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Nichtbeförderung und Ersatzbeförderung unter vergleichbaren Reisebedingungen

Reiserecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Ein Ausgleichsanspruch nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 besteht, wenn Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert wird, obwohl sie über eine bestätigte Buchung verfügen und sich rechtzeitig zur Abfertigung einfinden. Maßgeblich ist Art. 4 Abs. 3 i. V. m. Art. 7 Abs. 1 lit. c der Verordnung.

Der Begriff der Nichtbeförderung im Sinne des Art. 2 lit. j VO erfordert das Zusammentreffen von vier Merkmalen: die Verweigerung der Beförderung gegen den Willen des Fluggastes, eine bestätigte Buchung, das rechtzeitige Erscheinen am Flugsteig sowie das Fehlen vertretbarer Gründe für die Verweigerung.

Ein vertretbarer Grund liegt nur vor, wenn objektive, in der Person des Fluggastes oder in Sicherheitsbelangen begründete Umstände gegeben sind. Schwierigkeiten im internen Verhältnis zwischen ausführendem Luftfahrtunternehmen und Kooperationspartner, etwa bei Codeshare- oder Umbuchungsvorgängen, gehören in die Risikosphäre des ausführenden Unternehmens und rechtfertigen keine Nichtbeförderung. Wird dem Fluggast bereits vorab mitgeteilt, dass er nicht befördert werde, kann die Anspruchsentstehung nicht vom tatsächlichen Erscheinen am Flugsteig abhängig gemacht werden. Dies folgt aus dem unionsrechtlichen Schutzzweck der Verordnung, der eine übermäßige Förmelei ausschließt (vgl. AG Rüsselsheim, 06.01.2006 - Az: 3 C 1127/05-35).

Neben dem Ausgleichsanspruch kann der Fluggast nach Art. 12 Abs. 1 VO Nr. 261/2004 in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB Ersatz des konkret entstandenen Schadens verlangen. Voraussetzung hierfür ist eine Pflichtverletzung des Luftfahrtunternehmens, etwa die Nichterfüllung der Verpflichtungen aus Art. 8 Abs. 1 der Verordnung. Danach hat das ausführende Luftfahrtunternehmen im Falle einer Beförderungsverweigerung eine Wahlmöglichkeit anzubieten: Erstattung des Flugpreises, anderweitige Beförderung zum Endziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes.

Die angebotene Ersatzbeförderung muss unter „vergleichbaren Reisebedingungen“ erfolgen. Wird einem Fluggast mit bestätigter Buchung in einer höheren Beförderungsklasse lediglich eine Beförderung in einer niedrigeren Klasse angeboten, liegt keine Beförderung unter vergleichbaren Bedingungen vor. In diesem Fall ist der Fluggast berechtigt, selbst eine Ersatzbeförderung zu buchen und die hierfür angefallenen Kosten als Schadensersatz geltend zu machen.

Das Luftfahrtunternehmen kann sich nicht darauf berufen, dass der Fluggast seine Wahlmöglichkeit zuvor ausdrücklich ausüben müsse. Es genügt, wenn dieser eine angemessene Zeit abwartet, ob eine Ersatzbeförderung angeboten wird. Eine Fristsetzung ist entbehrlich, wenn das Luftfahrtunternehmen die ursprünglich gebuchte Beförderungsklasse gar nicht anbietet.

Die Kosten der selbst beschafften Ersatzbeförderung stellen einen ersatzfähigen Schaden im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB dar, sofern sie nachweislich entstanden sind. Für die Schadensentstehung ist es unerheblich, ob der Fluggast den Ersatzflug tatsächlich angetreten hat oder ob der Ersatzflug eine niedrigere Beförderungsklasse umfasste. Maßgeblich ist allein, dass die Aufwendungen zur Schadensminderung erforderlich und zweckmäßig waren.


LG Köln, 03.09.2025 - Az: 16 O 109/25

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