Das Recht auf eine anderweitige Beförderung zu einem späteren Zeitpunkt nach
Art. 8 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO setzt nicht voraus, dass die gewünschte Ersatzbeförderung in zeitlichem Zusammenhang mit dem ursprünglich vorgesehenen Flug steht.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der klagende Verbraucherverband wendet sich gegen die Forderung von Zuzahlungen für Umbuchungen nach
Annullierung eines Fluges.
Das beklagte Luftfahrtunternehmen stornierte im Jahr 2020 aufgrund der Covid19-Pandemie zahlreiche Flüge. Von einem Fluggast, der für Ende März 2020 Flüge von München nach Toulouse und zurück gebucht hatte und eine Umbuchung auf Mitte Juli 2020 wünschte, verlangte die Beklagte die Zahlung eines Mehrpreises von 75 Euro. Von einem anderen Fluggast, der für den Zeitraum über Ostern 2020 Flüge in der Business bzw. First Class von Stockholm über Frankfurt am Main nach Buenos Aires und zurück gebucht hatte und eine Umbuchung auf November oder Dezember 2020 oder März 2021 wünschte, verlangte sie einen Mehrpreis von rund 3.000 Euro.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt, der Beklagten zu verbieten, im Falle eines annullierten Fluges dem Fluggast auf Nachfrage eine anderweitige Beförderung unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes trotz verfügbarer Plätze lediglich gegen Zahlung eines Aufpreises zu ermöglichen, und die Beklagte zur Erstattung einer Abmahnpauschale von 260 Euro zu verurteilen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Hierzu führte das Gericht aus:
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch aus § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG in Verbindung mit
Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO.
Sinn und Zweck sowie Gesamtsystematik der Verordnung sprächen dafür, dass zwischen dem ursprünglich vorgesehenen und dem späteren Flug ein zeitlicher Zusammenhang bestehe. Es erscheine relativ eindeutig, dass die Verordnung auf den Schutz der Fluggäste nur während der jeweiligen Reise ziele. Für einen weitergehenden Schutz bestehe weder ein Anlass noch ein berechtigtes Interesse.
Nichtbeförderung und Verspätung stünden in einem natürlichen Zusammenhang mit der ursprünglichen Reiseplanung. Deshalb liege es nahe, die durch die Verordnung geregelten Mindestrechte nicht nur für die Fälle der Nichtbeförderung und der Verspätung, sondern auch für den Fall der Annullierung vor dem Hintergrund der ursprünglichen Reiseplanung zu sehen. Auch bei Pauschalreisen, für die alle drei Optionen des Art. 8 Abs. 1 FluggastrechteVO eröffnet seien, sei der zeitliche Zusammenhang unverkennbar.
Zudem sei kaum vertretbar, einem freiwillig nichtbeförderten Fluggast ein beliebiges kostenfreies Umbuchungsrecht ohne jeden Zusammenhang mit der ursprünglich gebuchten Reise einzuräumen. Eine Verspätung führe ohnehin nur zu einem Anspruch auf Erstattung und mittels Unterstützungsleistungen zu einer Fortsetzung des Flugs unter zufriedenstellenden Bedingungen, nicht aber zu einer anderweitigen Beförderung.
Das in Erwägungsgrund 12 der Verordnung genannte Ziel, Ärgernisse und Unannehmlichkeiten zu verringern, erfordere nicht, den Fluggästen ein beliebiges kostenfreies Umbuchungsrecht einzuräumen. Die Mittel, mit denen Ärgernisse und Unannehmlichkeiten vermindert werden sollten, stünden im Zusammenhang mit der ursprünglichen Reiseplanung. Es müsse noch um die Fortsetzung der gleichen Reise gehen.
Die vom Kläger vertretene Ansicht wahre zudem nicht hinreichend die Interessen der Luftfahrtunternehmen. Der für den Beförderungsvorgang gezahlte Preis decke nicht in jedem Fall die zu jeder beliebigen anderen Reisezeit anfallenden Kosten. Die Fluggäste hätten hingegen kein berechtigtes Interesse, die Annullierung eines Fluges für die Generierung eines mit der eigentlichen Reise nicht mehr in Zusammenhang stehenden "Schnäppchens" für eine völlig beliebige Reisezeit auszunutzen.
Diese Erwägungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass Art. 8 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne von § 2 UKlaG ist und ein Verstoß mithin zu einem Unterlassungsanspruch führen kann.
Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und c FluggastrechteVO geschuldete anderweitige Beförderung nicht von der Zahlung eines Aufpreises abhängig gemacht werden darf.
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