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Keine Ausgleichszahlung bei bloßer Umleitung eines Fluges zu einem nahe gelegenen Flughafen

Reiserecht | Lesezeit: ca. 7 Minuten

Die bloße Umleitung eines Fluges zu einem nahe gelegenen Flughafen begründet keinen Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung.

Die Fluggesellschaft muss dem Fluggast jedoch die Übernahme der Kosten für die Beförderung zu dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen oder gegebenenfalls zu einem sonstigen nahe gelegenen, mit ihm vereinbarten Zielort von sich aus anbieten.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Ein Fluggast von Austrian Airlines verlangt von dieser eine pauschale Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro wegen der Umleitung seines Fluges Wien-Berlin. Dieser Flug sollte ursprünglich auf dem Flughafen Berlin Tegel landen, landete schließlich aber mit fast einer Stunde Verspätung auf dem Flughafen Berlin Schönefeld. Austrian Airlines bot dem Fluggast weder einen Weitertransport noch die Übernahme der Kosten für die Beförderung von dem einen zu dem anderen Flughafen an. Während der Flughafen Berlin Tegel im Land Berlin liegt, liegt der Flughafen Berlin Schönefeld im benachbarten Land Brandenburg.

Austrian Airlines macht geltend, dass die bloße Umleitung zu einem nahe gelegenen Flughafen keinen Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung in Höhe von 250, 400 oder 600 Euro begründe (wie dies bei Annullierung oder großer Ankunftsverspätung, also von drei Stunden oder mehr, der Fall wäre). Außerdem sei die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen, nämlich auf gravierende Wetterprobleme bei der Vorvorvorrotation des Flugzeugs.

Das mit dem Rechtsstreit befasste Landesgericht Korneuburg (Österreich) ersucht den Gerichtshof um Auslegung der Fluggastrechteverordnung. Wird ein Flug zu einem Flughafen umgeleitet, der zwar nicht dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen entspricht, aber denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region bedient, so trägt die Fluggesellschaft gemäß dieser Verordnung die Kosten für die Beförderung des Fluggastes von dem anderen Flughafen entweder zu dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen oder zu einem sonstigen nahe gelegenen, mit dem Fluggast vereinbarten Zielort.

Mit seinem Urteil entscheidet der Gerichtshof, dass ein Fluggast keinen Ausgleichsanspruch wegen Annullierung hat, wenn sein Flug zu einem Flughafen umgeleitet wird, der denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region bedient.

Es ist nicht erforderlich, dass der Ausweichflughafen am selben Ort, in derselben Stadt oder in derselben Region (in jeweils verwaltungsrechtlichem Sinn) wie der in der ursprünglichen Buchung vorgesehene Zielflughafen liegt, um davon ausgehen zu können, dass der Ausweichflughafen denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region wie der in der ursprünglichen Buchung vorgesehene Zielflughafen bedient. Es kommt lediglich darauf an, dass der Ausweichflughafen in unmittelbarer Nähe des in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafens liegt.

Der Fluggast hat jedoch grundsätzlich einen Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung, wenn er sein Endziel, d. h. den in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen oder einen sonstigen nahe gelegenen, mit ihm vereinbarten Zielort, mindestens drei Stunden nach der ursprünglich vorgesehenen Ankunftszeit erreicht. Für die Ermittlung des Ausmaßes der Ankunftsverspätung ist auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem der Fluggast nach Beendigung seiner Anschlussbeförderung an dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen bzw. gegebenenfalls an einem sonstigen nahe gelegenen, mit der Fluggesellschaft vereinbarten Zielort ankommt.

In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass sich die Fluggesellschaft, um sich von ihrer Pflicht zu befreien, Fluggästen bei erheblich verspäteter Ankunft ihres Fluges Ausgleichszahlungen zu leisten, auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen kann, der nicht den verspäteten Flug, sondern einen vorangegangenen Flug betroffen hat, den sie selbst mit demselben Flugzeug im Rahmen von dessen Vorvorvorrotation durchgeführt hat, sofern ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieses Umstands und der erheblich verspäteten Ankunft des späteren Fluges besteht.

Außerdem entscheidet der Gerichtshof, dass die Fluggesellschaft dem Fluggast die Übernahme der Kosten für die Beförderung zu dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen oder gegebenenfalls zu einem sonstigen nahe gelegenen, mit ihm vereinbarten Zielort von sich aus anbieten muss.

Der Verstoß der Fluggesellschaft gegen ihre Pflicht zur Übernahme dieser Kosten begründet einen Anspruch des Fluggastes auf Erstattung der von ihm aufgewendeten Beträge, die sich in Anbetracht der dem jeweiligen Fall eigenen Umstände als notwendig, angemessen und zumutbar erweisen, um das Versäumnis der Fluggesellschaft auszugleichen. Hingegen verleiht der Verstoß gegen die Pflicht zur Kostenübernahme dem Fluggast keinen Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung in Höhe von 250, 400 oder 600 Euro.


EuGH, 22.04.2021 - Az: C-826/19

Quelle: PM des EuGH

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