Im Rahmen der Anwendung von
§ 651 c Abs. 3 BGB ist eine Unterscheidung zwischen einfachen Selbsthilfemaßnahmen einerseits und dem Umzug in eine Ersatzunterkunft andererseits zu treffen. Die letztere Maßnahme („erweiterte Selbsthilfe“) erfordert das Vorliegens einer erheblichen Beeinträchtigung i.S.d.
§ 651 e Abs. 1 BGB.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Kammer hält auch in Anbetracht entgegengesetzter Stimmen in der Literatur an der Auffassung fest, dass im Rahmen der Anwendung von § 651 c Abs. 3 BGB eine Unterscheidung zwischen einfachen Selbsthilfemaßnahmen einerseits und dem Umzug in eine Ersatzunterkunft andererseits zu treffen und die letztere Maßnahme („erweiterte Selbsthilfe“) dem Erfordernis des Vorliegens einer erheblichen Beeinträchtigung i.S.d. § 651 e Abs. 1 BGB zu unterwerfen ist. Wie in der durch das Amtsgericht in Bezug genommenen Entscheidung des LG Frankfurt (LG Frankfurt/Main, 21.11.1994 - Az: 2/23 S 65/93) zutreffend ausgeführt wird, entstünden ansonsten Wertungswidersprüche zu § 651 e Abs. 1 BGB. Denn der Umzug in eine Ersatzunterkunft kommt im Ergebnis weitgehend einer Kündigung der Reise gleich, weshalb ein Ersatzanspruch für die Kosten der Ersatzunterkunft nur dann besteht, wenn der Reisende auch gemäß § 651 e BGB hätte kündigen können (LG Duisburg, 20.12.2007 - Az:
12 S 92/07).
Die Feststellung der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung der Reise infolge des
Mangels setzt eine tatrichterliche Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände voraus. Ein prozentualer Minderungssatz kann daher aus Sicht der Kammer lediglich indizielle Bedeutung haben. Eine schematische Anknüpfung an bestimmte Prozentsätze ist hingegen entsprechend der Rechtsprechung des BGH (BGH, 14.05.2013 - Az:
X ZR 15/11) sowie der überwiegenden Literaturmeinung abzulehnen. Soweit in der früheren Rechtsprechung das Erreichen bestimmter Minderungssätze vorausgesetzt wurde, ist dies zu schematisch.
Die erforderliche tatrichterliche Würdigung hat das Amtsgericht in nicht zu beanstandender Weise unter Zugrundelegung eines zutreffenden Wertungsmaßstabs und unter Einbeziehung der relevanten Kriterien vorgenommen und die Erheblichkeit der Beeinträchtigung - insbesondere mit Blick auf den Reisezweck sowie das Ausmaß der Nutzungsbeeinträchtigung - verneint. Die Kammer schließt sich den entsprechenden Ausführungen sowie dem gefundenen Ergebnis in vollem Umfang an.
Nur ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass das LG Frankfurt seine klägerseits zitierte Rechtsprechung (fiktiver Minderungssatz von 20 %) zwischenzeitlich aufgegeben hat und nunmehr die zuletzt vertretene Minderungsquote von 20 % für zu gering hält, als dass ihr eine Indizwirkung für eine erhebliche Beeinträchtigung zugesprochen werden könnte. Das LG Frankfurt hält nunmehr eine (fiktive) Minderungsquote von 35 % für einen tauglichen Schwellenwert für eine derartige Indizwirkung (LG Frankfurt/Main, 17.12.2009 - Az:
2-24 S 140/09). Auch der Rückgriff auf die Rechtsprechung des LG Frankfurt würde demnach im vorliegenden Fall bereits nicht zu einer Indizwirkung zu Gunsten der Klägerin führen. Erst recht nicht in Betracht käme eine derartige Indizwirkung bei Orientierung an der zwischenzeitlich wohl überwiegenden Rechtsprechung, die - dem LG Hannover folgend - von einer Schwelle von 50 % ausgeht.