Wir lösen Ihr Rechtsproblem! Stellen Sie uns jetzt Ihre Fragen.Bewertung: - bereits 393.844 Anfragen

Verkehrsberuhigter Bereich und Spielstraße: Welche Unterschiede gibt es und welche Regeln gelten?

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe „Spielstraße“ und „verkehrsberuhigter Bereich“ häufig synonym verwendet. Viele Verkehrsteilnehmer gehen davon aus, dass das bekannte blaue Verkehrszeichen mit der stilisierten Darstellung spielender Personen eine klassische Spielstraße kennzeichnet. Dies ist jedoch unzutreffend. Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) differenziert zwischen dem verkehrsberuhigten Bereich und der weitaus selteneren „echten“ Spielstraße. Für beide gelten grundlegend verschiedene Regelungen, insbesondere hinsichtlich der erlaubten Geschwindigkeit, der Vorfahrtsregeln und der Parkmöglichkeiten.

Was versteht man unter einem verkehrsberuhigten Bereich?

Am häufigsten anzutreffen ist der verkehrsberuhigte Bereich, umgangssprachlich oft als „unechte Spielstraße“ bezeichnet. Gekennzeichnet wird er durch das Verkehrszeichen 325.1 (Beginn) und beendet durch das Zeichen 325.2 (Ende). Das rechteckige blaue Schild zeigt ein weißes Piktogramm eines Hauses, eines Autos sowie einer auf der Straße Ball spielenden erwachsenen Person und eines Kindes. Diese bildliche Darstellung symbolisiert bereits die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer bei gleichzeitigem Schutz der schwächeren.

Gemäß Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO dürfen Fußgänger die Straße in ihrer gesamten Breite nutzen. Ausdrücklich sind Kinderspiele hier überall erlaubt. Dies bedeutet, dass Fußgänger nicht auf Gehwege beschränkt sind, sondern sich frei auf der gesamten Verkehrsfläche bewegen dürfen. Daraus ergeben sich für Fahrzeugführer, einschließlich Radfahrern und Nutzern von E-Scootern, weitreichende Pflichten. Sie müssen besondere Rücksicht auf Fußgänger nehmen und dürfen diese weder gefährden noch behindern. Erfordert die Situation es, besteht eine Wartepflicht für den Fahrzeugverkehr. Im Gegenzug dürfen Fußgänger den Fahrverkehr jedoch nicht ohne triftigen Grund behindern oder blockieren.

Im verkehrsberuhigten Bereich ist die Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit erforderlich. Der Begriff der „Schrittgeschwindigkeit“ ist in der StVO selbst nicht definiert. Die Rechtsprechung hat diesen unbestimmten Rechtsbegriff jedoch über die Jahre konkretisiert. In der Regel erfolgt eine eine Orientierung an der Geschwindigkeit eines gehenden Fußgängers, also ca. 4 bis 7 km/h (vgl. OLG Düsseldorf, 07.03.2017 - Az: I-1 U 97/16; LG Osnabrück, 21.02.2018 - Az: 4 S 27/18; LG Lübeck, 19.07.2023 - Az: 9 O 113/21; AG Frankenthal, 28.10.2020 - Az: 3c C 101/19). Die Höchstgrenze wird in der Regel bei maximal 10 km/h gezogen (vgl. OLG Naumburg, 21.03.2017 - Az: 2 Ws 45/17; LG Osnabrück, 21.02.2018 - Az: 4 S 27/18). Fahrzeugführer sind gut beraten, sich im unteren Bereich dieser Skala zu bewegen, um ihrer erhöhten Sorgfaltspflicht gerecht zu werden und jederzeit auf unvorhersehbare Situationen, wie auf die Straße laufende Kinder, reagieren zu können. Auch moderne Geschwindigkeitsmessanlagen sind in der Lage, Verstöße in diesem niedrigen Geschwindigkeitsbereich zu erfassen und zu ahnden.

Wo ist das Parken im verkehrsberuhigten Bereich zulässig?

Das Parken ist innerhalb eines verkehrsberuhigten Bereichs ausschließlich auf den dafür explizit gekennzeichneten Flächen gestattet. Diese Flächen sind üblicherweise durch Bodenmarkierungen klar als Parkplätze ausgewiesen. Das Abstellen des Fahrzeugs an anderen Stellen, beispielsweise am Fahrbahnrand, ist unzulässig und stellt einen Verstoß dar.

Eine wichtige Ausnahme von diesem strikten Parkverbot besteht für das Halten. Das Halten zum Zwecke des Ein- oder Aussteigens sowie zum Be- und Entladen ist auch außerhalb der markierten Parkflächen erlaubt. Hierbei ist die Unterscheidung zwischen Halten und Parken von Bedeutung: Wer sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält, der parkt. Solange der Lade- oder Aussteigevorgang zügig vonstattengeht und der Fahrer in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs bleibt, um es bei Bedarf sofort wegfahren zu können, handelt es sich in der Regel um erlaubtes Halten. Jedoch gilt auch hier der Grundsatz, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert oder gefährdet werden dürfen.

Verstöße gegen die Parkvorschriften im verkehrsberuhigten Bereich werden mit Verwarnungsgeldern geahndet. Das unzulässige Parken außerhalb der gekennzeichneten Flächen kostet mindestens 10 Euro. Kommt eine Behinderung anderer hinzu, erhöht sich der Betrag auf 15 Euro. Dauert der Verstoß länger als drei Stunden, werden 20 Euro fällig, bei einer zusätzlichen Behinderung steigt das Verwarnungsgeld auf 30 Euro.

