Ein Pferd ist
mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn ihm eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit fehlt. Wurde im
Kaufvertrag denjenige Gesundheitszustand vereinbart, der sich aus der
tierärztlichen Untersuchung ergibt, so berechtigten Abweichungen von dieser Soll-Beschaffenheit zum
Rücktritt vom Kaufvertrag.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin kaufte von dem Beklagten am 13.08.2013 den sechsjährigen Wallach „G“ zum Preis von 8.550,- Euro brutto. Unter § 2 Ziffer 2 a des schriftlichen Kaufvertrags heißt es:
„Vereinbart wird der Gesundheitszustand, der sich aus der tierärztlichen Untersuchung durch den Tierarzt T, I, ergibt.“
Diese Untersuchung war am Vortag durchgeführt worden. Das Ergebnis der Röntgenuntersuchung wird vom Tierarzt im Protokoll über die Ankaufuntersuchung wie folgt beschrieben:
„Röntgenuntersuchung:
Zehengelenke vorne beidseitig nach Oxspring: 2 – 3
Zehengelenke vorne beidseitig lat.-med. Proj.: geringgradige Existosen bds.
Zehengelenke hinten beidseitig lat.-med. Proj.: h.r. Börklundfraktur
… „
Zusammenfassung der abweichenden Befunde
h.r. Börklundfraktur
vorne bds. geringgradige Existosen Kronbein
Beurteilung/Gutachten
Sehr ausgeglichenes, bewegungsstarkes Pferd
Röntgenologische Befunde z.Zt. ohne klinische Relevanz“
Unter § 7 des Vertrages ist in Abweichung von der gesetzlichen Regelung die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche auf ein Jahr verkürzt.
Die Klägerin zahlte auf den Kaufpreis 550,- Euro bar als Anzahlung sowie 2.500,- Euro und 8 x 500,- Euro durch Überweisung. Des Weiteren erhielt der Beklagte 950,- Euro für den Reitlehrer als Vermittlungsprovision. Das Pferd wurde am 13.08.2013 übergeben.
Die Klägerin behauptet, „G“ habe bereits nach wenigen Wochen einen gebundenen Gang auf beiden Vordergliedmaßen gezeigt. Dies hätten sie und die Trainerin zunächst auf eine mangelnde Hinterhandaktivität des Pferdes zurückgeführt. Im März 2014 sei das Pferd dann deutlich lahm gewesen. Nach tierärztlicher Untersuchung am 18.03.2014 und verordneter Ruhe habe sich die Lahmheit der rechten Vordergliedmaße nicht verbessert. Der behandelnde Tierarzt, der „G“ am 24.03.2014 untersucht habe, habe massive knöcherne Veränderungen des gesamten dorsalen Kronbeins festgestellt, die er als Kronbeinschale mit Hufgelenksbeteiligung bewertet habe. Diese Kronbeinschale sei im Röntgenleitfaden von 2007 der Klasse III – IV zuzuordnen. Sie sei bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden gewesen. Sie nutze das Pferde nicht; es lahme immer wieder. Deshalb könne „G“ nur ganz schonend bewegt werden und insbesondere nicht als Springpferd genutzt werden.
Die Parteien kommunizierten im Mai 2014 über den behaupteten Mangel. Der Beklagte lehnte seine Einstandspflicht ab. Nach fruchtlosem Ablauf der mit vorgerichtlichem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.10.2014 gesetzten Frist erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 09.12.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises sowie zur Zahlung von Schadensersatz- und Aufwendungsersatz Zug um Zug gegen Rücknahme des Pferdes auf.
Hilfsweise macht die Klägerin mit der Behauptung, der Wert des Pferdes habe zum Übergabezeitpunkt allenfalls 1.550,- Euro betragen, einen Minderwert von 7.000,- Euro geltend.
