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Gelber Brief vom Gericht: Mahnbescheid nach einer Filesharing-Abmahnung

Urheberrecht | Lesezeit: ca. 12 Minuten

Das Thema Filesharing und die damit verbundenen urheberrechtlichen Abmahnungen sind seit vielen Jahren ein juristischer Dauerbrenner. Viele Betroffene, die eine solche Abmahnung erhalten, sind unsicher, wie sie reagieren sollen. Ignorieren sie das Schreiben, folgt nicht selten einige Zeit später Post vom Gericht – ein gerichtlicher Mahnbescheid. Dieses amtliche Dokument sollte unter keinen Umständen auf die leichte Schulter genommen werden, da es weitreichende finanzielle Konsequenzen haben kann.

Das gerichtliche Mahnverfahren wurde geschaffen, damit Gläubiger von Geldforderungen einfacher, schneller und kostengünstiger als über den regulären Klageweg einen vollstreckbaren Titel erlangen können. Gerade im Bereich des Filesharings wird dieses Instrument häufig von den abmahnenden Kanzleien genutzt, um die geltend gemachten Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche gerichtlich titulieren zu lassen, oft kurz bevor die Verjährung der Ansprüche droht.

Urheberrechtliche Abmahnung als Ausgangspunkt

Bevor ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet wird, steht in der Regel eine außergerichtliche Abmahnung. Rechteinhaber, beispielsweise aus der Film- oder Musikindustrie, beauftragen spezialisierte Anwaltskanzleien damit, Urheberrechtsverletzungen zu verfolgen, die über Internet-Tauschbörsen begangen wurden. Unter Filesharing versteht man den Austausch von Dateien wie Filmen, Musikstücken oder Software über sogenannte Peer-to-Peer-Netzwerke. Die Nutzer laden dabei nicht nur Inhalte herunter, sondern stellen diese, oft unbewusst, gleichzeitig anderen Nutzern wieder zum Upload zur Verfügung. Während das Filesharing an sich nicht illegal ist, stellt das unberechtigte öffentliche Zugänglichmachen von urheberrechtlich geschützten Werken eine Rechtsverletzung dar, die von den Rechteinhabern abgemahnt werden kann. Abgemahnt wird dabei in den meisten Fällen das Anbieten der geschützten Inhalte, nicht das reine Herunterladen.

Erhält eine Person eine solche Abmahnung, ist es entscheidend, besonnen und überlegt zu handeln. Panikreaktionen oder unüberlegte Handlungen können die eigene Rechtsposition erheblich verschlechtern. Insbesondere sollte die dem Schreiben oftmals beigefügte vorformulierte Unterlassungserklärung niemals ungeprüft unterzeichnet werden. Solche Mustererklärungen sind häufig zu weit gefasst und können als Schuldeingeständnis gewertet werden. Eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung ist in der Regel ein Leben lang bindend und kann bei zukünftigen Verstößen zu hohen Vertragsstrafen führen. Ebenso sollte von einer direkten Kontaktaufnahme mit der abmahnenden Kanzlei abgesehen werden, da unbedachte Äußerungen später gegen den Betroffenen verwendet werden können. Auch die geforderte Geldsumme sollte nicht vorschnell bezahlt werden. Stattdessen ist es ratsam, die Abmahnung fristgerecht durch einen spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen und eine sogenannte modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben – falls überhaupt eine Erklärung abgegeben werden soll.

Vom Abmahnschreiben zum gerichtlichen Mahnbescheid

Reagiert der Empfänger der Abmahnung nicht oder kommt keine außergerichtliche Einigung zustande, entscheiden sich die Rechteinhaber oft für den nächsten Schritt: die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Ein Hauptgrund für diesen Schritt ist die Hemmung der Verjährung. Der Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten aus einer Urheberrechtsverletzung unterliegt der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB). Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns bzw. angemessene Lizenzgebühr nach § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 BGB verjährt nach 10 Jahren (BGH, Urt. v. 12.05.2016 - Az: I ZR 48/15).

Die Verjährungsfrist beginnt dabei mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat. Um zu verhindern, dass die Ansprüche verjähren, kann der Rechteinhaber durch die Beantragung eines Mahnbescheids die Verjährung hemmen. Dies erklärt, warum Mahnbescheide in Filesharing-Fällen oft erst Jahre nach der ursprünglichen Abmahnung zugestellt werden.

