen Ausbilders sei ihr unzumutbar. Sie sei dazu auch nicht nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 BBiG rechtlich verpflichtet, weil diese Norm nur die Fälle erfasse, in denen der Ausbilder von vorneherein die persönliche und fachliche Eignung nicht aufweisen könne. Dies sei bei der Beklagten nicht der Fall gewesen. Da ihr aber auch die Ausbildung unmöglich geworden sei, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung der Ausbildungsvergütung aus Annahmeverzug.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil mit Rechtsausführungen und verweist darauf, dass der Beklagten die Ausbildung wegen ihrer Erkrankung nicht unmöglich geworden sei, wie sich aus der zwischen den Instanzen getroffenen Kooperationsvereinbarung ergebe.
Mit Datum vom 18.07.2016 haben die Parteien eine Kooperationsvereinbarung über die Ausbildung der Klägerin in einem Partnerbetrieb im Rahmen des Berufsausbildungsvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten vereinbart. Im Hinblick darauf hat die Handwerkskammer Berlin auf Antrag der Klägerin das Ausbildungsverhältnis bis zum 28.02.2017 verlängert.
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