Vorfahrtsregeln: Innerhalb und beim Verlassen der Zone

Innerhalb des verkehrsberuhigten Bereichs gilt an Kreuzungen und Einmündungen, sofern nicht durch Verkehrszeichen anders geregelt, die allgemeine Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gemäß § 8 StVO. Fahrzeugführer müssen dem von rechts kommenden Verkehr Vorrang gewähren.

Eine Besonderheit ergibt sich jedoch beim Verlassen des verkehrsberuhigten Bereichs. Wer aus einem durch das Zeichen 325.2 markierten Bereich auf eine andere Straße einfährt, unterliegt der besonderen Sorgfaltspflicht des § 10 StVO. Dies bedeutet, dass der ausfahrende Verkehrsteilnehmer sich so verhalten muss, als käme er von einem Grundstück oder über einen abgesenkten Bordstein auf die Fahrbahn. Er ist wartepflichtig gegenüber dem gesamten fließenden Verkehr auf der anderen Straße, unabhängig davon, aus welcher Richtung dieser kommt. Die Regel „rechts vor links“ findet hier keine Anwendung. Eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer muss ausgeschlossen sein. Die Absicht, aus dem verkehrsberuhigten Bereich auszufahren, ist zudem rechtzeitig und deutlich durch Blinken anzuzeigen.

Die „echte“ Spielstraße: Absolutes Fahrverbot für Fahrzeuge

Von dem verkehrsberuhigten Bereich ist die „echte“ Spielstraße strikt zu unterscheiden. Diese wird durch das Verkehrszeichen 250 – ein rundes Schild mit rotem Rand und weißem Grund – gekennzeichnet. Dieses Zeichen statuiert ein generelles „Verbot für Fahrzeuge aller Art“. In der Regel wird es durch das Zusatzzeichen 1010-10, das ein Ball spielendes Kind zeigt, ergänzt. Erst diese Kombination macht eine Straße zur echten Spielstraße.

Das Befahren dieser Straße ist für jeglichen Fahrzeugverkehr untersagt. Dies schließt nicht nur Kraftfahrzeuge wie Pkw und Motorräder ein, sondern erstreckt sich ausdrücklich auch auf Fahrräder. Lediglich das Schieben eines Fahrrads oder Kraftrads ist gestattet. Die Verkehrsfläche ist hier ausschließlich für Fußgänger und insbesondere für spielende Kinder reserviert.

Aus dem umfassenden Verkehrsverbot leitet sich ein absolutes Parkverbot ab. Wo Fahrzeuge nicht fahren dürfen, können sie auch nicht abgestellt werden. Das Parken in einer echten Spielstraße ist daher unter keinen Umständen erlaubt. Verstöße gegen dieses Verbot werden deutlich härter sanktioniert als im verkehrsberuhigten Bereich. Gemäß dem aktuellen Bußgeldkatalog wird für das unzulässige Parken in einer als Spielstraße gekennzeichneten Zone ein Verwarnungsgeld von mindestens 55 Euro fällig. Wird durch das Falschparken jemand behindert oder dauert der Verstoß länger als drei Stunden an, erhöht sich das Bußgeld auf 70 Euro. Zusätzlich müssen Fahrzeughalter damit rechnen, dass ihr verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug von den Ordnungsbehörden kostenpflichtig abgeschleppt wird, was weitere erhebliche Kosten nach sich zieht.

Gelten für Anlieger Ausnahmen beim Befahren und Parken?

Für Anwohner stellt sich die Frage, ob für sie Ausnahmeregelungen gelten. Im verkehrsberuhigten Bereich haben Anlieger keine generellen Sonderrechte. Sie dürfen ebenfalls nur in den gekennzeichneten Flächen parken und müssen sich an die Schrittgeschwindigkeit halten. Ein Anspruch auf einen Parkplatz vor der eigenen Haustür existiert nicht, es sei denn, es sind spezielle Bewohnerparkzonen eingerichtet.

In einer echten Spielstraße (Zeichen 250) ist die Lage noch restriktiver. Selbst Anwohner dürfen eine solche Straße grundsätzlich nicht befahren oder in ihr parken. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn unter dem Verkehrszeichen 250 ein Zusatzschild wie „Anlieger frei“ angebracht ist. Nur in diesem Fall ist es den Anwohnern gestattet, die Straße zu befahren, um beispielsweise zu ihren Grundstücken zu gelangen. Auch in diesem Ausnahmefall gilt jedoch, dass mit äußerster Vorsicht und zwingend in Schrittgeschwindigkeit gefahren werden muss, um die vorrangberechtigten Fußgänger und spielenden Kinder nicht zu gefährden. Das Parken bleibt auch für Anlieger in der Regel nur auf dem eigenen Grundstück erlaubt – nicht jedoch auf der öffentlichen Verkehrsfläche der Spielstraße selbst.
Stand: 18.09.2025
Feedback zu diesem Tipp

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von Bild.de

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.239 Bewertungen) - Bereits 393.844 Beratungsanfragen

Man wird sehr gut beraten. Und man bekommt schnell eine Antwort.Danke☺️

Verifizierter Mandant

Vielen Dank für die schnelle und wirklich sehr gut erklärte, hilfreiche Antwort.

Verifizierter Mandant