Vor dem
Abschleppen eines verbotswidrig mit Verkehrsbehinderung abgestellten Fahrzeuges ist eine vorherige Kontaktaufnahme mit einem Verantwortlichen auch dann nicht erforderlich, wenn auf dem Fahrzeug eine gewerbliche Mobil- und eine Festnetznummer angebracht sind, die nicht auf den konkreten Aufenthaltsort des Verantwortlichen hindeuten.
Hierzu führte das Gericht aus:
Ob es sich bei der streitgegenständlichen Abschleppmaßnahme um eine Sicherstellung im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 12 OBG NRW in Verbindung mit § 43 Nr. 1, § 46 Abs. 3 S. 3 PolG NRW – wie die Beklagte ausweislich des Bescheids annimmt – oder um eine Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme im Sinne der § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, 59 VwVG NRW handelt, bedarf keiner Entscheidung.
Denn die Abschleppmaßnahme ist nach beiden Varianten rechtmäßig.
Die danach erforderliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit lag vor. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im polizei- und ordnungsrechtlichen Sinne besteht bei einer Beeinträchtigung von Individualrechtsgütern, bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung – mithin bei einer Zuwiderhandlung gegen formelle und materielle Gesetze – sowie bei einer Beeinträchtigung des Bestandes und der Veranstaltungen des Staates.
Vorliegend war ein Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung gegeben. Im Zeitpunkt des Einschreitens der Beklagten lag ein Verstoß gegen § 49 Abs. 1 Nr. 12 in Verbindung mit
§ 12 Abs. 4 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor, weil das Chassis der Klägerin verbotswidrig entgegen der Fahrtrichtung abgestellt war. § 12 Abs. 4 StVO erlaubt hingegen nur das Parken am rechten Fahrbahnrand. Dadurch, dass das Fahrgestell entgegen der Fahrtrichtung abgestellt war, fuhr der fließende Verkehr nicht auf den hinteren Teil des Chassis zu, an dem sich die Rückleuchten und Reflektoren befinden, sondern auf die unbeleuchtete Verbindungsstange. Es war damit durch die Kurve und die fehlende Beleuchtung schlecht zu sehen, sodass bei jedem herannahenden Fahrzeug die Gefahr drohte, dass das Chassis zu spät gesehen wird und es zu einem Unfall kommt. Das Chassis der Klägerin war demnach verbotswidrig und mit Verkehrsbehinderung abgestellt.
Die Entscheidung, das Chassis der Klägerin zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr abschleppen zu lassen, stand im Ermessen der Beklagten (vgl. § 43 Nr. 1 PolG NRW bzw. § 59 Abs. 1 S. 1 VwVG NRW i.V.m. § 16 OBG NRW). Ermessensfehler sind nicht gegeben. Weder wurden die Ermessensgrenzen überschritten noch wurde von dem Ermessen in zweckwidriger Weise Gebrauch gemacht (§ 114 S. 1 VwGO). Insbesondere ist eine Überschreitung der Ermessensgrenzen nicht gegeben.
Die durchgeführte Abschleppmaßnahme war verhältnismäßig (§ 15 OBG NRW). Das Abschleppen war zur Abwehr der bereits eingetretenen und noch andauernden Störung durch das rechtswidrig abgestellte Chassis geeignet.
Es war auch erforderlich, da andere, die Klägerin weniger beeinträchtigende, ebenso effektive Mittel zur Beseitigung des Rechtsverstoßes nicht zur Verfügung standen. Insbesondere konnte die Klägerin den Auflieger nicht selbst entfernen. Zwischen den Beteiligten ist unbestritten, dass sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Gefahrenbeseitigung in unmittelbarer Umgebung kein Verantwortlicher befand.
Die Beklagte war jedoch nicht dazu verpflichtet, vor Einleitung der Abschleppmaßnahme die Halterin des Chassis ausfindig zu machen. Denn sofern sich ein unbekannter Fahrer – wie im vorliegenden Fall – von dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug entfernt und deshalb nicht unmittelbar wie jemand zur Verfügung steht, der sich in Ruf- oder Sichtweite seines Fahrzeugs aufhält, sind grundsätzlich keine Ermittlungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen zu veranlassen, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden Verzögerungen führt.
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