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Ersatz von Schäden, die durch Verspätung bei der Beförderung von Reisegepäck entstanden sind

Reiserecht | Lesezeit: ca. 33 Minuten

Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in Verbindung mit dem Effektivitätsgrundsatz sind dahin auszulegen, dass das nationale Gericht eine Klausel in einem Beförderungsvertrag zwischen einem Fluggast und einem Luftfahrtunternehmen, die die Abtretung der Rechte des Fluggasts gegenüber diesem Luftfahrtunternehmen verbietet, nicht von Amts wegen auf ihre Missbräuchlichkeit zu prüfen hat, wenn dieses Gericht mit einer gegen das Luftfahrtunternehmen gerichteten Schadensersatzklage einer Handelsgesellschaft befasst ist, an die der Fluggast seine Schadensersatzforderung abgetreten hat, sofern diese Handelsgesellschaft vor dem genannten Gericht tatsächlich die Möglichkeit hat oder hatte, sich vor diesem Gericht auf die Missbräuchlichkeit der fraglichen Klausel zu berufen.

Der Äquivalenzgrundsatz ist dahin auszulegen, dass dieses Gericht, wenn es nach nationalem Recht befugt oder verpflichtet ist, von Amts wegen die Unvereinbarkeit einer solchen Klausel mit zwingenden nationalen Vorschriften zu prüfen, auch befugt oder verpflichtet sein muss, von Amts wegen die Unvereinbarkeit einer solchen Klausel mit Art. 6 der Richtlinie 93/13 zu prüfen, sofern es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt.

Der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens ist dahin auszulegen, dass das nationale Gericht, wenn es anlässlich einer gegen ein Luftfahrtunternehmen gerichteten Schadensersatzklage einer Handelsgesellschaft, an die ein Fluggast seine Schadensersatzforderung gegen dieses Luftfahrtunternehmen abgetreten hat, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Klausel in einem zwischen diesem Fluggast und dem Luftfahrtunternehmen geschlossenen Beförderungsvertrag feststellt, weder den Fluggast über die Missbräuchlichkeit dieser Klausel zu unterrichten hat noch ihn zu befragen hat, ob er sich auf die Missbräuchlichkeit dieser Klausel berufen möchte oder der Anwendung dieser Klausel zustimmt. Dagegen muss das Gericht die Parteien des bei ihm anhängigen Rechtsstreits hierüber unterrichten, um ihnen die Möglichkeit einzuräumen, ihre jeweiligen Argumente im Rahmen einer kontradiktorischen Erörterung geltend zu machen, und sich vergewissern, dass die Handelsgesellschaft, an die die Forderung abgetreten wurde, begehrt, dass diese Klausel für nicht anwendbar erklärt wird.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Ein Fluggast, dessen Reisegepäck anlässlich eines Fluges von Madrid (Spanien) nach Cancún (Mexiko) verspätet befördert wurde, trat seine Schadensersatzforderung gegen ein Luftfahrtunternehmen, Air Europa, an eine Handelsgesellschaft, Eventmedia, ab.

In der Folge erhob Eventmedia auf der Grundlage von Art. 19 des Übereinkommens von Montreal gegen Air Europa bei dem vorlegenden Gericht, dem Juzgado de lo Mercantil n.o 1 de Palma de Mallorca (Handelsgericht Nr. 1 Palma de Mallorca, Spanien), Klage auf Ersatz des durch diese Verspätung entstandenen Schadens in Höhe von 766 Euro.

Vor diesem Gericht bestreitet Air Europa die Klagebefugnis von Eventmedia. Ihrer Ansicht nach ist die Forderungsabtretung rechtlich unwirksam, da sie gegen das in Art. 15 Abs. 1 ihrer Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehene Verbot der Abtretung von Fluggastrechten (im Folgenden: in Rede stehende Klausel) verstoße. In dieser Klausel heißt es: „Sofern nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Haftung von Air Europa und eines jeglichen Luftfahrtunternehmens gemäß Art. 1 nach den Beförderungsbedingungen des Luftfahrtunternehmens, das den Flugschein ausstellt. Die Rechte des Fluggastes sind höchstpersönlicher Natur und können nicht abgetreten werden.“

Das vorlegende Gericht führt aus, dass die in Art. 19 des Übereinkommens von Montreal vorgesehene Haftung des Luftfahrtunternehmens für Verspätungen bei der Beförderung von Reisegepäck mit einer Klage auf vertraglichen Schadensersatz geltend zu machen sei. Die Abtretung der Schadensersatzforderung im Zusammenhang mit einer solchen Verspätung falle daher unter das in der in Rede stehenden Klausel vorgesehene Abtretungsverbot.

Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass es über ausreichende tatsächliche und rechtliche Grundlagen verfüge, um den Inhalt dieser Klausel zu prüfen und um nach einer kontradiktorischen Erörterung festzustellen, dass sie im Sinne der Richtlinie 93/13 missbräuchlich sei. Es fragt sich jedoch, ob es von Amts wegen die Missbräuchlichkeit dieser Klausel prüfen dürfe. Einerseits sei das bei ihm anhängige Verfahren nämlich nicht von einer Partei des der Klage zugrunde liegenden Beförderungsvertrags eingeleitet worden, sondern vom Zessionar der Schadensersatzforderung des Fluggasts, wobei es sich bei diesem Zessionar nicht um einen Verbraucher handele. Andererseits könne der Wille des Verbrauchers, sich nach entsprechendem Hinweis durch das Gericht auf die Missbräuchlichkeit und Unverbindlichkeit der in Rede stehenden Klausel zu berufen, nicht berücksichtigt werden, da der Verbraucher nicht Partei dieses Verfahrens sei.

Unter diesen Umständen hat der Juzgado de lo Mercantil n.º 1 de Palma de Mallorca (Handelsgericht Nr. 1 Palma de Mallorca) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Sind Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass das nationale Gericht, das über eine Klage auf Geltendmachung des in Art. 19 des Übereinkommens von Montreal vorgesehenen Anspruchs auf Schadensersatz wegen Verspätung bei der Beförderung von Reisegepäck zu entscheiden hat, eine Klausel des Beförderungsvertrags, mit der dem Fluggast die Abtretung seiner Rechte untersagt wird, von Amts wegen auf ihre Missbräuchlichkeit zu prüfen hat, wenn die Klage vom Zessionar erhoben wird, bei dem es sich im Gegensatz zum Zedenten nicht um einen Verbraucher und Nutzer handelt?

2. Falls die Prüfung von Amts wegen durchzuführen ist, kann die Pflicht zur Unterrichtung des Verbrauchers und zur Feststellung, ob er die Missbräuchlichkeit der Klausel geltend macht oder der Klausel zustimmt, unter Berücksichtigung der konkludenten Handlung entfallen, dass er seinen Anspruch unter Verstoß gegen die möglicherweise missbräuchliche Klausel, mit der die Abtretung der Forderung untersagt wird, übertragen hat?

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