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Schadensersatz wegen Sturz in einer Straßenbahn

Reiserecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

Zwar werden an die Eigensicherung des Fahrgastes des öffentlichen Personennahverkehrs hohe Sorgfaltsanforderungen gestellt. Gleichwohl besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass jeder Sturz während der Fahrt auf eine schuldhafte Verletzung der grundsätzlichen Pflicht zur Gewährleistung eines festen Halts zurückzuführen ist.

Es stellt keine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht dar, wenn der Fahrgast nach dem Anfahren der Straßenbahn den Wagen zum Aufsuchen eines sicheren Sitzplatzes durchquert und sich dabei jeweils um festen Halt bemüht.

Hierzu führte das Gericht aus:

Nach § 4 Abs. 3 S. 5 der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Omnibusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (BefBedV) und – gleich lautend – nach § 14 Abs. 3 Nr. 4 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) ist jeder Fahrgast grundsätzlich verpflichtet, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen. In der Rechtsprechung ist hinsichtlich des Maßes dieser Eigensicherung anerkannt, dass ein Fahrgast sich selbst gegen typische Fahrzeugbewegungen, darunter auch verkehrsbedingte Anhaltemanöver, ausreichend sichern muss.

Im Falle eines Sturzes aufgrund eines typischen Fahrmanövers kann sich ein Fahrgast auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Wagenführer einer Straßenbahn oder eines Omnibusses etwa verpflichtet gewesen sei, sich vor dem Anfahren zu vergewissern, ob alle Fahrgäste festen Halt gefunden haben. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass diese Rechtsprechung eine entsprechende Rücksichtnahme nicht ausschließt, insbesondere dann, wenn – wie hier – der Wagenführer den Straßenbahnwagen gut überschauen kann und an einer Haltestelle drei ältere Fahrgäste nur an der ersten, direkt hinter der Fahrerkabine befindlichen Tür einsteigen.

Trotz dieser hohen Sorgfaltsanforderungen besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass jeder Sturz eines Fahrgastes in einer Straßenbahn bzw. einem Omnibus zwingend auf eine Verletzung der grundsätzlichen Pflicht zur Gewährleistung eines festen Halts zurückzuführen ist. Dieser Grundsatz erleidet verschiedene Ausnahmen, z. Bsp., wenn keine hinreichenden Möglichkeiten zur Eigensicherung vorhanden bzw. für den Fahrgast erreichbar sind, wenn der Fahrgast beim gebotenen unverzüglichen Entwerten seines Fahrausweises zu Fall kommt, wenn der Fahrgast seinen Sitzplatz bei Annäherung des Busses an die Ziel-Haltestelle verlässt oder wenn sich der Sturz gerade beim Hinsetzen ereignet. Es ist vielmehr stets auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen und auf die konkrete Situation des einzelnen Fahrgastes.


OLG Naumburg, 09.06.2011 - Az: 2 U 45/11

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