Art. 5 Abs. 1 Buchst. c,
Art. 7 Abs. 1 und
Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei
Annullierung oder großer
Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 sind dahin auszulegen, dass ein Fluggast einen
Ausgleichsanspruch wegen Annullierung hat, wenn sein Flug umgeleitet wurde und auf einem anderen als dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen landet, der nicht denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region bedient.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
FI und RE buchten bei dem Luftfahrtunternehmen TUIfly einen Flug von Gran Canaria (Spanien) nach Hamburg (Deutschland).
Dieser Flug sollte am 8. Juni 2018 um 17.10 Uhr in Gran Canaria abheben und am selben Tag um 22.55 Uhr in Hamburg landen.
Da der Flug jedoch leicht verspätet war, konnte er wegen des Nachtflugverbots nicht in Hamburg landen und wurde zum Flughafen Hannover (Deutschland) umgeleitet.
Die Fluggäste wurden mit dem Reisebus von Hannover nach Hamburg transportiert, wo sie mit einer Verspätung von weniger als drei Stunden ankamen.
Die Entfernung zwischen Gran Canaria und Hamburg beträgt nach der Großkreismethode mehr als 3 500 Kilometer.
Da TUIfly sich weigerte, die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehene Ausgleichsleistung in Höhe von 400 Euro pro Person zu zahlen, erhoben FI und RE Klage beim Amtsgericht Hamburg (Deutschland). Mit Urteil vom 24. Juni 2020 gab dieses Gericht den Anträgen von FI und RE auf Ausgleichsleistung statt, weil es der Auffassung war, dass die Umleitung des Fluges nach Hannover eine Änderung des Flugplans darstellte, die einer Annullierung des Fluges gleichkomme.
TUIfly legte gegen dieses Urteil beim Landgericht Hamburg (Deutschland) Berufung ein und machte geltend, dass der Flug nicht annulliert worden sei, sondern dass es nur zu einer Ankunftsverspätung von weniger als drei Stunden gekommen sei.
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts hängt die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits davon ab, ob die Umleitung des Fluges zu einem Ausweichflughafen und der darauf folgende Bustransport zum ursprünglich vorgesehenen Zielflughafen mit einer Ankunftsverspätung von weniger als drei Stunden einer „Annullierung“ im Sinne der Verordnung Nr. 261/2004 gleichkommt, die einen Ausgleichsanspruch nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 7 dieser Verordnung auslösen kann. Hierzu führt das vorlegende Gericht aus, dass die fragliche Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen sei und der Ausweichflughafen nicht denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region wie der ursprüngliche Zielflughafen bedient.
Unter diesen Umständen hat das Landgericht Hamburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Sind Art. 5 Abs. 1 lit. c Nr. iii, Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 dahin gehend auszulegen, dass eine Annullierung eines Fluges vorliegt, wenn der Flug an einem anderen nicht in der Buchung vorgesehenen Ankunftsflughafen landet, der nicht in derselben Stadt, am selben Ort oder in derselben Region des in der Buchung vorgesehenen Zielflughafens liegt und die Fluggäste anschließend von diesem Flughafen mit einem Reisebus zum in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen gebracht werden, den die Fluggäste mit einer Ankunftsverspätung von weniger als drei Stunden erreichen?
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