Ablauf und Besonderheiten des gerichtlichen Mahnverfahrens

Das gerichtliche Mahnverfahren ist ein standardisiertes und weitgehend automatisiertes Verfahren. Der Gläubiger, also der Rechteinhaber, stellt beim zuständigen Amtsgericht einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids. In diesem Antrag werden der Forderungsgrund und die Höhe der Forderung benannt. Eine entscheidende Besonderheit dieses Verfahrens ist, dass das Gericht an dieser Stelle nicht prüft, ob die geltend gemachte Forderung tatsächlich berechtigt ist. Es findet keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt statt. Das Gericht prüft den Antrag lediglich auf formale Korrektheit und erlässt anschließend den Mahnbescheid, der dem Antragsgegner, also dem ehemaligen Empfänger der Abmahnung, per Post zugestellt wird. Dieser muss nun innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung – nicht ab Absendung - reagieren. Ein Widerspruch kann übrigens auch gegen einzelne Teile der Forderung eingelegt werden (teilweiser Widerspruch möglich).

Die Erfahrung zeigt, dass Rechteinhaber das Mahnverfahren strategisch einsetzen. Es ist nicht unüblich, dass Mahnanträge bewusst in Urlaubs- oder Ferienzeiten gestellt werden, in der Hoffnung, dass der Empfänger die knappe Widerspruchsfrist versäumt. Das Ziel ist es, auf diese Weise relativ einfach und schnell einen vollstreckbaren Titel zu erlangen, weil die Forderung nicht bestritten wird.

Reaktion auf den Mahnbescheid: Der Widerspruch

Erhält eine Person einen gerichtlichen Mahnbescheid, ist schnelles Handeln geboten. Ist der Empfänger mit der Forderung ganz oder teilweise nicht einverstanden, muss er binnen einer Frist von zwei Wochen ab der Zustellung Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegen. Versäumt er diese Frist, kann der Gläubiger auf dieser Grundlage den Erlass eines Vollstreckungsbescheids beantragen. Der Widerspruch muss nicht begründet werden; es genügt, das entsprechende Formular, das dem Mahnbescheid beiliegt, fristgerecht an das Gericht zurückzusenden.

Wird form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt, ist das Mahnverfahren an dieser Stelle beendet. Dem Gläubiger bleibt dann nur noch die Möglichkeit, seine Forderung im Rahmen eines regulären Klageverfahrens durchzusetzen. Erst in diesem streitigen Gerichtsverfahren müsste der Rechteinhaber dann umfassend darlegen und beweisen, dass sein Anspruch tatsächlich besteht. Der Empfänger des Mahnbescheids hat dann die Gelegenheit, sich umfassend gegen die Forderung zu verteidigen. Die Erfolgsaussichten einer solchen Verteidigung hängen vom Einzelfall ab. Sie sind jedoch tendenziell besser, wenn der Internetanschluss von mehreren Personen genutzt wurde und wenn zuvor keine Unterlassungserklärung abgegeben wurde.

Vollstreckungsbescheid als letzte Stufe

Wird gegen den Mahnbescheid kein Widerspruch eingelegt, kann der Gläubiger den nächsten Schritt gehen und einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Dieser wird dem Schuldner ebenfalls vom Gericht zugestellt. Auch hier gibt es eine letzte Reaktionsmöglichkeit: Der Schuldner kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einlegen. Wird auch diese Frist versäumt, wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig. Damit hat der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel erwirkt.

Ein rechtskräftiger Vollstreckungsbescheid hat dieselbe Wirkung wie ein rechtskräftiges Urteil. Der Gläubiger kann damit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten, um seine Forderung einzutreiben. Dies kann beispielsweise die Beauftragung eines Gerichtsvollziehers, eine Lohn- oder Kontopfändung umfassen. Die Abwehr solcher Maßnahmen ist dann nur noch unter sehr erschwerten Bedingungen möglich und mit weiteren erheblichen Kosten verbunden.

Ein rechtskräftiger Vollstreckungstitel kann neben den genannten unmittelbaren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auch Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit haben (z.B. Eintragung bei der SCHUFA).

Anwaltliche Beratung ist unerlässlich

Die Komplexität des Urheberrechts und die formalen Hürden des gerichtlichen Mahnverfahrens machen eine frühzeitige anwaltliche Beratung dringend ratsam. Idealerweise sollte juristischer Rat nicht erst bei Erhalt eines Mahnbescheids, sondern bereits nach dem Zugang der ursprünglichen Abmahnung eingeholt werden, um eine fundierte Verteidigungsstrategie festzulegen. Ein erfahrener Anwalt kann die geltend gemachten Forderungen prüfen, die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs bewerten und die notwendigen Schritte einleiten. So lassen sich kostenintensive Risiken und die Unannehmlichkeiten von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen effektiv vermeiden.
Stand: 14.10.2025
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