Für die Zeit von September 2013 bis Juni 2014 begehrt die Klägerin die Erstattung von monatlichen Kosten in Höhe von 320,- Euro für die Unterstellung in einem Reitstall in T1 sowie Heufütterungs- und Weidekosten in Höhe von 75,- Euro monatlich. Nach Umstellung des Pferdes im Juli 2014 in einen anderen Stall macht die Klägerin für die Zeit von Juli 2014 bis einschließlich März 2015 Erstattung von Unterstellungs- und Unterhaltungskosten in Höhe von 600,- Euro monatlich geltend. Hinzu kommen monatlich wiederkehrende Kosten für einen Spezialbeschlag in Höhe von 119,- Euro sowie Tierarztkosten in Höhe von insgesamt 1.719,12 Euro.
Die erhöhten Unterstellungskosten für die Zeit ab Juli 2014 hält die Klägerin für erforderlich, weil sie an dem neuen Ort auch ein anderes Pferd untergestellt habe. Sie meint, es sei ihr aus Zeitgründen nicht zuzumuten, die Pferde an verschiedenen Orten unterzustellen, da sie sich täglich auch um „G“ habe kümmern müssen.
Der Auffassung der Klägerin zufolge hätte es auch nicht ausgereicht, das Pferd nur auf eine Weide zu stellen und auf den rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu warten. Denn auf der Wiese wäre das Pferd einem höheren Risiko durch von außen kommenden Einflüssen ausgesetzt, was seiner Eignung als Beweismittel entgegenstehen könnte.
Die Klägerin meint, bei der Frage der Anrechnung von Nutzungsvorteilen müsse Berücksichtigung finden, dass sie nicht – wie ursprünglich vorgesehen – ihren 12-jährigen Sohn das Pferd habe reiten lassen können. Dadurch, dass „G“ krankheitsbedingt so häufig ausgefallen sei, sei er dann, wenn er habe bewegt werden müssen, nur schwer reitbar gewesen. Da es sich noch um ein recht junges Pferd handele, habe sie es nach Abklingen des krankheitsbedingten Ausfalles infolge von Lahmheiten zunächst durch einen Bereiter bewegen lassen, bevor sie selbst wieder in der Lage gewesen sei, das Pferd zu reiten.
Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass das Pferd im März 2014 eine deutliche Lahmheit aufgewiesen habe. Sofern dies der Fall sei, könne eine etwaige Erkrankung auch infolge von Belastung durch entsprechende Arbeit mit dem Pferd entstanden sein.
Der Beklagte verweist zudem auf die vertraglich verkürzte Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche.
Den geltend gemachten Schadensersatzbetrag hält er für überhöht. Er meint, das Pferd müsse lediglich ausreichend Bewegung erhalten sowie Fütterung und Unterstellung. Derartige Einstellverträge lägen in der Regel zwischen 250,- Euro im ländlichen Bereich und 350,- Euro in Stadtnähe. Auch die Kosten für den Hufbeschlag hält der Beklagte für überhöht.
Der Auffassung des Beklagten zufolge hätte es darüber hinaus ausgereicht, das Pferd bei artgerechter Haltung auf die Weide gehen zu lassen. Dadurch hätte sich die Arthrose nicht verschlechtert. In diesem Falle wären nur Kosten in Höhe von 120,- Euro bis 150,- Euro pro Monat angefallen. Auch die Kosten für den Hufschmied wären geringer ausgefallen. Die Hufe hätten nicht beschlagen werden, sondern nur in regelmäßigen Abständen ausgeschnitten werden müssen, wofür in etwa drei Mal im Jahr 25,00 bis 30,00 Euro angefallen wären.
Der Beklagte meint zudem, die Klägerin müsse sich einen Nutzungsvorteil anrechnen lassen. Dieser entspreche regelmäßig genau denjenigen Kosten, die mit der üblichen Unterstellung, Fütterung und Pflege einschließlich von Hufschmied- und Tierarztkosten verbunden seien. Bei durchgängiger Nutzung des Pferdes bis zu seiner Rückgabe müssten sich die Erstattungsansprüche der Klägerin und die gezogenen Nutzungen gegeneinander aufheben. Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Klägerin das Pferd – unstreitig - weiterhin bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) gemeldet und fortgeschrieben hat. Gleichfalls unstreitig hat „G“ am 26.05. und am 29.05.2016 jeweils an Dressurprüfungen der Klasse A teilgenommen.
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